H1: 3 Seiten (SHLB); Februar/März 1838 niedergeschrieben

Schneewittchen/ Prolog/ I Scene; Scene II

 

Storms Handschrift weist Korrekturen, Überschreibungen und Streichungen sowie einen Wasserschaden auf. Er wurde für diesen Abdruck in seinem ganzen fragmentarischen Umfang lesbar gemacht.

 

Prolog

Der Dichter

Es ist Fastnacht, die Zeit der Spiele und Mummerei, wo jeder aus seinem Jetzt und Selbst heraustreten darf. Nun ernste Männer und verehrte Frauen, ihr sollt jetzt wieder Kinder werden u Märchen hören, Rosenschein der versunknen Kinderzeit.

 

1 Scene

Die Königin. Prinz Rosenroth

Prinz.

 

Ich ritt gen Ost ins helle Rosenroth

Im Westen gäulich träumte noch die Nacht

Kaum noch die Lerchen stiegen in die Luft

Da war mir aus dem grauen Morgenduft

Schwang sich ein Adler auf vom Felsenhorst,

Ich grüßt ihn zünftig und als ein hehres Zeichen

Für reiche Jagd und folgte mit dem Aug

Des Thieres hohen königlichen Flug

Da schießt er nieder in den schwarzen Abgrund

Ihr kennt ihn Königin es ist der Schlund

In dem die ….

 

Scene II

Die Königin vor dem Spiegel.

 

Die Königin.

Spieglein, Spieglein an der Wand,

Wer ist die Schönste im ganzen Land?

 

Aus dem Spiegel.

(Frauenchor.)

Es frisst am Herzen mir so jäh,

So war das Blut von Elk und Reh

Sie lebt, sie lebt, der Rabe log

Der krächzend an mein Fenster flog

 

Frau Königin Ihr

Seid die Schönste hier;

Aber Schneewittchen hinter den Bergen –

Bei den sieben Zwergen

Ist noch tausendmal schöner als Ihr.

 

Die Königin.

Ei, Spieglein, red' nicht so unnütz!

Die Schönheit mit dem Wänglein rot

Im finstern Wald traf sie der Tod;

Des Jägers Speer war blank und spitz;

Schneewittchen, Spieglein sage mir

Was sprichst du von Schneewittchen mir<?>

 

Aus dem Spiegel.

Aber Schneewittchen hinter den Bergen,

Bei den sieben Zwergen

Ist tausendmal, tausendmal schöner als Ihr

 

Die Königin.

Ei Spieglein blank, ei Spieglein licht.

Kennst Du im Wald die Stelle nicht

Ein Blümlein blüht in Purpurglut,

Die Würzlein tranken so rotes Blut;

Das Maidlein hat der Wolf geküsst

Der Wolf weiß, wo Schneewittchen ist.

 

<Aus dem Spiegel.>

Hinter d. Bergen

Bei den 7 Zwergen.

 

Die Königin.

Fluch ihr sie lebt; der Rabe log

Der krächzend an mein Fenster flog;

Das Blut, das mir der Jäger wies,

Das schöne Blut an seinem Spieß

Es war von Eber, Elk und Reh;

Schneewittchen, Spieglein, sage mir,

 

<Die> Königin

So log der Jäger der zur Nacht

Ihr zuckend Herze mir gebracht;

Schneewittchen lebt! der Rabe log,

Der krächzend an mein Fenster flog;

Es war das Blut von Elk und Reh!

Am Herzen frisst es mir so jäh!

Schneewittchen, Spieglein sage mir!

 

<Aus dem> Spiegel

Ist tausendmal, –

 

<Die> Königin

Es war das Blut von Elk und Reh

O Spieglein blank, der Rabe log

Der krächzend an mein Fenster flog,

Am Herzen frisst es mir so jäh;

Schneewittchen – Spieglein sage mir!

 

<Aus dem> Spiegel

Ist tausendmal –

 

<Die Königin>

Die Schönste war ich immer noch

Die Schönste will ich bleiben doch.

Wenn sie des Jägers Speer nicht trifft,

So hilf mir Zaubertrank und Gift

Die Schönste in der ganzen Welt,

Das soll mir bleiben nur