Frösche im Kulk

Wenn wir Frösche fangen wollten, fuhren wir die Wanzleber Chaussee hinaus bis zum Kulk. Das war ein kleiner Teich, von dem mir mein Onkel erzählt hatte, dass dort vor dem Krieg ein Freibad mit Wasserrutsche und Dreimeterbrett gewesen sei. Heute sah das alles mehr wie ein verwilderter Garten aus.

Dort gab es viele Tiere zu beobachten; Nester von Heckenbraunellen und Rotschwänzen, freche Spatzen in den Holunderbüschen, Maulwürfe und Mäuse, manchmal ein scheues Wiesel, dann Bienen, Wespen, Hummeln und Libellen, Regenwürmer, Raupen, Käfer, Spinnen, Ameisen und vieles andere mehr. Auf der Wasseroberfläche spiegelte sich die Sonne zwischen gelben Mummeln und weißen Teichrosen, Wasserläufer jagten darüber und an seinen sumpfigen Rändern wuchsen Schwertlilien, Binsen und Rohrkolben.

Wolfgang hatte einen Kescher dabei, wenn wir uns heranschlichen. Ich zupfte den Halm einer blühenden Quecke aus und entfernte das Grüne bis auf die Spitze. Wenn ich diese Angel vorsichtig am Teichrand über das Wasser hüpfen ließ, erschien bald ein grüner Frosch aus der dunklen Tiefe. Der hielt meinen Grashalm für eine Fliege und schnappte mit seinem breiten Maul danach. Natürlich blieb er nicht an meiner Angel hängen, aber wer einmal geschnappt hat, der schnappt auch wieder. Deshalb schlich sich Wolfgang jetzt von hinten heran, und wenn der dumme Frosch zum zweiten- oder dritten Mal zuschnappte, dann saß er auch schon in Wolfgangs Kescher. Wir drehten das Netz zu und Wolfgang ließ den Frosch am Lenkrad baumeln. Dann fuhren wir zurück ins Dorf, sausten zum Dorfteich und setzten unseren Frosch vorsichtig am Rand des Wassers auf einen Stein. Der Kerl blieb eine Weile da sitzen und blickte sich mit seinen Glubschaugen um. Dann hopste er ins Wasser, und wir haben nie wieder etwas von ihm gesehen.

 

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