Raspes Übersetzungen und Hinzufügungen
Der Munchausen war in England so erfolgreich, dass es schnell eine vierte, fünfte und sechste Ausgabe gab – jeweils um einige Geschichten erweitert. Bereits bei der dritten Ausgabe trat allerdings als Verleger George Kearsley auf, und der Haupttitel lautete von da an »Gulliver revived«. Offenbar den Erfolg des Gulliver von Jonathan Swift im Auge, wollte man von diesem Markenzeichen profitieren. Smith und Kearsley residierten an der gleichen Adresse, an der Fleet Street 46, und scheinen als Verleger beziehungsweise Buchhändler zusammengearbeitet zu haben. […]
Die fünfte Ausgabe übertrug wiederum Bürger ins Deutsche und
brachte sie 1788, erweitert und anonym, auf den Markt. Die siebte (1793) und die
achte (1799) Ausgabe erschienen ohne Ergänzungen bei Kearsley; diese beiden
Ausgaben enden mit der Bemerkung »End of Volume the first«, woraus zu schließen
war, dass es eine Fortsetzung gab oder geben sollte. Tatsächlich war bereits
1792 in London bei H. D. Symonds anonym als »Vol. II« Raspes Fortsetzung – A
Sequel – erschienen, in der Münchhausen zu weiteren abenteuerlichen Reisen
von England aus startet; sie enthält nun im Gegenzug einen Hinweis darauf, dass
auch der erste Band, die siebte Ausgabe, noch erhältlich sei. Ob der Übersetzer
Bürger in Göttingen von der sechsten Ausgabe und der Fortsetzung wusste, ist
nicht bekannt, jedoch eher unwahrscheinlich.
Wiebel 2015, S. 213
Erwin Wackermann hat die englischen Ausgaben untersucht und beschreibt den Prozess der Texterweiterung (Wackermann 1969, S. 17-23):
1. Auflage
Baron Munchausen's Narrative of his
Marvellous Travels and Campaigns in Russia. Humbly dedicated and recommended to
Country Gentlemen; and, if they please, to be repeated as their own, after a
Hunt, at Horse Races, in Watering Places, and other such polite Assemblies,
round the bottle and fireside. Oxford: Smith, 1786 [ausgeliefert Ende 1785].
Eine irische textgleiche Ausgabe erschien bei P. Birne, Dublin 1786; sie wurde
neu gesetzt und enthält eine Reihe von Druckfehlern.
Adaptionen von fünfzehn der sechzehn Erzählungen aus den „M-h-s-nsche(n)
Geschichten“ sowie zwei weiteren Texten aus „Noch zwei M-Lügen“.
2. Auflage (New Edition)
Singular Travels, Campaigns, Voyages, and
Sporting Adventures of Baron Munnikhouson, commonly pronounced Munchausen; as he
relates them over a Bottle when surrounded bi his Friends. A New Edition,
considerably enlarged, and ornamented with four Views, engraved from the Baron's
own drawings. Oxford: Smith, [April] 1786.
Neue Ausgabe, zusätzlich fünf neue Geschichten sowie vier Illustrationen,
möglicherweise von Raspe.
Die neue Ausgabe mit dem gleichen Titel, aber erweitertem Druckvermerk, ist kein Neudruck, sondern eine wirkliche Neuausgabe, denn es wurden Druckfehler der ersten Ausgabe verbessert und es fehlen die Errata, die in der 1. Ausgabe auf der Rückseite des Titels standen. Dafür kamen andere Druckfehler hinein.
3. Auflage (Third Edition)
Gulliver Revived, or the singular Travels,
Campaigns, Voyages, and Adventures of Baron Munikhouson, commonly pronounced
Munchausen. The Third Edition, considerably enlarged, and ornamented with Views,
engraved from the original designs. Oxford: G. Kearsley, [Mai] 1786.
Gleiche Geschichten und Illustrationen wie in der zweiten Auflage mit neuen
Texten sowie zwölf neue Illustrationen. Am Originaltext wurden viele Änderungen
vorgenommen.
Nur wenig später erschien schon die 3. Ausgabe, im Titel als 'New Edition' bezeichnet. Das Vorwort ist vom 20. April 1786 datiert. Diese Ausgabe enthält den unveränderten Text des zweiten Druckes, der aber um 5 neue Geschichten vermehrt ist:
1. ein Schiffsunglück durch einen
Walfisch,
2. Münchhausen wird beim Baden von einem Fisch verschlungen,
3. die Abenteuer eines Luftschiffers,
4. ein Überschwemmungsabenteuer am Nil,
5. zwei Berichte eines Freundes von Münchhausen; a) über ein verunglücktes
Kraftstück des Barons mit einer Kanone, b) über seine eigene Abstammung vom
Papste Clemens XIV.
Diese Geschichten bilden den 2. Teil des Buches, dessen Umfang auf 88 Seiten gekommen war und dessen Preis nun 2 S betrug. Das Buch hatte nun auch Bildschmuck erhalten; der Titel verhieß: 'ornamented with four views from the Baron's own Drawings'. Die 4 Bilder füllen nebeneinandergesetzt eine gefaltete Tafel. Die Bildkomposition weist in ihrer trocken-sachlichen Darstellung auf einen deutschen Inspirator, d. h. auf die Mitwirkung von Raspe, hin, der zeichnerisch begabt war. Für den Naturwissenschaftler war das auch damals nötig, denn die Zeichnung des Gelehrten war die Vorlage für den Stecher. Tatsächlich hat Raspe einige seiner wissenschaftlichen Werke selbst illustriert. Während seines Studiums in Leipzig war er mit dem Zeichner und Graphiker Adam Friedrich Oeser bekannt geworden; dieser hat ihn stark beeinflußt, und vielleicht hat Raspe nicht nur von ihm, sondern auch bei ihm gelernt. So ist es durchaus möglich, daß Raspe dem englischen Stecher die Bildentwürfe für die Falttafel geliefert hat.
Auf dieser Bildtafel erscheint erstmalig der Name G. Kearsley. Es kann daher im Zusammenhang mit den größeren Veränderungen, die das Buch erfahren hatte, die Vermutung nicht unterdrückt werden, daß beides in ursächlichem Zusammenhang steht, daß der jetzt in den Vordergrund tretende Kearsley vielleicht initiativ tätig geworden ist. Hier wäre auch die Gelegenheit, ja, sogar die Notwendigkeit gegeben, das Verhältnis des ersten Verlegers Smith zu dem zweiten Verleger Kearsley zu betrachten. […] Die erste Ausgabe und die zweite Ausgabe nennen auf dem Titel: London, by Mr. Smith, at No. 46, Fleet Street. Die dritte (und gleichzeitig die erste illustrierte) Ausgabe, mit der Vorrede vom 20. April 1786, nennt auf dem Titel wieder Mr. Smith, at No. 46, Fleet Street; auf der Bildtafel mit den 4 Darstellungen aber steht: Publish'd äs the Act directs for G. Kearsley and sold at No. 46 in Fleet Street, London. In der gleichen Ausgabe liest man also einmal Smith (auf dem Titel) und einmal Kearsley (auf der Bildtafel)! Erst die folgende Ausgabe nennt Kearsley auf Titel und Titelbild! Fest steht nun: Smith und Kearsley hatten die gleiche Anschrift! Carswell meint, daß Smith vielleicht gar nicht der kleine Buchhändler gewesen ist, wie es zunächst schien oder scheint, sondern nur ein fingierter oder Deckname für die viel größere Firma Kearsley, die unter der gleichen Anschrift tätig war. Vielleicht war anfangs Kearsley sein guter Name zu schade für das billige Opus, und erst, als er Erfolg und guten Absatz hatte, nahm er das Buch auf seinen Namen? In diese Annahme paßt auch genau hinein, daß der feste Wille erkennbar ist, das Buch durch Vermehrung des Umfanges und durch Bebilderung anzuheben, unter rein kommerziellen Aspekten. Beides ist mit dem Namen Kearsley verknüpft, mit genauer zeitlicher Übereinstimmung! Oder aber: hatte Smith vielleicht im Hause von Kearsley einen Laden und verkaufte dort seine eigenen Drucke und auch die von Kearsley? War Smith Verleger und Händler zugleich? Hier ist noch nichts ganz klar, jedoch besitzt der erste Gesichtspunkt wohl mehr innere Wahrscheinlichkeit.
Fast genau einen Monat später erschien schon eine neue Ausgabe, die 'Third Edition'. Die Datierungen im Buche selbst zeigen gute Übereinstimmung; die Einleitung 'Note to the Third Edition' ist vom 18. Mai 1786, die neu hinzugekommenen Bilder sind (nach Carswell) vom 26. Mai 1786 datiert. Im Druckvermerk zeigt diese Ausgabe den inzwischen vollzogenen Besitzwechsel an den Rechten des Buches an: sold by G. Kearsley. Die hiermit in Zusammenhang stehende Titeländerung mit Voranstellung des 'Gulliver revived' vor den früheren Titel macht gleichzeitig eine Wendung deutlich, nämlich die Verschmelzung des deutschen Münchhausen mit dem englischen Gulliver und damit die Annäherung an die in England so erfolgreichen Reiseromane. Kearsley wollte noch näher an den englischen Leser herankommen! Schon die ersten beiden Worte des Titels sollten Assoziationen an das klassische Modell des Alle-Welten-Fahrers erzeugen und das Interesse wecken und steigern durch die Vorstellung, daß Münchhausen der aus einem Schiffbruch wiedererstandene Gulliver sei. Der Inhalt des Buches wurde so bedeutend vermehrt (l36 Seiten gegenüber 88 der vorhergehenden Ausgabe), daß Allibone 1881 schrieb, es seien die „additions so important, that it may be considered a new work“. Hier erscheinen erstmals die Auszüge aus Lukians Wahrer Geschichte. Der Rezensent der 'Third Edition' schrieb im Critical Review, vol. 62, p. 79: „The baron is the genuine descendant of Lucian, whose True History contains similar wonders, relatcd in the same grave artless style.” Der Umfang der Erweiterungen und der maritime Charakter der neu hinzugekommenen Geschichten, zusammen mit den neu eintretenden Personen aus der englischen Historie, prägten einen neuen, stärker englisch gefärbten Münchhausen.
4. Auflage (Fourth Edition)
Gulliver Revived containing singular
Travels, Campaigns, Voyages, and Adventures in Russia, Iceland, Turkey, Egypt,
Gibraltar, up the Mediterranean, and on the Atlantic Ocean: Also an Account of a
Voyage into the Moon, with many extraordinary Particulars relative to the
Cooking Animal in that Planet, which are here called the Human Species, bi Baron
Munchausen. The Fourth Edition. Considerably enlarged, and ornamented with
Sixteen explanatory Views, engraved from Original Designs. London: G. Kearsley,
[Juli] 1786.
Gleiche Geschichten wie in der dritten Auflage, dazu neue Texte einschließlich
der Kanonenkugelfahrt, der Reise mit Captain Hamilton und der zweiten Reise des
Barons zum Mond. Weitere Änderungen am Text. Achtzehn Stiche, obwohl nur
sechzehn auf dem Titelblatt erwähnt werden.
In der 'Fourth Edition' ist der Titel stark erweitert, hat aber wieder den Vorspann: Gulliver revived. Die Einleitung ist vom 12. Juli 1786 datiert. Diese Ausgabe enthält den Text der 'Third Edition' mit neuen Zusätzen: des Barons Reise durch das Kanonenfeuer, die Seereise mit Captain Hamilton und, als ein Supplement, den Ausflug zum Monde, der auch im Titel angekündigt wird. Carswell berichtet, daß diese Ausgabe als erste in Kapitel eingeteilt ist. Dies war überlegt und wohlbegründet: durch den stark erweiterten Umfang wirkte die fortlaufende Erzählung zu schwerfällig und verlangte nach einer Unterteilung. Die Ausgabe enthält 18 Kupfer auf Tafeln; einige von ihnen (mindestens 3, nämlich die Bildtafel mit 4 Darstellungen, die Tafel mit den 2 Planetenbewohnern und das Frontispiz mit der Reise zum Monde) sind gefaltet. Von dieser Ausgabe existiert wahrscheinlich nur ein einziges Exemplar.
5. Auflage (Fifth Edition)
Gulliver Revived, containing singular
Travels, Campaigns, Voyages, and Adventures in Russia, the Caspian Sea, Iceland,
Turkey, Egypt, Gibraltar, up the Mediterranean, on the Atlantic Ocean and
through the Centre of Mount Etna into the South Sea: Also an Account of a Voyage
to the Moon and Dog Star, with many extraordinary Particulars relative to the
Cooking Animal in those Planets, which are here called the Human Species, by
Baron Munchausen. The Fifth Edition, considerably enlarged, and ornamented with
a variety of explanatory Views, engraved from Original Designs. London: G.
Kearsley, 1787.
Gleicher Inhalt wie die vierte Auflage, zusätzlich die Reisen nach Ceylon (am
Anfang hinzugefügt) und zum Ätna (am Ende) sowie ein neues Titelbild.
Die Fifth Edition' trägt das Erscheinungsjahr 1787. Ein neues Kupfer ist vom 23. Dezember 1786 datiert, die Vorrede vom 22. November 1786. Danach dürfte das Buch etwa um die Jahreswende 1786/87 auf den Markt gekommen sein. In der Vorrede heißt es: “The first edition, for want of more matter, was comparatively slow in sale, but the whole of the second, third and fourth impressions were purchased within a few days after they were printed. This fifth edition contains such considerable additions, that it may fairly be considered a new work.”
Die Ausgabe enthält den Text der Fourth Edition mit neuen Zusätzen. Die Naval- or Sea-Adventures sind um 2 neue Abenteuer vermehrt. Es sind dies: 1. die Reise nach Ceylon, die gleich am Anfang steht, und 2. der Abstieg in den Mount Etna, der an den Schluß gekommen ist. Damit ist nun die folgende Gliederung entstanden:
Texteinteilung Inhalt in der Fifth Edition' von 1787
Chapter I |
Neu. Die Reise nach Ceylon. |
Chapter II-VI |
Urtext der 1. und 2. Ausgabe |
Chapter VII-IX |
Die älteren See-Abenteuer aus der New Edition. |
Chapter X-XIII |
Neue Abenteuer; zuerst in der Third und Fourth Edition. |
Chaptcr XIV |
Ein See-Abenteuer; noch aus der New Edition. |
Chapter XV-XIX |
Neue Abenteuer; zuerst in der Third und Fourth Edition. |
Chapter XX |
Neu. Der Abstieg in den Mount Etna. |
Im 14. Kapitel ist der Partisan fortgefallen; Münchhausen erzählt sein verunglücktes Kraftstück mit der Kanone nun selber, und der Baron Tott wird zu der Frucht der Austernnacht gemacht. Die 'round the bottle and fireside'-Fiktion wird aufgegeben.
Die originalen Raspe-Abenteuer nehmen nun keine bevorzugte Stellung am Buchanfang ein; durch die Voranstellung einer neuen Reisegeschichte sind sie jetzt eingebettet in Abenteuer von maritimer Art und damit typisch englischer Prägung. Dadurch ist nun nach dem Charakter des Buches auch der Aufbau des Ganzen soweit verändert worden, daß man feststellen kann: von hier ab gibt es einen englischen und einen deutschen Münchhausen. – Diese Ausgabe hat G. A. Bürger für seine zweyte vermehrte Ausgabe, London (= Göttingen) 1788 benutzt.
Die Vorrede enthält die einzige Andeutung über das Verhältnis Raspes zu seinen Quellen. Es heißt hier: “The first edition obtained no more than was written by Baron Munchausen, and includes chapters 2,3,4,5 and 6 only; all the other chapters are the production of another pen, written in the Baron's manner.” Das ist natürlich eine Mystifikation! „written by Baron Munchausen“ heißt: stammt aus dem Vade Mecum! Auch das Weitere stimmt nicht: er erklärt die sämtlichen anderen Teile des Buches für das Erzeugnis einer anderen Feder. Jedoch ist der Ursprung aller neu aufgenommenen Geschichten exakt nachzuweisen. Die neuen Zutaten sind großenteils aus Lukians Wahrer Geschichte übernommen, zum anderen Teil aus Werken der Reiseliteratur, wie Holbergs Nicolai Klimii iter subterraneum, Drinkwaters Bericht über die Belagerung von Gibraltar, Brydone's Tour through Sicily and Malta, Totts Me'moires sur les Turcs et les Tartares, Ferbers mineralogische Reisen in Italien (die Raspe 1776 in London englisch herausgegeben hatte). Auch bei der Heiligenlegende macht er eine Anleihe: in der ,Reise durch die Welt' läßt er die Bäume der Käseinsel sich vor den abfahrenden Reisenden aus Ehrfurchtverbeugen (2. Göttinger Ausgabe, 1788, S. 164), ein Wunder, das sich mit mehreren Heiligen wirklich ereignet hat, wie noch Abraham a Santa Clara (in Judas, der Erzschelm') bezeugt hat. Raspe selbst hat nichts Eigenes mehr hinzuerfunden.
6. Auflage (Sixth Edition)
Gulliver Revived or the Vice of Lying
properly exposed; containing singular Travels, Campaigns, Voyages, and
Adventures in Russia, the Caspian Sea, Iceland, Turkey, Egypt, Gibraltar, up the
Mediterranean, on the Atlantic Ocean and through the Centre of Mount Etna into
the South Sea: also an Account of a Voyage into the Moon and Dog-Star with many
extraordinary Particulars relative to the Cooking Animal in those Planets, which
are there called the Human Species bi Baron Munchausen. The Sixth Edition.
Considerably enlarged and ornamented with a variety of explanatory Views
engraved from Original Designs. London: G. Kearslei, 1789.
Ein Raubdruck dieser Auflage mit allen Illustrationen außer dem neuen
Frontispiz: Hamburgh: B. G. Hoffmann 1790.
Gleicher Inhalt wie die fünfte Auflage, zusätzlich eine Beilage über eine
Adlerfahrt und ein neues Titelbild.
7. Auflage
The Seventh Edition, Considerably
enlarged, and ornamented with Twenty Explanatory Engravings, from Original
Designs. Gulliver Revived: or, the Vice of Lying properly exposed. Containing
singular Travels, Campaigns, Voyages, and Adventures in Russia, the Caspian Sea,
Iceland, Turkey, Egypt, Gibraltar, up the Mediterranean, on the Atlantic Ocean
and through the Centre of Mount Aetna, into the South Sea. Also, An Account of a
Voyage into the Moon and Dog-Star; with many extraordinary Particulars relative
to the Cooking Animal in those Planets, which are there called the Human
Species. Bi Baron Munchausen. London: C. and G. Kearsley, 1793.
Unveränderte Neuauflage.
8. Auflage
The Eighth Edition, Considerably enlarged,
and ornamented with Twenty Explanatory Engravings, from Original Designs.
Gulliver Revived: or, the Vice of Lying properly exposed. Containing singular
Travels, Campaigns, Voyages, and Adventures in Russia, the Caspian Sea, Iceland,
Turkey, Egypt, Gibraltar, up the Mediterranean, on the Atlantic Ocean and
through the Centre of Mount Aetna, into the South Sea. Also, An Account of a
Voyage into the Moon and Dog-Star; with many extraordinary Particulars relative
to the Cooking Animal in those Planets, which are there called the Human
Species. Bi Baron Munchausen. London: C. and G. Kearsley, 1799.
Unveränderte Neuauflage.
Die 'Sixth Edition' ist die letzte Ausgabe, in welcher der klassische Text des englischen Münchhausen noch einmal verändert wurde, und zwar erweitert um den Flug auf dem Rücken des Adlers (Extraordinary flight on the back of an eagle over France, to Gibraltar, South and North America, the Polar Regions and back to England). So hat John Carswell es festgestellt. Die extreme Seltenheit der Sixth Edition – es sind nur 2 Expl. nachgewiesen – hat früher zu der Annahme geführt, diese Geschichte sei zuerst in der 'Seventh Edition' hinzugekommen.
Sequel
A Sequel to the Adventures of Baron
Munchausen, …] humbly dedicated to Mr Bruce the Abyssinian Traveller, As the
Baron conceives that it may be of some service to him making another expedition
into Abyssinia; but if this does not delight Mr Bruce, the Baron is willing to
fight him on any terms he pleases [London:] H. D. Symonds, 1792. 2. Auflage
1796.
Englische Fortsetzung, die die Reisen des schottischer Naturwissenschaftlers of
Kinnaird (1730-1794) parodiert. James Bruce: Travels to Discover the Source of
the Nile, In the Years 1768, 1769, 1770, 1771, 1772 and 1773. Five Volumes,
G.G.J. and J. Robinson, London, 1790.) Mit zwanzig Stichen. Diese Fortsetzung
wurde oft neben dem Raspe-Text als „Band Zwei der Reisen des Barons“" gedruckt.
Aber auch damit hatte der englische
Münchhausen seinen heutigen Umfang noch nicht erreicht. Gegen Ende des Jahres
1892 erschien bei H. D. Symonds, London, Paternoster Row, ein neues, und
zugleich das erste englische konkurrierende Buch, das Münchhausens Namen auf dem
Titel trug: „A Sequel to the Adventures of Baron Munchausen, humbly dedicated to
Mr. Bruce, the Abyssinian Traveller …“. Es lehnte sich an Bruces 1790
erschienenen 'Travels into Africa' an und war mit 20 Kupfertafeln geschmückt.
Schon bald darauf muß es zu einer Verständigung der beiden Konkurrenten Kearsley
und Symonds und zu einer Vereinbarung gekommen sein, nach welcher der 'Sequel'
der zweite Teil von Baron Munchausen's Travels wurde. In dieser Form ist der
englische Münchhausen dann oft aufgelegt worden. Durch den starken Anhang wurde
der Reisecharakter noch stärker betont. Für 1796 ist noch eine zweite Ausgabe
des 'Sequel' verzeichnet. Carswell schreibt, daß beide Ausgaben des 'Sequel',
besonders aber die zweite, 'extremely uncommon in Isolation' seien, weil sie
gewöhnlich mit der 'Seventh' oder 'Eight Edition' zusammengebunden sind. „Es
kann sein, daß die zweite Ausgabe des 'Sequel' gar nicht separat verkauft worden
ist.“
Wackermann 1969, S. 14-16; die Angaben
wurden nach den Forschungsergebnissen von Berhard Wiebel korrigiert und
aktualisiert.
Der Fortsetzungsband A Sequel setzt sich, wie das
Titelblatt ankündigt, mit dem 1790 erschienenen Bericht des schottischen
Adeligen James Bruce über dessen Afrikaexpedition in den Jahren 1768 bis 1773
auseinander, geht aber deutlich darüber hinaus. Hier gibt es eine durchgehende
Handlung und die Kapitel sind inhaltlich verbunden; die Beschreibungen sind
üppiger, fantastischer – und die Satire ist unverblümt, mit durchgängigen
Bezügen zur englischen und zur globalen Tagespolitik der 1780er-Jahre. So
verwickelt sich der Baron mit seinem fantastischen Gefolge in den Sklavenhandel,
versucht, einem afrikanischen Volk britische Sitten beizubringen, baut Kanäle
und Luftschiffe, macht in Amerika und Indien imperiale Eroberungen mit und gerät
abschließend in die Französische Revolution. Zugleich liefert der Band
Persiflagen auf bekannte Literaturstile, etwa auf die Empfindsamkeit bei Oliver
Goldsmith und Laurence Sterne und auf Cervantes’ Don Quijote.
Howald/Wiebel
2015b, S. 216f.
1998 stellte Bernhard Wiebel in seinem Aufsatz Münchhausen – Raspe – Bürger: ein phantastisches Triumvirat (Wiebel 1989) fest:
Was Raspes Beteiligung am Munchausen betrifft, stehen einige grundlegende Fragen zur Beantwortung an: Ist es zulässig, ihm die Anekdoten im Vademecum zuzuschreiben? Die beiden Raspe-Bibliographien, die einen Anspruch auf Zuverlässigkeit und Vollständigkeit haben (R. Hallo 1934; J. Carswell 1950), und alle monographischen Arbeiten über ihn gehen von seiner Autorschaft aus, obwohl der Nachweis bis heute fehlt. - Wieviel vom englischen Münchhausen hat Raspe geschrieben? Wurde er nach der Third, der Fourth, der Fifth oder der Sixth Edition von anonymen Verlagsschreibern abgelöst - oder stammt alles und gar auch noch der ganze zweite Teil des klassischen englischen Munchausen (The Sequel of the Adventures) (Dawson 1984) von ihm, wie es die amerikanische Literaturwissenschafterin Ruth P. Dawson zur Diskussion stellt?
Zumindest die letzte der beiden Fragen konnte Wiebel durch seine Forschungen der letzten zwanzig Jahre positiv beantworten:
Zu Lebzeiten ist Rudolf Erich Raspe niemals als
Autor des Münchausen aufgetreten. 1832 allerdings nannte ihn sein
Kollege und Freund John Hawkins in einem Brief an den Geologiehistoriker Charles
Lyell als Autor. Mittlerweile steht Raspes Autorschaft des ersten Buches außer
Zweifel. Die immer wieder geäußerte Meinung, die späteren Versionen in England
seien das Werk von Lohnschreibern, ist unhaltbar. Die Erweiterungen bis zur
sechsten Ausgabe entspringen ganz offensichtlich dem einmal gefundenen Grundton
und der Erzählhaltung. Auch die Fortsetzung von 1792 ist voller Anspielungen auf
Themen, mit denen sich Raspe seit längerem beschäftigte. Außerdem muss der
Bildungsstand des Autors höher gewesen sein, als man von einem angeheuerten
Schreiber hätte erwarten können.
Howald/Wiebel
2015b, S. 214f.
In Raspes
Munchausen begegnen sich die Sprachen und Kulturen von Deutschland und
England. Persönliche Erfahrung und der damalige Bildungskanon stehen hinter der
Erzählung. Es durchkreuzen sich mündliche und schriftliche Überlieferung sowie
historische und fiktionale Realität, und Geschichte und Zeitgenossenschaft leben
nebeneinander.
Wiebel 2005b, S. 112.
Zeittafel – Raspe, Regenten und Revolutionen
Zusammengestellt
von Bernhard Wiebel
In: Linnebach 2005, S. 28-31.
Erst zum Ende des 19. Jahrhunderts wurden in England die Munchausen-Texte mit dem Verfassernamen Raspe herausgegeben. Den Anfang machte die Edition von Thomas Seccombe, die 1895 in London erschien:
The Surprising Adventures Of Baron Munchausen
By Rudolph Erich Raspe
with an introduction by Thomas Seccombe
London: Lawrence & Bullen, 1895