Bär am Tegernsee erschossen

 

 

In Rottach-Egern, im Gebiet des Riedersteins, war vorige Woche der Jäger Joseph Schlotthauer auf der Pirsch. Doch anstatt Rehe, Hirsche oder Gämsen hatte er Größeres im Visier. Ein Bär soll es sein, auch die passende Fährte hat er bereits aufgenommen.

 

 

Vor 180 Jahren soll sich am Riedersteinsporn ein ähnlicher Vorfall ereignet haben. Zum Gedenken wurde 1841/42 eine der Jungfrau Maria geweihte Kapelle errichtet.

 

Von der Baumgartenschneid folgt der Jäger den Spuren des mächtigen Tieres bis hinunter zum Riederstein. Als er dort ankommt, erlebt er eine unerfreuliche Überraschung: Genau dort, wo der Fels steil abfällt und weder Bär noch Jäger ausweichen können, trifft er auf den Bären. Der Bär hat sich drohend zu seiner ganzen Größe aufgerichtet und ist im Begriff ihn anzugreifen. Schlotthauer kann sich zunächst vor Schreck kaum bewegen. Erst im letzten Moment reißt er sein Gewehr hoch und schießt. Er trifft tödlich: Der Bär schwankt und stürzt schließlich stöhnend über den steilen Felsen in die Tiefe.

 

  

Der Riedersteinsporn im milden Septemberlicht 2023

 

Mit zitternden Knien wagt sich der Jäger vor bis zum Rand und schaut prüfend hinunter. Hat er das Tier wirklich erlegt? Und da passiert es: Auch er rutscht ab und fällt in die Tiefe. Ein „Heilige Mutter Gottes, hilf mir!“ soll er noch gerufen haben – obwohl ihm sofort klar ist, dass er den Sturz nicht überleben kann. Ob höhere Mächte oder simple Physik: Der Jäger überlebt den Sturz, denn er landet haargenau auf dem vor ihm abgestürzten Bären. Dessen massiger Körper und sein weiches Fell federn den Sturz des Jägers ab, der deshalb mit dem Leben davonkommt.

 

 

Bärenkadaver unterhalb des Riedersteins; Fotografie: Landratsamt Miesbach, September 2023

 

Spuren des Bären wurde bereits Mitte April 2023 in der Nähe von Bayrischzell gesichtet. In einer Pressemitteilung des Landesamtes für Umwelt wurde über den Bären-Besuch im Freistaat berichtet: „Die Spuren wurden jetzt ausgewertet und ein Braunbär bestätigt. Eine Individualisierung aufgrund von Trittsiegeln ist nicht möglich.“ Behörden, Interessenverbände und Vertreter von Nutztierhaltern wurden informiert.

Der letzte bestätigte Hinweis auf einen Braunbären in Bayern stamme aus dem Sommer 2022. Im Gebiet zwischen Reutte (Tirol), dem Landkreis Garmisch-Partenkirchen und Bad Tölz Wolfratshausen konnten 2022 mehrere Hinweise bestätigt werden. „Die Qualität der damals gefundenen Proben war für eine Individualisierung nicht ausreichend“, heißt es weiter. Damals hatte ein Bär nahe Mittenwald an der Grenze auf Tiroler Gebiet 15 Schafe gerissen. Auch nahe Schloss Elmau bei Mittenwald, wo der G7-Gipfel vorigen Sommer stattfand, wurde er gesichtet.

 

  

Bärenspuren in der Nähe von Bayrischzell; April 2023

 

Eine Obduktion des erschossenen Bären im Veterinäramt Miesbach ergab nun Gewissheit. Bei dem Tier handelt es sich um den bereits im Sommer 2022 gesichteten Bären.

Anlässlich der Sichtung des Bären im April schrieb Landrat Olaf von Löwis of Menar (CSU) in einer Pressemeldung: “Der erneute Nachweis eines Braunbären in den Landkreisen Miesbach und Rosenheim ist sehr ernst zu nehmen. (…) Tatsächlich muss aber der Bestand von allen großen Beutegreifern – da mache ich keinen Unterschied zwischen Wolf, Luchs und Bär – sinnvoll reguliert werden. Auffällige Tiere, die sich beispielsweise dem Menschen nähern, müssen schnellstmöglich und ohne große Bürokratie entnommen werden dürfen.”

 

Joseph Schlotthauer muss jetzt mit einer Anzeige wegen Wilderei und Verstoßes gegen das Jagdgesetz rechnen, da er keine Abschussgenehmigung besaß. Auf die damalige Äußerung des Landrats beruft er sich nun. Ob Joseph Schlotthauer damit allerdings durchkommt, bezweifeln Juristen.

 

Seit dem Abschuss geht in Rottach-Egern die Angst unter Urlaubern um. Erste Abreisen und Stornierungen hat es auch schon gegeben. Der Rottacher Verwaltung und dem Bürgermeister brennen die Hüte. Die heimische Hotellerie habe bereits unter Pandemie, Personalmangel und Energiekosten zu leiden. Jetzt also noch die Angst der Feriengäste vor Bären.

 

  

Wanderwege bei Rottach-Egern

 

Die Begegnung mit einem Bären in den Alpen mag zwar extrem selten vorkommen, allerdings nimmt die Bärenpopulation stetig zu. Rottach-Egerns Bürgermeister Christian Köck wird deutlich: „Die Begegnung mit einem Bären kann je nach Art des Bären, der Situation und dem Verhalten des Bären tödlich sein. Der tot aufgefundene Jogger in der norditalienischen Provinz Trentino wurde von einem Bären angegriffen und tödlich verletzt. Diese Erkenntnis bringt nun die Autopsie. Der Körper des jungen Mannes hatte bei seinem Auffinden schwere Verletzungen aufgewiesen, die Leiche des Joggers wurde in den Wäldern des bei Urlauberin beliebten Trentinos gefunden. Details lassen darauf schließen, dass der 26-Jährige um sein Leben gekämpft haben muss.“

 

Die Auswertung der Bären-Sichtungen seit 2022 legt die Annahme nahe, dass sich derzeit im Mangfallgebirge noch zwei bis drei weitere Bären angesiedelt haben. Besonders groß ist die Gefahr für Menschen, wenn sie einer Bärin begegnen, die Junge hat.

Trotz dieser Situation sieht das Landratsamt Miesbach keinen Handlungsbedarf. „Ich rate allen Wanderern vor einem Ausflug in die Berge rein vorsorglich die richtigen Verhaltensweisen bei einem Zusammentreffen mit einem großen Beutegreifer nachzulesen”, schreibt Landrat Olaf von Löwis of Menar in einer Pressemeldung und ergänzt: “Von einer pauschalen Entnahme eines jeden durchziehenden großen Beutegreifers halte ich jedoch nichts.“

 

Franz-Josef Maier, Inhaber des Hotels Maier zum Kirschner in Rottach-Egern, kann da nur den Kopf schütteln. Wir erreichen ihn im Auto: “Ich habe hier jeden Tag genervte Gäste an der Rezeption stehen. Stammgäste, die sich über den Bären beschweren. Wir haben erst vor wenigen Tagen von der Gemeinde erfahren, dass es noch weitere Bären am Tegernsee geben soll. Für mich ist die Äußerung des Landrats völlig unverständlich. Wir sehen uns kaum mehr in der Lage, den Betrieb sinnvoll weiterzuführen.”

Und auch auf der See-Seite südlich von Bad Wiessee liegen die Nerven mancher Landwirte blank, wie ein Protestschild in Abwinkel zeigt, das seit 2023 die Angst der einheimischen Bevölkerung belegt.

 

 

Frau Magdalena Margreiter von der Tourist-Information Rottach-Egern rät: “Wenn Sie in den Alpen wandern, sollten Sie sich bewusst sein, dass Bären in der Region leben können. Es ist wichtig, sich über das Verhalten von Bären und die Vorsichtsmaßnahmen zu informieren, die Sie treffen sollten, um eine Begegnung mit einem Bären zu vermeiden oder zu überleben. Es ist auch wichtig, die örtlichen Bestimmungen in Bezug auf die Begegnung mit Bären zu kennen und diese einzuhalten, um den Schutz der Tiere zu gewährleisten.”

  

 

 Bären meiden den Menschen

 

In der Regel meiden Bären den Menschen, solange sie nicht provoziert oder bedroht werden. Bären haben normalerweise ein sehr gutes Gehör und einen ausgeprägten Geruchssinn, der es ihnen ermöglicht, Menschen aus der Ferne wahrzunehmen und zu vermeiden. Wenn Bären jedoch in Gebieten leben, in denen es regelmäßig menschliche Aktivitäten gibt, wie z.B. in der Nähe von Wanderwegen oder Campingplätzen, können sie lernen, dass Menschen Nahrung oder andere Belohnungen bieten können und werden daher eher bereit sein, sich ihnen zu nähern.

Es ist wichtig zu beachten, dass Bären immer noch wildlebende Tiere sind und dass ihre Handlungen unvorhersehbar sein können. Selbst wenn ein Bär in der Regel den Menschen meidet, kann es zu Begegnungen kommen, insbesondere wenn ein Mensch in das Territorium eines Bären eindringt oder sich zwischen einem Bären und seinen Jungen befindet.

 

  

Begegnung mit einem Bären: so verhalte ich mich richtig!

 

Wenn Sie einem Bären begegnen, ist es wichtig, ruhig und vorsichtig zu bleiben, um Ihre Sicherheit zu gewährleisten. Wenn Sie einem oder mehreren Jungbären begegnen, ist davon auszugehen, dass die Bärenmutter in der Nähe und sehr besorgt um ihren Nachwuchs ist. Hier sind einige Punkte, die Ihnen helfen, sich sicher aus der Situation zu entfernen:

 

1. Bleiben Sie ruhig: Versuchen Sie, ruhig zu bleiben und keine Panik zu bekommen. Bären können Körperhaltung, Geruch und Geräusche erkennen, und wenn Sie ruhig bleiben, können Sie die Situation besser einschätzen.

2. Vermeiden Sie Augenkontakt: Bären sehen Augenkontakt als Bedrohung an. Blicken Sie nicht direkt in die Augen des Bären, sondern lassen Sie Ihren Blick durch das Tier wandern.

3. Sprechen Sie in ruhigem Ton: Wenn Sie sprechen, tun Sie dies in einem ruhigen, monotonen Ton. Schreien oder plötzliche laute Geräusche können das Tier beunruhigen.

4. Machen Sie sich langsam und groß: Erheben Sie sich langsam und machen Sie sich so groß wie möglich. Spreizen Sie Ihre Arme und Beine und halten Sie Ihren Rucksack über Ihrem Kopf, um größer zu wirken.

5. Bewegen Sie sich langsam und seitwärts: Bewegen Sie sich langsam und seitwärts, um den Bären nicht zu erschrecken. Vermeiden Sie es, direkt auf das Tier zuzugehen oder wegzulaufen.

6. Verlassen Sie den Bereich: Wenn Sie genügend Abstand zum Bären haben, verlassen Sie den Bereich langsam und ruhig. Beobachten Sie dabei das Tier weiterhin, um sicherzustellen, dass es nicht verfolgt oder wieder auf Sie aufmerksam wird.

 

Was soll ich tun, wenn sich ein Bär aufrichtet?

Wenn sich ein Bär aufrichtet, ist das keine Drohgebärde! Ein Bär richtet sich auf, um sich einen besseren Überblick zu verschaffen, indem er seine Nase in den Wind hält.

Bärenangriff – was jetzt?

Legen Sie sich auf den Boden und geben Sie ihre Hände in den Nacken, um den Hals zu schützen. Stellen Sie sich tot. Es ist besonders wichtig, dass der Bär erkennt, dass Sie keine Gefahr für Ihn sind. Warten Sie, bis der Bär wieder weit genug weg ist und entfernen sich dann langsam und weiterhin aufmerksam.