Bei den Trenklers

Die Trenklers wohnten im alten Haus in der mittleren der drei Wohnungen. Wenn ich im Flur auf dem gepflasterten Ziegelstein-Boden stand, sah ich, wie in der Mitte zwei Treppen die beiden Wohnungen trennten: links die der Trenklers, rechts die von Frau Irmler. Eine der Treppen führte zum Boden hinauf, die andere in den Keller hinunter. Beide habe ich nie betreten. Trenklers Wohnung bestand aus Stube, einer Kammer und der Küche. In der Kammer drückten sich zwei schmale Betten und ein Kleiderschrank an die tapezierten Wände. Die Küche war klein, eine gemauerte Grude mit ihrem eisernen Feuerkasten nahm fast die Hälfte des Raumes ein. Links standen auf einem Tisch zwei Eimer, einer mit Frischwasser aus der Pumpe vom Hof, einer mit Schmutzwasser. Zum Abwasch diente eine Emailschüssel.

Die beiden Trenklers aßen im Wohnzimmer, in dem neben dem Tisch mit drei Stühlen noch eine Anrichte und ein Ofen standen. Dies war der einzige Raum, der im Winter beheizt wurde. In der Küche war es immer warm, weil in der Grude meist ein Reisig-Feuer brannte.

In der Stube roch es muffig und ungelüftet, aber ich ging gerne hinein, weil ich mir die Fotos ansah, die unter der Glasplatte einer Kommode steckten. Frau Trenkler nahm ein kleines Stück Metall vom Schrank, das den Kölner Dom darstellte, wie sie mir früher einmal erklärt hatte, und sagte: „Wåmer må vorm Kriech då, hat Adolf mit jespielt, braucher jetze nich mehr!“ Sie schluchzte und weinte dann eine Zeitlang in ihre Schürze, weil ihr Adolf nach seiner Hochzeit zu seiner Frau gezogen war, während ich mir die Fotos unter der Glasplatte anschaute. Lauter fremde Gesichter blickten mich da feierlich und bedeutsam an; die meisten trugen Kleider, die man heute nicht mehr sah. Sie standen oder saßen mit fremdartigen Frisuren in ihren Sonntagskleidern vor Säulen und Vorhängen und hielten angestrengt still. Ihre groben Gesichter erzählten mir von harter Arbeit und wenig Freude.

 

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