Wo früher ein Kreuz auf dem Turm stand, prangt nun in Gold der Schriftzug „Allah“
Die ehemalige Überwasser-Kirche in Münster ist zur Moschee umgebaut.
Dass die neue Moschee der islamischen Bait-ul-Momin-Gemeinde einmal ein christliches Gotteshaus war, ist besonders von außen noch deutlich zu erkennen. Fast sechs Jahre lang wurde die ehemals katholische Überwasser-Kirche umgebaut (Turm links vom Paulus-Dom). „Außen Kirche, innen Moschee – das war immer unser Motto“, sagt der Vorsitzende des Moscheevereins, Muhammad Fateh Ahmad Nasir.
Wo früher ein Kreuz auf dem Turm stand, prangt nun in Gold der Schriftzug „Allah“
Die Überwasserkirche, auch Liebfrauenkirche oder Liebfrauen-Überwasser genannt, ist eine gotische Hallenkirche mit einem 64,5 Meter hohen Turm in der westlichen Innenstadt von Münster in Westfalen. Ihr Name leitet sich von „Über dem Wasser“ ab, da sie westlich des St.-Paulus-Doms auf der gegenüberliegenden Seite der Aa liegt. Die Gründung des Kanonissenstifts geht auf den münsterschen Bischof Hermann I. zurück. Dessen Einweihung fand im Jahr 1040 im Beisein von König Heinrich III. sowie einer Vielzahl von Geistlichen (darunter der künftige Papst Clemens II.) und Adeligen statt. Die Überwasserkirche war jahrhundertelang Pfarrkirche des Kirchspiels Überwasser, zu dem die vier alten Bauerschaften Gievenbeck, Sandrup, Sprakel und Uppenberg gehörten.
Die Idee zur Umgestaltung der Kirche geht auf eine Äußerung der ehemaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel zurück, die 2018 sagte, Deutschland sei zwar vor allem durch Christentum und Judentum geprägt. Aber inzwischen lebten vier Millionen Muslime in Deutschland, die auch ihre Religion ausübten. „Diese Muslime gehören auch zu Deutschland, und genauso gehört ihre Religion damit zu Deutschland, also auch der Islam.“
Diesen Gedanken griff Muhammad Fateh Ahmad Nasirauf und konnte seinen Moscheeverein damit begeistern. „In Münster gibt es eine Vielzahl von katholischen Kirchen und die meisten von ihnen stehen leer“, heißt es in einem Brief an das Bischöfliche Generalvikariat (BGV) in Münster. Das reagierte zunächst mit Unverständnis. Erst auf dem Katholikentag konnte sich Mouhanad Khorchide, Leiter des Zentrums für Islamische Theologie in Münster, mit seiner Forderung durchsetzen. Mit großer Mehrheit stimmten die Delegierten der Veräußerung der Kirche zu. Zum symbolischen Kaufpreis von einem € wechselte die Überwasserkirche zum 1. Januar 2019 den Besitzer.
Die ursprünglich für Oktober 2020 geplante Eröffnung verzögerte sich mehrmals.
Der Umbau gestaltete sich schwieriger als gedacht, unter anderem wegen Problemen mit dem Denkmalschutz und bei der Gründung des Fundaments. Die Kosten stiegen von 1,5 Millionen auf rund 5 Millionen Euro. Der Großteil der Summe stammt aus Spenden; 1,1 Millionen Euro steuerte der Staat Kuwait bei, der regelmäßig Moscheebauten im Ausland unterstützt. Die Sanierung des Turms sowie der Bau einer neuen Fassade sind noch nicht abgeschlossen.
Der Gebetsraum ist aber schon fertig. Ein edler Marmorboden und arabische Schriftzüge an der ehemaligen Chorwand verleihen ihm den Charakter einer Moschee.
Das Projekt sorgte bei Bekanntwerden für bundesweites Aufsehen: das erste Gotteshaus aus dem Bereich der Katholischen Kirche in Deutschland, das zur Moschee umgewandelt wurde. Der Münsteraner Bischof Dr. Felix Genn sagte in seiner Silvesterpredigt in der Lamberti-Kirche in Münster, Christen müssten einen stärker werdenden Islam nicht fürchten. Sie hätten durch das Wort Gottes eine Kraft, die tragfähige Fundamente für ein friedliches Zusammenleben in einer Gesellschaft biete. Der Bischof erinnerte in seinem Grußwort zur Eröffnung der neuen Moschee, „dass es uns jeweils um den einen, denselben und einzigen Gott geht. Diese Einsicht trägt uns auch heute noch und fordert uns heraus, sie ins Bewusstsein zu heben, und allen Juden, Christen und Muslimen zugänglich zu machen.“
Imam Shariq Iftikhar betonte bei der feierlichen Eröffnung, die Moscheegemeinde sei das Projekt mit viel Fingerspitzengefühl angegangen: „Ich mache mir deshalb keine Sorgen. Wir wollen den christlichen Brüdern und Schwestern nicht auf den Schlips treten.“ Viele der damaligen Kritiker seien inzwischen verstummt. Einen Anschlag von Anfang September, bei dem Unbekannte die neue Moschee mit fremdenfeindlichen Parolen beschmierten, hält er für einen Einzelfall.