Vier Getreidearten

Bei einem unserer Spaziergänge durch die Felder, die um mein Dorf herum liegen, erklärte mir mein Opa die Getreidearten und wie ich sie unterscheiden kann. Er zeigte mir Weizen, unser Hauptgetreide und die älteste Getreideart; den Roggen, das Brotgetreide und Viehfutter; die Gerste, die als weniger anspruchsvolle Frucht im Fruchtwechsel dem Weizen folgt, die Braugerste zur Malzherstellung und den Hafer, ein Grundnahrungsmittel (Haferflocken) und weltweit als Viehfutter verbreitet.

„Folgende Merkmale erleichtern dir die Unterscheidung der verbreiteten Getreidearten“, sagte er und zeigte sie mir:

Weizen hat meistens keine Grannen und ist an seinen prallen Ähren erkennbar. – Gerste hat meistens sehr lange Grannen. – Roggen hat mittellange Grannen, die in der Regel gleich lang sind. – Beim Hafer wachsen die Körner an einer Rispe und nicht an einer Ähre, also hat es auch keine Grannen.

Im Spätsommer fuhr ich mit Wolfgang auf einem Rollwagen hinaus und half den Frauen beim Rockenaufstellen zwischen dem 2. und dem 3. Holzweg. Wenn die Männer mit ihren Furken die Garben auf den Wagen warfen, passten wir genau auf. Wenn dann die letzte Garbe aufgenommen wurde, sauste ein Haufen ratloser Mäuse hin und her, bis alle ihr Versteck zwischen den Stoppeln gefunden hatten. Der letzte Wagen wurde mit einer Erntekrone geschmückt. Wir durften hinaufklettern und fuhren stolz die Chaussee entlang und dann durch das halbe Dorf, bis wir vor Rusches Hoftor stehen blieben.

Die Erntekrone bestand aus einem Kranz mit vier nach oben aufwärts zur Mitte gebundenen Getreideähren-Bündeln, die mit bunten Bändern verziert waren. Die Bündel waren aus Weizen, Gerste, Roggen und Hafer geflochten. Sie wurde in der hinteren Diele aufgehängt und dann gab es am großen Tisch ein Abendbrot und alle tranken Bier aus Flaschen, wir aber bekamen Apfelsaft mit Selters.

 

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