Mit dem Fahrrad

Als ich eingeschult wurde, wollte ich auch Fahrradfahren lernen. Fahrräder standen in unserem Stall, wo auch mein Onkel sein Moped unterstellte und wo es immer nach Benzin roch. Da warteten in einem Ständer auf fest gestampften Boden unsere Räder in Reih und Glied darauf, herausgeholt zu werden. Herrenräder und Damenräder, viele mit einem oder zwei Platten, alle rostig, aber mein Opa suchte mir eines heraus. Er nahm ein Damenrad, da meine kurzen Beinen noch nicht von der Stange eines Herrenrades bis zu den Pedalen reichten. Dann putzte er es, lackierte den Rahmen schwarz, ergänzte fehlende Teile und ölte Achsen, Zahnräder und die Kette.

Es dauerte zwei oder drei Tage und kostete meine Oma ein paar Pflaster, bis ich gelernt hatte, das Gleichgewicht zu halten. Mein Fahrrad hatte keine Gangschaltung, nur einen Rücktritt und eine Vorderradbremse, die aus einem Gummiklotz bestand, den man mit einem Hebel an der Lenkstange auf den Reifen drücken musste. Das taten wir aber nur, wenn die Kette abgesprungen war.

Mein Opa zeigte mir, wie man einen Schlauch repariert. Das ging beim Vorderrad ziemlich einfach; man brauchte nur zwei 17er Maulschlüssel und Heber, die es ermöglichten, dass man den Schlauch sicher heraus und wieder hinein praktizieren konnte. Wenn man das mit einem Schraubenzieher versuchte, stach man sich den Schlauch endgültig kaputt. Auch das Flicken brachte er mir bei. Zunächst suchte ich mit dem leicht aufgepumpten Schlauch in einer Wasserschüssel, wo sich das Loch befand. Hatte ich es mit Hilfe von kleinen Bläschen aufgespürt, nahm ich den Schlauch heraus, achtete genau darauf, wo sich das Loch befand, wischte die Stelle trocken und raute sie mit Sandpapier auf. Dann drückte ich aus einer Tube etwas Gummilösung um das Loch herum. Ich entfernte die Folie von einem Gummistück und legte es auf das Loch, dann drückte ich den Flecken auf eine feste Unterlage und schlug vorsichtig mit einem mittelschweren Hammer darauf. Nun wartete ich eine Weile, bis der Vulkanisiervorgang zu Ende war, und drückte den Schlauch zurück unter den Reifen, pumpte leicht auf, hob den Rand des Reifens über die Felge und schraubte das Rad wieder in die Gabel ein. Jetzt konnte ich den Schlauch voll aufpumpen. Musste das Hinterrad ausgebaut werden, bekam ich von der Kette schwarze Finger, die nur mit Handwaschpaste wieder sauber wurden.

 

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