Auf dem Denkmalplatz

Wenn ich auf dem Denkmalplatz spielen wollte, konnte ich mich an den Griffen der alten Kanonen hoch hangeln, die an den vier Ecken der eisernen Stele angebracht waren, und die Namen der in den Kriegen 1864,1866 und 1870/71 gefallenen Männer lesen. Ich entdeckte meinen Ur-Ur-Großvater, der Andreas Hilliger hieß und der 1866 bei Königgräz den Heldentod gestorben war.

Keinem von uns gelang es, über die Kanonen hinauf zum Adler zu steigen, der von oben auf uns herablachte. Sogar Erwin, der flink wie ein Eichhörnchen auf die hohe Eiche klettern konnte, die auf dem Grundstück des Kindergartens stand und auf die zu steigen meine Großmutter mir strengstens verboten hatte, konnte diese uns unerklärliche Hürde nicht überwinden.

Als der Adler bei einem Sturm seinen linken Flügel verlor, hob ich stolz die gusseisernen Reste auf und brachte sie in den Gang, der unser Haus vom Hause der Lichterfeldes trennte. Dort sind sie verrostete.

Im Frühjahr kaute ich Pappelmus, so nannten wir die weißen Blüten der Robinien, die den Platz umstanden. Oder ich umwickelte auf dem Platz neben dem Denkmal, der von allem Bewuchs frei war, einen hölzernen Kiesel mit der Schnur und brachte ihn dann durch einen kräftigen Ruck zum Tanzen. Mit der Peitsche, an die ich einen alten Schnürsenkel gebunden hatte, gelang mir dies am besten. Und es knallte laut, wenn ich den Kiesel richtig getroffen hatte; dann sprang er 3, 4 Meter weit und tanzte, bis er ins Trudeln geriet und nur mit einem gezielten Hieb dahin gebracht werden konnte, weiter zu tanzen.

Im Sommer konnte ich zwei Hände schwarzer Börde-Erde aufklauben und sie in den blauen Sommerhimmel werfen. Wenn der Dreck dann auf den trockenen Boden aufprallte, erhob sich explosionsartig ein meterhoher Staubpilz, der mich an eine Atombombenexplosion erinnerte, die ich in einer Illustrierten gesehen hatte, und der bei Windstille nur ganz allmählich verging.

Wenn ich meine Indianer dabei hatte, konnte ich auf den mit Gras und Kräutern bewachsenen Stellen des Platzes bequem herumliegen und mir das wilde Treiben zwischen den Kamillenblüten und weißen Hirtentäschelblättern anschauen; wurden mir die ewigen Indianer-Kämpfe zu langweilig, blieben die fünf Findlinge, die einmal ein Hünengrab auf einem der Felder außerhalb des Dorfes gebildet hatten, und die schon seit Jahren auf dem Platz lagen. Auf dem großen Grauen konnte ich reiten, die anderen, die im Kreis darum herum lagen und nach ihrer Größe geordnet waren, luden mich zu Springspielen ein.

 

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