Der Rømø-Sylt-Tunnel – Eine neue Straßenverbindung von Dänemark nach Deutschland

 

 

Endlich ist es soweit. Die lange geplante Anbindung der Insel Sylt an das europäische Straßennetz wird Wirklichkeit.

 

Bild: Rømø A/S; Transport- og bygningsministeriet

 

Möglich wird dies durch die Lister-Tief-Querung zwischen der Dänischen Insel Rømø (deutsch Röm und nordfriesisch Rem) und der deutschen Ferieninsel Sylt (dänisch Sild, nordfriesisch Söl), der größten nordfriesischen Insel. Dazu wird der zehn km langer Rømø-Sylt-Tunnel gebaut.

Das Lister Tief (dänisch Lister Dyb, nordfriesisch: Lister Diip) ist ein Gezeitenstrom, der zwischen den nordfriesischen Inseln Sylt (Deutschland) und Rømø (Dänemark) verläuft. Durch den drei Kilometer (unter Einrechnung der Sandbank Havsand vor Rømø 5,3 Kilometer) breiten und bis zu 40 Meter tiefen Strom fließen bei jeder Tide rund 500 Millionen Kubikmeter Wasser in die Sylt-Rømø-Wattenmeerbucht. Seit dem Bau des Hindenburgdamms 1927 im Süden und eines Damms von Rømø zum Festland 1948 im Norden ist dies der einzig nennenswerte Zufluss von Wasser in die Bucht.

 

 

Rømø ist die südlichste dänische Wattenmeerinsel. Sie liegt etwa sechs Kilometer südlich der Insel Mandø und drei Kilometer nördlich von Sylt. Rømø ist mit seinem kilometerbreiten befahrbaren Sandstrand ein beliebtes Ferienziel.

 

Geplanter Verlauf des Rømø-Sylt-Tunnels

 

Die Feste Lister-Tief-Querung ist eine in Bau befindliche Verkehrsverbindung unter dem Wattenmeer hindurch zwischen Dänemark und Deutschland. Das Bauvorhaben ist ein Teil der Seitennetzkorridore der skandinavisch-transeuropäischen Straßennetze. Es sieht eine 10 Kilometer lange Tunnelquerung und einen Ausbau der Straßenhinterlandanbindungen in Deutschland und Dänemark vor.

 

Auf deutscher Seite besteht die Feste Lister-Tief-Querung aus zwei miteinander verbundenen Bauprojekten. Neben dem Autotunnel (Rømø-Sylt-Tunnel) mit einer Rampe auf der deutschen Seite am Fährhafen List handelt es sich um eine Anbindung an die L 24 von List nach Westerland.

 

Die Baustelle für das Tunnelportal bei List auf Sylt im Sommer 2024. Foto: M. Relotius

 

Auf dänischer Seite wird die Tunneleinfahrt zwischen Østerby und Havneby gebaut, dem größten Ort im Süden der Insel, Unterzentrum und gleichzeitig Fährhafen der Rømø-Sylt-Linie, die für den Kraftfahrzeugtransport von und nach Sylt die einzige Alternative zur Autoverladung über den Hindenburgdamm darstellt.

Mit den kombinierten Auto- und Personenfähren SyltExpress und Romoexpress der Rømø-Sylt-Linie kann man zur Zeit noch von Havneby nach List im Norden der Insel Sylt übersetzen. Die Fahrt dauert rund 40 Minuten. Die Fährverbindung wird von der Förde Reederei Seetouristik mit Sitz in Flensburg (FRS) betrieben. Nach Fertigstellung des Tunnels soll diese Fährverbindung eingestellt werden.

Die Insel Rømø kann über den 1948 fertig gestellten, mautfreien Rømødæmningen (dt.: Röm-Damm; Länge: 9170 m) vom Festland erreicht werden.

 

Rømødæmningen vom dänischen Festland zur Insel Rømø

 

Auf Sylt ist, wie auch auf den nordfriesischen Nachbarinseln, motorisierter Individualverkehr zugelassen. Die Insel verfügt über ein gut ausgebautes Straßennetz sowie große strandnahe Parkplätze, die zum Teil kostenpflichtig sind. Bisher kann man die Insel mit Kraftfahrzeugen vom deutschen Festland aus nur mit Autozügen erreichen. Diese werden durch zwei Anbieter, die DB Fernverkehr (Sylt Shuttle) und die RDC Deutschland (Autozug Sylt), angeboten. Die Fahrzeuge werden in Niebüll auf Züge verladen und über die Marschbahn bzw. den Hindenburgdamm nach Westerland gefahren.

 

Autozug auf dem Hindenburgdamm Richtung Festland

 

Der neue Rømø-Sylt-Tunnel wird als Absenktunnel gebaut. Ausschlaggebend für die Entscheidung zum Bau eines Tunnels (anstelle einer ebenfalls diskutierten Brücke) waren der Empfehlung der Planungsgesellschaft Rømø-Sylt A/S zufolge verschiedene Punkte: Zum einen stelle ein Tunnel kein Hindernis für die Surfer vor Listland dar, zum anderen werde das technische Risiko beim Bau eines Tunnels als geringer angesehen, auch wenn der im Vergleich zu anderen Projekten in größerer Wassertiefe errichtet werden müsse.

Zuerst soll in einem angesetzten Zeitraum von 18 Monaten ein etwa 12 m tiefer und 60 m breiter Graben in den Meeresgrund gebaggert werden. In ihn sollen in einem am Tauruskaj von Esbjerg Havn erstellten Werkhafen vorgefertigte Tunnelelemente aus Beton mit einem Gewicht von 36.000 Tonnen und einer Länge von 217 m abgesenkt und miteinander verbunden werden. Danach soll der Tunnel mit einer Schutzschicht aus großen Steinen und einer Sandschicht zur bündigen Wiederherstellung des Meeresgrunds abgedeckt werden. Die Standardelemente werden 20 m breit und 9 m hoch sein und zwei Röhren für den Verkehr sowie eine Rettungsröhre enthalten.

 

So wird das Tunnelportal im Süden der Insel Rømø einmal aussehen; Grafik: Rømø A/S.

 

Jede Richtungsfahrbahn wird zudem mit zwei Fahrstreifen und einem vollwertigen Standstreifen ausgestattet sein. Die Höchstgeschwindigkeit für Pkw soll 70 km/h betragen. Zur Erhöhung der Sicherheit im Tunnel wird, neben den üblichen Lösch-, Verkehrsleit- und Überwachungssystemen, durchgehend ein Mobilfunknetz zur Verfügung stehen.

Dänemark baut den Tunnel auf eigene Kosten von geschätzt 1,1–1,4 Milliarden Euro und wird ihn betreiben. Deutschland kommt für die Kosten der Straßenanbindung auf deutscher Seite in Höhe von 3,5 Millionen Euro auf. Bauherr ist die Rømø A/S, sie ist Teil der Sund & Bælt Holding A/S, eines hundertprozentigen Staatsunternehmens des dänischen Verkehrsministeriums. Der Bau des Straßentunnels sollte zunächst im Jahr 2015 beginnen, die Inbetriebnahme war für 2021 vorgesehen. Aufgrund der Dauer des Genehmigungsverfahrens auf deutscher Seite, insbesondere des 7 Jahre dauernden Planfeststellungsverfahrens, wird mit einer Inbetriebnahme erst im Jahre 2029 gerechnet. Der zweiröhrige Absenktunnel wurde der ursprünglich geplanten Brückenlösung vorgezogen, die von den Naturschutzverbänden beider Länder abgelehnt wurden.

 

Bauarbeiten in der Tunnelröhre unter dem „Lister Tief“ im Sommer 2024: Foto: M. Relotius

 

Der Planfeststellungsbeschluss wurde Ende Januar 2019 erlassen. Zwei Kommunen, zwei Reedereien, fünf Vereine und 32 Privatperson hatten jeweils Klage beim Bundesverwaltungsgericht gegen den Tunnel erhoben. Die Deutsche Bahn AG wendete sich gegen die Pläne einer festen Querung und begründete dies damit, dass die unbegrenzten staatlichen Garantien, Staatsanleihen und Steuervorteile für die neue Sylt-Verbindung eine Verletzung der EU-Wettbewerbsregeln seien.

Die Stadt Westerland und die Gemeinde List einigten sich zwischenzeitlich mit dem Land Schleswig-Holstein und dem Tunnelbetreiber Rømø A/S vor dem Bundesverwaltungsgericht auf einen Vergleich, demzufolge die künftigen Mautgebühren für den Tunnel zwischen Rømø und Sylt jeweils das Dreifache des Fahrpreises für den Sylt-Shuttle zwischen Niebüll und Westerland betragen wird. Dadurch soll verhindert werden, dass Sylts Straßennetz durch eine Auto-Flut überlastet wird.