Au Mouton

 

Diese kleine Skulptur an einer Fassade der Rue du Four Nr. 24 im 6. Arrondissement erinnert an vergangene Jahrhunderte, in denen sich die Häuser einer Straße von Orts-Unkundigen kaum voneinander unterscheiden ließen. Hausnummern, wie sie uns heute selbstverständlich erscheinen, wurden erst im 19. Jahrhundert eingeführt.
Vom Mittelalter bis zur Französischen Revolution erlaubten Hausmarken, ein bestimmtes Gebäude unter all den anderen zu identifizieren. Gasthäuser, Apotheken, Arztpraxen, Rechtsanwaltskanzleien und andere Einrichtungen mit Publikumsverkehr wurden durch Schilder markiert.
Die Eigentümer und Nutzer solcher Immobilien ließen sich von Kunsthandwerkern allerlei bildliche Darstellungen in Gips, Stein und Gusseisen herstellen oder gaben gemalte Tableaus auf Kupferplatten, Eisenblech oder Holz sowie Reliefs, Mosaike und Fliesenbilder in Auftrag. Metzger warben mit Schwein, Kuh oder Pferd; Bäcker ließen sich Fassade und Verkaufsräume mit ländlichen Erntedarstellungen farbenprächtig bemalen und Kolonialwarenläden verewigten schwarze Arbeiter und ihre weißen Herren auf exotischen Tableaus direkt über dem Eingang in ihre reich gefüllten Verkaufsräume.
Heute sind in den Pariser Straßen noch vereinzelt Tierdarstellungen zu finden: Bären brüllen, Hunde bellen, Katzen schmusen, Vögel picken – und unser Schaf – hat es einst für ein Geschäft geworben? Heute blickt es unter den Fenstern der Belle Etage lammfromm von rechts nach links zur Farmarcie, wo Frauen aus aller Welt ihre Kosmetika zu Dumpingpreisen einkaufen.



zurück zum Titelbild