Das kalte Herz

Bei meinem ersten Filmbesuch war ich fünf. Helga holte mich und Helma um 9 Uhr ab, nahm uns rechts und links an die Hand und wir liefen nach Sudenburg zu den Scala-Lichtspielen. Da spielten sie um 10 Uhr für Kinder den Märchenfilm „Das kalte Herz“, frei ab zwölf.

In dunklen Wald lebt der junge Köhler Peter, der wünscht sich die schöne Lisbeth zur Frau, ist aber so arm, dass er sich noch nicht einmal einen Besuch im Wirtshaus leisten kann. Weil er ein Sonntagskind ist, geht er zum Glasmännchen, das im tiefen Wald wohnt und ihm drei Wünsche erfüllen soll.

Das Glasmännchen heißt aber Schatzhauser und erfüllt dem Peter nur zwei seiner Wünsche, nämlich besser tanzen zu können als der Hannes und immer viel Geld in den Taschen zu haben wie der reiche Ezechiel. Außerdem will er eine eigene Glashütte haben. Das Glasmännlein erfüllt ihm alles Gewünschte, sagt ihm aber, er habe nicht mit Bedacht gewählt. Jetzt wird der Peter zum reichen Mann. Weil sie ihn aber einmal im Wirtshaus alle auslachen, denn er hatte sich was ganz Blödes vom Glasmännchen gewünscht, nämlich immer so viel Geld in der Tasche zu haben wie sein Rivale Ezechiel, der dann gerade mal pleite ist, rennt Peter in den Tannenwald zum Riesen Holländermichel, der ihm Reichtum und Ansehen verspricht, dafür aber sein Herz haben will, weil er lebendige Herzen sammelt, wie andere Leute Briefmarken. Dann grabscht er nach Peters schlagendem Herzen und setzt ihm dafür eines aus Stein in seine Brust. Das steinerne Herz macht den Peter gefühlskalt und er schlägt schließlich seine Frau tot.

Da mussten Helma und ich bitterlich weinen und es nutzte überhaupt nichts, dass die Lisbeth am Schluss wieder aufwachte und der Peter sein lebendiges Herz wiederbekam; schluchzend gingen wir in unser Dorf zurück. Ich schimpfte auf dem ganzen Weg, dass es erlaubt war, so einen schrecklichen Film zu drehen und dann auch noch den Kindern zu zeigen.

 

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