Schrauben und Nägel

In der Werkstatt, die hinten im Garten neben dem Bienenhaus lag, wurde ich schon als Sechsjähriger in die elementaren Techniken des Handwerks eingeführt, wozu nach Meinung meines Opas vor allem Sauberkeit und Ordnung gehörten, denn ich musste die Werkstatt regelmäßig fegen und, wenn ich einen Hammer, eine Zange oder eine Säge benutz hatte, alles an seinen Platz zurückräumen. Wie man mit einem Besen umging, zeigte mir mein Opa: „Du fasst hier in der Mitte den Stiel an, fegst drei-, viermal mit leichtem Druck, stößt dann den Besen kräftig auf und wiederholst das so lange, bis du den Dreck auf einem Haufen zusammengefegt hast.“

Wenn aber ein neuer Eimer mit unsortierten Schrauben oder Nägeln angekommen war, galt es zu ordnen. Dazu schüttete mein Opa mir einen Haufen Schrauben auf die Hobelbank und dann ging‘s los. Bald konnte ich sie unterscheiden, die Maschinenschrauben von den Holz- und Blechschrauben, die Rechtsgewundenen von denen mit Linksgewinden und die Flachköpfigen von solchen mit Linsen- und Senkköpfen. Muttern musste ich gesondert ablegen.

Dafür gab es eine Reihe von Blechdosen, die immer noch nach dem rochen, was früher einmal darin gewesen war. Von einer der Dosen ermunterte mich ein Prince Albert hoheitsvoll, die Muttern hineinzuwerfen. Die anderen Dosen waren halb verrostet, aber man konnte noch Reste des Aufdrucks erkennen und erahnen, was einmal drinnen gewesen war: Kakao, Kaffee, Bleistifte, Pfeifentabak, Schuhkreme, Printen, Tee, Zwieback, Nähnadeln, Maggi-Würfel und Hühneraugenpflaster. Und jetzt steckten nur noch Schrauben, Nägel, Stifte, Ösen, Scheiben und Muttern darin, alle nach Art und Größe wohl sortiert und Gleiches zu Gleichem gelegt, so wie es mir mein Opa beigebracht hatte. Und immer, wenn ich die Werkstatt betrat, war ich stolz auf diese Ordnung. Die großen Holzschrauben rochen nach Kakao, die Linsenschrauben nach Schuhcreme, die Schlitzschrauben nach Maggi, die 5er Maschinenschrauben nach Tee, die 6er nach Zwieback und die 8er nach Nähmaschine.

Größere Metallteile waren in Holzkisten verstaut, die mein Opa selber zusammengezimmert hatte. Und das Werkzeug lag entweder in Schubladen, die sich nur sehr schwer unter der Arbeitsplatte herausziehen ließen, oder sie hingen wie die Sägen an Nägeln, die mein Onkel in die Schuppenwand getrieben hatte, alle in einer Reihe und drei übereinander.

 

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