Lederhosen

Ich besaß zwei kurze Lederhosen. Beide waren an den Hosenbeinen umgekrempelt und mit Fransen verziert. Die eine bestand aus grauem Rohleder und hatte an der Vorderseite einen breiten Latz, der an der Unterseite festgenäht war und oben mit zwei großen Knöpfen gehalten wurde. Die beiden Hosentaschen waren mit Eichenlaub verziert. Rechts befand sich eine kleine Tasche, die mittig über der Seitennaht befestigt war, und in der mein Taschenmesser steckte. Sie war speckig und ich durfte mich mit ihr nicht auf die gepolsterten Stühle setzen, die in unserem Wohnzimmer standen. Dann legte mir meine Oma ein altes Handtuch auf den Stuhl, worauf ich mich setzen musste. Die Hose wurde mit Trägern gehalten, die sich hinten überkreuzten und die an vier Stellen angeknöpft waren. Vorne verband ein Steg die beiden Träger, auf dem war ein Hirsch aus Elfenbein befestigt.

Sonntags trug ich die andere Lederhose, die mir meine Mutter aus dem Westen geschickt hatte; mit der durfte ich mich auch in die Sessel fläzen, die im Wohnzimmer standen; das Handtuch war dann nicht nötig, denn diese Hose bestand aus olivgrünen Glattleder und ihr Latz wurde von zwei Reißverschlüssen gehalten. Aber eine zünftige Lederhose war das nicht; eine zünftige Lederhose musste aus Rohleder bestehen und einen Latz haben, der mit Knöpfen befestigt wurde.

Im Winter musste ich lange Wollstrümpfe anziehen, die mit Strapsen an einem Leibchen festgemacht waren. Ich hasste diese Leibchen immer beim Umziehen zum Sportunterricht.

 

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