Blumenfenster

Meine Oma zog Blumen auf den vielen Fensterbänken ihrer Wohnung. Im Winter standen Alpenveilchen an der Westseite, die wegen der Kälte gut gediehen, die durch die einfachen Glasscheiben strahlte. Auch rosa Azaleen blühten hier bis zum frühen Sommer. Die Blumentöpfe waren aus Ton geformt und zeigten noch Spuren der Finger, die sie einst gemacht hatten. Meine Oma stellte die Töpfe auf alte Porzellanteller, die mit kleinen Blumen verziert waren und auf denen sich das Gießwasser sammelte, wenn sie ihre Blumen täglich einmal wässerte.

Vor dem Schlafzimmerfenster an der Südseite stand ein großer Blumentopf, an dem sich die Arme einer Kaktee herab schlängelten, die einmal im Jahr rosarote Blüten trieb. Die große Scheibe war aus undurchsichtigem Glas und mit runden Blumen verziert, die beim Guss der Glasplatte entstanden waren. Diese Muster ahmten in kalten Wintern die Eisblumen nach, die sich innen bildeten, wenn starker Frost herrschte.

Meine Mutter pflegte im Februar Sommerblumen in Schalen auszusäen, die sie mit ein wenig lockerer Erde vom Komposthaufen gefüllt hatte. Sie achtete jeden Morgen auf ihre Schalen, sprengte sie vorsichtig mit lauwarmem Wasser, und sah den keimenden Pflanzen zu. Manchmal zupfte ich ungeduldig an den frischen Blättern, die sich langsam aus den Keimen heraus schoben.

 

zurück zur Titelseite