Im Knochenpark

Im Herbst bist du gerne über den Knochenpark gelaufen – aber nur am helllichten Tage –, und hast dich zwischen den filigranen Schneebeerenbüschen versteckt, die voller weißer Kugeln hingen. Die alten Grabsteine ließen dich erschauern und du blicktest dich immer wieder um, ob da etwas hinter dir her kam. Dann warst du froh, wenn du über den ausgetretenen Pfad die Straße erreicht hattest, und über den Eichplatz das Haus der Großeltern in der Ferne erkennen konntest. Manchmal hast du dir eines der Gräber angeschaut und die Schriften auf den gusseisernen Platten entziffert. Einmal fandest du die Namen von Vorfahren deiner Familie, so wie auch auf dem Kriegerdenkmal vom Denkmalplatz neben eurem Haus: Hilligers und Hillgers, die man schon vor dem Krieg von 1866 hier begraben hatte. Deshalb konntest du ihre Namen auch nicht auf dem Denkmal am Platz vor dem Hause deiner Großeltern lesen.

Die da lagen, waren bereits seit über 100 Jahren tot und keiner pflegte mehr ihre Gräber. Mancher Sandstein und auch einige schwarze Marmorplatten und rostige Eisensäulen lagen zerbrochen in den Grasflächen, die noch Spuren des alten Wegenetzes zeigten. Du aber liefst über Pfade, die von den heute Lebenden getrampelt worden waren, wenn sie von zu Hause gleichgültig zu der Bushaltestelle am Eichplatz eilten oder abends müde zurückkehrten.

 

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