Der Puddingschwan

Immer wenn ich von einer Reise zu meiner Oma zurückkam, hatte sie mir einen Vanille-Pudding gekocht. Die heiße Milch, in die sie das Puddingpulver von Dr. Oetker eingerührt hatte, kochte sie noch einmal auf, goss sie in eine alte Puddingform aus Keramik und ließ den Pudding im Treppenabgang zum Keller abkühlen. Wenn ich am Tisch saß und ein Butterbrot gegessen hatte – denn darauf bestand sie immer mit Nachdruck –, nahm sie den Pudding und stürzte ihn auf einen Glasteller. Der Pudding hatte sich aus der vorher mit kaltem Wasser ausgespülten Form problemlos gelöst und schwabbelte ganz auf dem Teller. Dann öffnete sie eine Flasche mit selbstgemachtem Himbeersaft, die sie vorher aus dem Keller geholt hatte, und goss ihn vorsichtig auf den Teller. Jetzt sahen wir den Schwan, der mit seinen mächtigen Flügeln und den hinten angezogenen Füßen stolz auf dem roten Himbeersee schwamm.

Ich aß andächtig den ganzen Pudding auf und achtete darauf, immer genau das richtige Verhältnis von kühlem Pudding und süßem Saft zu löffeln.

 

zurück zur Titelseite