In der Schule

Zum Geburtstag durfte sich jeder ein Lied wünschen, das ihm von der Klasse gesungen wurde. Ich wünschte mir immer

 

Jetzt fängt das schöne Frühjahr an,
Und alles fängt zu blühen an
Auf grüner Heid und überall.

Es wachsen Blümlein auf dem Feld
Sie blühen weiß, blau, rot und gelb,
es gibt nichts schöneres auf der Welt

Jetzt geh ich über Berg und Tal
da singt so schön Frau Nachtigall
auf grüner Heid und überall

 

Als ich schon zwei Jahre die Volksschule besuchte, wurde festgestellt, dass ich eine Brille benötigte. Also fuhr meine Großmutter mit mir nach Magdeburg, wo sie mir eine Brille verpassten.

In der großen Pause kreisten mich Karla und ein paar andere Mädchen langsam ein und riefen: Brillenschlange, Brillenschlange! Sie stellten sich zwei und zwei gegenüber, Karla zog mich in die Reihe und begann:

 

Himmel Donnerwetter,
Herr Professor mit der Brille,
Gurkenfresser!
Mit dem Messer
geht es besser,
stillgestanden: Stopp!

 

Dabei klatschten wir in unsere Hände, dann mit der rechten Hand in die rechte des Gegenüber, dann mit der linken Hand in die linke des Gegenüber, dann mit der linken Hand in die rechte des Gegenüber und mit der rechten Hand in die linke des Gegenüber, wie wir es schon so oft getan hatten; dann aber fassten sich die Mädchen an den Händen und bei „Donnerwetter, Herr Professor!“ sprangen sie mit den Füßen auseinander und wieder zusammen und bei „Stopp!“ mussten die Füße geschlossen sein.

Ich patzte wieder einmal und die Mädchen liefen lachend fort.

Dass mein Geburtstagslied noch sechs weitere Strophen hat, sagte uns damals natürlich niemand. Ich habe sie erst sehr viel später kennen gelernt.

 

Und wenn sich alles lustig macht
und ich auch gar nicht schlafen mag
geh ich zum Schätzele bei der Nacht

Und als ich vor ihr Schlaffenster ging
da hört ich schon einen andern drin
da sah ich, daß ich´s nimmer bin

Ich hab dich allzeit treu geliebt
ich hab dein Herz noch nie betrübt
doch du führst eine falsche Lieb

Und wenn ich durch die Auen geh
da singt das Lerchlein in der Höh
weil ich zu meinem Schätzlein geh

Jetzt geh´ ich in den grünen Wald
da such ich mir mein Aufenthalt
weil mir mein Schätzle nimmer g´fallt

Jetzt leg ich mich ins Federbett
bis über die Ohren zugedeckt
bis mich ein anderes Schatzele weckt

 

zurück zur Titelseite