„Ein Blick in des Dichters geheimste Werkstatt.“ Theodor Storms Mörike-Bild.
Mit Photographien und anderen Bildern aus dem Nachlass der Dichter.[1]

  

Theodor Storm an Eduard Mörike, Husum, im Herzogthum Schleswig, den 20 November 1850:

Eine Botschaft alter Liebe soll dies Büchlein an Sie, verehrter Mann, bestellen; verschmähen Sie den Boten nicht, ich bin ein Dilettant und habe keinen bessern.

Vor etwa zehn Jahren, während meiner letzten Studienzeit in Kiel, kamen Ihre Bücher in unsre Hände – Gedichte, Iris, Maler Nolten[2] – und erwarben sich rasch eine kleine, aber ausgesuchte Gemeinde, wenn anders das rasche instinktartige Verständniß bei der leisesten Berührung des Dichters eben das ist, was dieser zumeist bei seinen Lesern zu wünschen hat. […]
Möge grüner sommerlicher Friede Sie noch lange umgeben! Theodor Storm.[3]

Das ist ein Auszug aus dem ersten Brief, den Theodor Storm an Eduard Mörike geschrieben hat. Storm war damals 33 Jahre alt, hatte nach dem Besuch des humanistischen Gymnasiums in Kiel und Berlin Jura studiert und praktizierte seit sieben Jahren als Advokat in seiner Heimatstadt Husum. Er war seit vier Jahren mit Constanze Esmarch verheiratet, der Tochter des Segeberger Bürgermeisters und seiner Tante mütterlicherseits, hatte einen zweijährigen Sohn und seine Frau erwartete ihr zweites Kind.

Während der Schulzeit hatte er begonnen, Gedichte und Prosatexte zu schreiben; veröffentlicht hatte er einige Gedichte in regionalen Publikationsorganen, darunter die erste Fassung der Novelle „Immensee“. Dem literarischen Publikum im deutschsprachigen Kulturraum war er bisher unbekannt, denn er stand erst am Anfang seiner Karriere. Die Separatausgabe von „Immensee“ und seine Gedichtsammlung erschienen in den beiden Jahren nach diesem Eröffnungsbrief.

Anlass des Schreibens an Mörike war das Erscheinen von Storms erster selbständigen Publikation, des Bandes „Sommergeschichten und Lieder“ bei Duncker in Berlin[4], in dem neben Prosaskizzen 35 Gedichte enthalten sind. Hier wirbt also ein junger, unbekannter Autor um die Anerkennung eines arrivierten, älteren Dichters.

    

Storms erste selbständige Buchpublikationen aus den Jahren 1851 und 1852 (Storm-Archiv, Husum)

Denn Eduard Mörike war 13 Jahre älter als Storm und 46 Jahre alt, als ihn der Brief aus Husum erreichte. Er hatte sich bereits ein Jahrzehnt zuvor pensionieren lassen und war als Schriftsteller längst bekannt; seine „Gedichte“ waren 1838 erstmals erschienen. Mörike hatte neben Gedichten auch anspruchsvolle Prosa veröffentlicht, den Roman „Maler Nolten“ und eine Reihe von Erzählungen. Storm kannte außer der Gedichtsammlung auch den Band „Iris“ (1839) und das „Jahrbuch schwäbischer Dichter und Novellisten“ aus dem Jahre 1836. In seiner Bibliothek standen neben dem „Maler Nolten“ auch die „Classische Blumenlese“ von 1840 und die „Idylle vom Bodensee“ (1846).[5] Mörike war für ihn also ein Begriff und deshalb konnte er in seinem ersten Brief auch davon berichten, dass er zehn Jahre zuvor in Kiel mit seinen Freunden inmitten einer „ausgesuchte(n) Gemeinde“ ein „instinktartiges Verständnis“ für die Dichtungen des Älteren gewonnen habe.

Warum Mörike erst eineinhalb Jahre später auf den Gruß antwortet, lässt sich nicht mehr klären. Jedenfalls fällt der erste Gegenbrief recht herzlich und persönlich aus.

 

Eduard Mörike an Theodor Storm, 26. Mai 1853:

Es ist vor Jahren eine Sendung mit einem Bändchen Dichtungen und einer Zuschrift aus Husum an mich nach Mergentheim gekommen.

Muß Ihnen das lange Stillschweigen hierauf nicht doppelt unbegreiflich seyn, wenn ich versichere, daß wir, ich und die Meinigen, in Ihrem Büchlein alsbald einen sinn- und seelenverwandten Freund erkannten, ehrten und hegten? Daß ich in Ihrem herzlichen Schreiben noch immer eins der liebsten Zeugnisse zu Gunsten meines Wenigen dankbar bewahre? […]

Jezt, lieber theurer Mann, leben Sie wohl auf eine Weile, − auf eine kürzere, verspreche ich, wenn Sie erlauben. Wir Alle, nemlich Gretchen, seit 1½ Jahren glücklicherweise meine liebe Frau, und Clara, meine Schwester, grüßen herzlich, Sie und jene Constanze, von der wir uns ein ungefähres Bild aus allen Lieblichkeiten Ihres Büchleins machten. […]

Mit inniger Zuneigung, Ihr D. Ed. Mörike.

Auf diese „innige Zuneigung“, die mit der Zusendung der im Mai 1853 erschienenen Schrift „Das Stuttgarter Hutzelmännlein“ verbunden war[6], hatte Storm gewartet und er ergreift – da Mörike sich ganz herzlich gibt und sich auch nach seiner Frau Constanze erkundigt, der er sein erstes Buch gewidmet hat – sofort dessen ganze Hand:

 

Theodor Storm an Eduard Mörike, Husum, den 12 Juli 1853:

Freilich hat Frau Constanze, bis Ihre Antwort eintraf, zu einem ersten Buben noch zwei andre in die Wirthschaft gebracht; wie wenig Ihnen indessen das lange Schweigen angerechnet worden,  können Sie, wenn Sie zu uns einträten, schon daraus erkennen, daß seit dem 5 Mai 1851[7] Ihr Steindruckportrait, von Weiß – Sie sagen uns gelegentlich, ob es ähnlich ist – auf Constanzes Schreibtisch seinen ungestörten Platz behauptet hat.

Aber nun muß ich Sie und die Ihrigen, ehe ich weiter schreibe, über meine eigne Person erst etwas in‘s Klare setzen, […].

 Bei dem erwähnten Portrait handelt es sich um eine Lithographie aus dem Jahre 1851, die als Einzelblatt im Buchhandel vertrieben wurde.

Eduard Mörike, Lithographie von Bonaventura Weiß 1851.[8]

 Storm weist Mörike auf einige Gedichte in seiner gerade erschienenen ersten selbständigen Sammlung hin, die er dem Stuttgarter zur gleichen Zeit zuschickt.[9] Es folgt ein detaillierter Lebensbericht des Husumer Advokaten und Dichters. Dann fährt Storm fort:

Leben Sie nun wohl, für dieß Mal! Constanze und ich grüßen Sie herzlich, Sie und Ihre Frau, deren Spuhr wir noch nicht in Ihren Gedichten haben finden können […] und Ihre Schwester Clara, die wir seit langem schon daraus als Ihre treue Begleiterin durch Wald und Wiese kennen!

Wie immer Theodor Storm.

Das klingt so, als habe man bereits seit Jahrzehnten intensiv korrespondiert, sei miteinander vertraut und habe in den Gedankenaustausch die gesamte Familie einbezogen. Storm reagiert so emphatisch, weil er annehmen darf, dass Mörikes herzliche Worte ernst gemeint sind und nicht nur Höflichkeitsfloskeln im Rahmen einer distanzierten Korrespondenz unter Kollegen sein wollen. Deshalb fühlt er sich auch ermutigt, schon vierzehn Tage später folgenden Bittbrief abzuschicken:

 

Theodor Storm an Eduard Mörike, Potsdam den 1 März 1854:

Ich komme dießmal betteln, verehrter Mann. Es gilt mit Hülfe von Dichtern und Malern für meine Frau, die mit den Kindern bei mir ist, zum Geburtstage d. 5 Mai, ein Album zu Stande zu bringen. Dürfte ich darauf rechnen, zu diesem Zweck von Ihnen Ihr unergründlich schönes „Früh wenn die Hähne krähn“, von Ihnen geschrieben und unterschrieben, zu erhalten? […]

Und nun! Darf ich bis zum 5 Mai auf eine Antwort hoffen. Ich bitte Sie herzlich darum; und wollen sie mir speciell eine Freude machen, so legen Sie außer dem vorhin Erbetenen noch ein oder andres Ungedruckte bei, da die dritte Auflage noch immer nicht erschienen ist.

In aller Liebe und Verehrung Ihr Theodor Storm.

Mörike geht geduldig auf diese Bitte ein und betont mehrmals, wie positiv er und seine Frauen auf Storms Avancen im dichterischen und im privaten Bereich reagiert haben.

 

Eduard Mörike an Theodor Storm, April 1854:

Verehrter theurer Freund!

Ein alter und ein neuer Dank käme wieder einmal zu meiner Beschämung bei mir zusammen. Es sind wohl 8 Monate seit mich Ihr Büchlein und die süße Schläferin auf seinem Deckel so lieblich begrüßte.[10] Ein ausführlicher Brief war beigelegt, der, in Verbindung mit dem Übrigen und längst Bekannten, mir die Person des Dichters auf einen solchen Grad verdeutlichten, daß mir wenn der vollkommene Besitz von Angesicht zu Angesicht für jetzt einmal nicht möglich ist, nur etwa noch ein Schattenriß seines Profils zu wünschen übrig bleibt. Ich möchte gerne daß Sie wüßten, wie sehr wir Sie mit allen Ihren Angehörigen für alle Zeit kennen und lieben. […]

Nun aber unsern innigsten Glückwunsch zum 5ten Mai!

Es folgt eine Beschreibung der umfangreichen Autographen- und Büchersendung, von der ein Teil am 21. April per Frachtpost von Stuttgart nach Potsdam abgeschickt wurde. Einige Handschriftenproben aus Mörikes Freundeskreis wurden später nach Husum geschickt. Im „Album für Constanze“ haben sich u.a. folgende Autographen erhalten: Mörikes „Früh wenn die Hähne krähen“ sowie Gedichte von Karl Mayer, Justinus Kerner und Uhland. [11]

  

„Früh wenn die Hähne krähen“ in Mörikes Handschrift für das „Album für Constanze“

Darüberhinaus schickte Mörike auch einen Abdruck seines Spiegelverses[12] mit der Widmung: „Der lieben Frau Constanze zum Gruß von Eduard M. Stuttg. 16 Aug. 1855“, wodurch er den Eindruck noch verstärkt, die lockere Bekanntschaft mit Storm habe sich bereits nach diesen wenigen Briefen zu einer ganz besonderen intimen familiären Beziehung entwickelt.

 

Ein artig Lob, Du wirst es nicht verwehren,

Obwohl gewohnt, es jeden Tag zu hören;

Gern möcht‘ ich denn das platte „Du bist schön“

In lauter feinen Wendungen gestehn;

Doch wenn es mir an Worten nun gebricht,

Verschmäh‘ ich auch ein listig Mittel nicht:

Ich weiß mit wundersamer Schrift zu necken

Und meine Meinung zierlich zu verstecken.

Damit ich aber gleich die Ungeduld versöhne

Führ‘ ich mit meinem Blatt vor‘s Spiegelglas die Schöne,

Und was kein Schmeichler ungestraft gewagt –

Ihr eigen Bild hat es Ihr nun gesagt.

Druck von Mörikes Spiegelvers „Ein artig Lob, du wirst es nicht verwehren“

 

 

Am Schluss seines im ganzen sehr herzlichen und persönlichen Briefes fügt Mörike noch hinzu:

 Zum Überfluß fügt Gretchen unsere Silhouetten bei, die ihrige und Clärchens sind sehr gut, die meine auch nicht übel. Die Weißische Lithographie wird nicht besonders gelobt, doch ist sie kenntlich. […]

Jetzt, theure Freunde, leben Sie wohl und schreiben Sie bald daß Sie wirklich wohl leben. Wir alle grüßen und danken tausendmal

Ihr Mörike.

Eduard Mörike (1852) mit seiner Frau Margarethe (1852, links) und seiner Schwester Clara (1854, rechts). Silhouetten[13]

Durch die Übersendung der Silhouetten, die als Faksimile ebenso wie Mörikes Spiegelvers heute im Storm-Haus in Husum hängen, fühlte sich der als „theurer Freund“ angesprochene Storm von Mörike noch einmal dazu animiert, die briefliche Beziehung ins Intime auszuweiten. Im Oktober 1854 plaudert Storm:

Welche Freude Sie und die lieben Ihrigen uns, meiner Frau und mir, zum 5 Mai gemacht haben, kann ich nicht genug sagen. Ihren Brief mußte ich zwar gleich dem größten Theile nach zum Besten geben; alles Uebrige aber wurde bis zum Geburtstag glücklich verborgen gehalten. Ich hatte für das Album einen ziemlichen Stamm von Poeten und Malern zusammengebracht; und ich glaube kaum, daß meine Frau je ein angenehmeres Geburtstagsgeschenk erhalten. Am Abend wurden mit Hülfe eines befreundeten Malers[14] auch Ihre Schattenrisse auf kleinen gelben Schilderchen hineingeklebt; dann saßen wir davor zu räthseln, von Ihrer Schwester Clärchen wurde behauptet, sie trage jedenfalls ein Schlüsselbund, und ich wünschte mir lebhaft auf dem Sopha zu sitzen, während sie den Kaffee schenke — könnte es mir doch eines Tags einmal so gut werden! Von dem feinen Gesichtchen Ihrer Frau erfahre ich aus dem Schattenrisse nicht so viel; vielleicht ist es Ihnen gar zu sehr zugekehrt. Der Ihrige scheint mir mit dem Steindruck wohl zu stimmen. Der Namen auf der Kehrseite hätte es für mich nicht bedurft.

Auch die Frage, wie der neue Freund in Stuttgart von Angesicht aussieht, bewegte Storm[15]: „Neulich ist mir ein Exemplar Ihrer Iris zu Gesicht gekommen, worin ein sehr anmuthiges Bild, ich denke doch, von Ihnen, scheinbar im 16 oder 17 Lebensjahr und übrigens in mäßigem Steindruck vorne darin war, was in meiner Ausgabe fehlt. Das müßte Cotta in sauberem Stich vor eine hoffentlich bald zu erwartende neue Auflage Ihrer Gedichte setzen. Geben Sie mir doch einige Aufklärung darüber, und, wenn es Ihnen keine Ungelegenheit macht, so bitte ich sogar um ein Exemplar, das Sie möglicher Weise leichter als ich vom Verleger erlangen können.“

 

Eduard Mörike. Lithographie nach der Zeichnung von J. G. Schreiner 1825.[16]

Storms nächster Brief folgt zwar erst ein halbes Jahr später, aber es waren einige Aufwendungen erforderlich, um ein angemessenes Gegengeschenk nach Stuttgart zu schicken:

 

Theodor Storm an Eduard Mörike, Potsdam, Anfang Oktober 1854:

Endlich gelangen denn auch wir zu ihnen; mögen unsre Gesichter Ihnen nicht allzu fremd erscheinen! […]

Unsere Bilder anlangend, so wird das meiner Frau am ähnlichsten erscheinen, wenn Sie recht viel Licht darauf fallen lassen; nur in Mund und Augen ist durch das ihr ungewohnte Sitzen etwa Todtes, Schlaffes hineingekommen; daher man das Bild am liebsten nicht zu genau besieht. Sonst ist es sehr ähnlich, nur etwas jünger soll sie zur Zeit noch aussehen, doch das gleicht sich ja von selber aus. Mein Bild dagegen schicke ich Ihnen nur mit Widerstreben; es drückt die Erschlaffung und Magerkeit meiner Gesichtszüge, die in Folge der gegenwärtigen Ueberanstrengungen wohl da ist, aber in natura gar nicht so hervortritt, auf eine wirklich erbarmungswürdige Weise aus; daneben hat es etwas Offiziersmäßiges, das mir glücklicherweise gänzlich abgeht. Ich habe dreimal gesessen aber es ging nicht; ich behalte mir vor es in besserer Stunde gegen ein andres zurückzutauschen. […]

  

Frühe Daguerreotypien von Constanze Esmarch (nach 1846) und Theodor Storm (1852)

Es handelt sich bei den Familienfotos[17] um zwei Daguerreotypien, also den ersten fixierten Lichtbildern, die nach dem Verfahren des französischen Erfinders Louis Jacques Mandé Daguerre (1787-1851), dem es 1839 gelang, eine mit Silber beschichtete Platte durch Bedampfen mit Jod lichtempfindlich zu machen. Durch das Bedampfen mit Quecksilber kann ein sehr kontrastreiches und detailgetreues positives Bild erzeugt werden, das ein Unikat ist.

Das Typbild von Constanze ist eine Daguerreotypie, die nach 1846 entstand, wahrscheinlich im Atelier des Hamburger Photographen Carl Ferdinand Stelzner. Storm bezeichnet Constanze in anderem Zusammenhang in Anspielung auf dieses Photo als sein „geliebtes Profil“.[18]

   

Daguerreotypie von Constanze Esmarch ohne Rahmen, heutiger Zustand (links) und Zustand um 1950 (rechts auf einem Repro-Foto für das Storm-Archiv im Nissenhaus, Husum.

Theodor Storms Bild wurde am 25. Dezember 1852 in Berlin aufgenommen, war als Geschenk für Constanze Storm bestimmt und ist nur noch als Reproduktion im 1864 in Stuttgart erschienenen „Dichterbuch aus Schwaben“ als Albumin-Abzug erhalten.

Storm charakterisiert sein Portrait als „im Ganzen ähnlich“, „nur sind die Augen zu matt und zu weit geschlossen.“[19]

Der Brief endet:

Und jetzt leben Sie wohl, herzlich wohl! Wie mein kleiner Hans sagt, Sie und Frau Grethchen und Fräulein Clärchen! Und wollen Sie uns eine, freilich unverdiente, Freude machen, so schreiben Sie einmal vor Weihnachten, wenn auch noch so kurz. Ich werde zu Neujahr antworten.

Es ist jetzt alles leidlich wohl bei uns Ihr Theodor Storm.

 

Es folgt, was wir schon ahnen: Storm wartet nur auf eine Gelegenheit, die Mörikes persönlich kennen zu lernen. Und wie macht er das? Nun, er lädt sich selber ein und fällt im nächsten Brief – nach einer der Höflichkeit geschuldeten Einleitung – direkt mit der Tür ins Haus.

 

Theodor Storm an Eduard Mörike, Potsdam den 5 August 1855:

Verehrter Freund. […]

Hätten Sie etwa, Sie und die Ihrigen, einen halben Tag für mich übrig, wenn ich von dort [Storm plante mit seinen Eltern eine Reise nach Heidelberg] einen Abstecher nach Stuttgart machte? […]

Meine Frau leider „muß ferne sein, muß ferne sein!“ vor etwa acht Wochen hat der Storch uns wieder einbescheert, und zwar endlich eine Lisbeth. Mutter und Kind sind wohl; die Erstere grüßt herzlich und wird mich mit sehnsüchtigen Augen begleiten.

Und jetzt – möge mein Brief Sie alle wohl antreffen und möge er nicht unwillkommen sein!

Herzlich Ihr Theodor Storm.

Da kann Mörike natürlich nicht nein sagen und so nimmt die Sache ihren Lauf:

 

Eduard Mörike an Theodor Storm, Stuttgart 9. August 1855:

Welch liebliche Aussicht, mein theurer Freund, Sie in Person hier bei uns zu haben! Meine Freude darüber war so groß daß das böse Gewissen, das Fünkchen von Schrecken (der entsetzlichen Briefschuld wegen) augenblicklich darin erlosch und unterging. […]

Empfehlen Sie mich Ihren Eltern innig und ehrerbietig.

Ihr treuer Mörike.

Dies ist der Höhepunkt eines Briefwechsels, in dem der Jüngere der beiden enge familiäre Freundschaft suchte, die der Ältere zunächst auch zu gewähren schien, sich aber nach der einzigen persönlichen Begegnung am 15. und 16. August 1855 wieder zurückzog.

Die kleine Auswahl von Briefstellen zeigt, wie vertraut man schnell mit einander war, wie die Familien in die Korrespondenz eingeschlossen wurden, ein typisches Beispiel für Dichterbriefwechsel in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Von dieser Art der Korrespondenz kennen wir bei Storm eine ganze Reihe, so schrieb er sich regelmäßig mit Theodor Fontane, Paul Heyse, Iwan Turgenjew, Klaus Groth, Wilhelm Jensen, Detlev von Liliencron und im Alter auch mit Gottfried Keller.

Die Funktion dieser Briefwechsel bestand zuallererst in der Teilnahme an einem Diskurs über zeitgenössische Literatur; Kritik und Gegenkritik bildeten eine wichtige Grundlage des jeweiligen Selbstverständnisses des Dichters und trugen zur Klärung von dichtungstheoretischen Positionen bei. Dies geschah aber nicht losgelöst von komplexen persönlichen Beziehungen, in die Familienmitglieder und Freunde einbezogen wurden.

Und doch unterscheidet sich die Beziehung Storm-Mörike von den anderen Dichterfreundschaften. Theodor Storm war in dieser Beziehung die treibende Kraft, Eduard Mörike ließ sich mit seiner Antwort auf den ersten Brief aus Husum zweieinhalb Jahre Zeit; Storm plaudert in lockerem Ton detailliert über die eigene Familiengeschichte, Mörike hält sich im Rahmen der damals üblichen Kommunikation mehr zurück. Natürlich schreiben beide auch über die Werke des anderen, denn Anlass des Gedankenaustauschs war in erster Linie die Literatur.

Theodor Storm nahm Mörikes Lyrik erstmals als Student wahr und ordnete sie gleich neben Heines frühe Lyrik ein, da sie seinem Konzept vom liedhaften Gedicht entsprach, von dem das Gemüt des Lesers angesprochen wird, weniger sein Verstand. Man hat solche Texte später mit dem Attribut „Erlebnislyrik“ versehen und sie für den unmittelbaren Ausdruck einer dichterischen Empfindung gehalten. Aber die lyrischen Meisterwerke Mörikes und Storms sind handwerklich perfekt konstruierte Texte und genau kalkulierte Kunstwerke, die in einem dafür empfänglichen Leser nur die Illusion der Unmittelbarkeit erzeugen. Einige entsprechen dem Idealtypus des rein lyrischen Gedichts, das phrasenhaft-rhetorische Reflexionen vermeidet und ohne didaktischen Anspruch auf die Unmittelbarkeit sensueller Präsenz setzt. Das macht ihre Modernität aus und das hat der junge Storm bei der ersten Begegnung mit den Gedichten des Älteren sofort gespürt.

Als Storm sich 1850 entschloss, an Mörike zu schreiben, waren die Rollen klar verteilt: der Jüngere, Unbekannte sucht Anerkennung bei dem Älteren, bereits Arrivierten. Mörike gewährt Storm vorsichtig eine gewisse persönliche Nähe; dieser interpretiert die Höflichkeiten des anderen als große Herzlichkeit und glaubt an eine innige Seelenverwandtschaft, in die auch gleich die Ehefrauen einbezogen werden. Dass es dann nach der persönlichen Begegnung im Sommer 1855 zu einer Entfremdung kam, lässt sich schon an der Tatsache ablesen, dass Storm auf seine sechs Briefe zwischen 1855 und 1862 keine Antwort mehr erhielt. Mörike reagierte lediglich pflichtgemäß auf die Nachricht von Constanzes Tod im Jahre 1865 mit einem Kondolenzschreiben. Danach hat Storm noch zweimal an Mörike geschrieben, ohne Antwort zu erhalten.

Es muss also eine Verstimmung gegeben haben, die Mörike dazu veranlasste, die doch im Kern herzliche Korrespondenz unvermittelt abzubrechen.

Allerdings hat Storm Mörike nach dem Tod Constanzes in einem Brief vom 3. Juni 1865 gebeten, ihm das Typbild seiner Frau zurückzuschicken. Mörike tat dies postwendend und erhielt dafür eine im Atelier von Richard Menzel in Berlin in mehreren Abzügen hergestellte vignettierte Reproduktion im Carte-de-Visite-Format, die sich in seinem Nachlass erhalten hat.[20] Storm hat auch die Photographie einer Zeichnung an Mörike geschickt, die von seinem Freund Ludwig Pietsch im Jahre 1861 von Constanze angefertigt worden war, und die sie im Alter von 36 Jahren en face zeigt. Sie ist nicht im Mörike-Nachlass erhalten; das Original existiert aber noch in Privatbesitz.[21]

  

Links: Constanze Storm (geb. Esmarch); vignettierte Reproduktion einer Daguerreotypie (um 1846); rechts: Zeichnung von Ludwig Pietsch (1861)

Die Daguerreotypie von Theodor Storm, die Anfang 1854 ebenfalls nach Stuttgart gelangte und bei der es sich ja auch um ein Unikat handelte, hat sich nicht im Mörike-Nachlass erhalten. Allerdings hat der schwäbische Dichter dafür gesorgt, dass dieses frühste Storm-Bildnis, das wir kennen, der Nachwelt erhalten blieb. Als Ludwig Seeger in Stuttgart das „Deutsche Dichterbuch aus Schwaben“ 1864 im Verlag von Emil Ebner herausgab, versäumte es Storm, ein neues Bild von sich anfertigen zu lassen. Stattdessen verwies er auf das ein Jahrzehnt zuvor an Mörike gesandte Bild, so dass dieser neben einer eigenen Photographie, die vermutlich 1864 entstand und nicht erhalten ist, dem Verlag Ebner auch die Daguerreotypie von Theodor Storm zur Verfügungen stellte.[22] Von diesen Vorlagen wurden im Herbst 1863 im Atelier des Stuttgarter Photographen und Lithographen Gottlieb Friedrich Krauß Repro-Photos der beiden Dichter aufgenommen und für jeden Band der Auflage ein Albumin-Abzug hergestellt, auf dünnen Karton geklebt und in das Buch eingebunden.[23] Auf diese Weise hat sich die erste photographische Aufnahme Storms im Zusammenhang mit einer ganzen Reihe von frühen Dichterportraits bis heute erhalten.

      

Mörike und Storm in „Deutsches Dichterbuch aus Schwaben“

Natürlich pflegte auch Mörike lange, ja langjährige Freundschaften und es sind einige Beispiele von Dichterkorrespondenzen überliefert, die über Jahrzehnte fortbestanden haben. Was Mörike aber im Falle Storm dazu bewogen haben mag, den Dialog abzubrechen, das lässt sich heute nicht mehr genau klären. Vielleicht war es die Idylle, die Storm in Mörikes Werk zu erkennen meinte und seine offene Kritik an Details seiner Schriften; sicher hat der persönliche Eindruck des Nordfriesen eine Rolle gespielt, dessen Charakter doch so ganz anders war als der des Schwaben. Storm hatte ein großes Bedürfnis, über seine weitläufige Familie und über das gesellschaftliche Leben seiner jeweiligen Lebensumwelt zu sprechen und scheute dabei keine Details. Mörike hingegen hielt eher auf Distanz und achtete selbst in persönlich erscheinenden Briefen darauf, dass wesentliche Ereignisse seines Lebens nicht thematisiert wurden. Die literarische Öffentlichkeit interessierte ihn eher am Rande, während Storm sich mitten in die Diskussion warf und mit seinen Wertungen über Kollegen nicht hinter dem Berg hielt. In zwei seiner Briefe an Mörike schilderte Storm ausführlich seine Herkunft aus einer erfolgreichen und bedeutenden Kaufmanns- und Senatorenfamilie in Husum und erzählt langatmig von einem Besuch mit seiner frisch angetrauten Frau Constanze bei seinen Verwandten väterlicherseits in der Nähe von Rendsburg. Beide Texte idealisieren Storms familiäres Eingebundensein in einer idyllischen Weise und überhöhen seine Lebensumstände ins Literarische. Mörike wird dies bei seiner eher gebrochenen beruflichen Karriere und den konfliktgeladenen persönlichen Verhältnissen wohl mit zwiespältigen Gefühlen gelesen haben.

Der Besuch, der übrigens mit einer Übernachtung Storms in Mörikes Wohnung verbunden war[24], muss aber noch einen anderen Charakterzug Storms offengelegt haben, denn es sind eine Reihe von Andeutungen von Mörikes Vertrautem Wilhelm Hartlaub erhalten[25], die auf eine sehr negative Wirkung schließen lassen, die der Besuch auch bei den Mörikes hinterlassen hat. Storm selber hat davon allerdings nichts wahrgenommen, das belegen die weiteren Briefe, die er völlig unbeeindruckt vom Schweigen Mörikes in den nächsten zehn Jahren nach Süden schickte. Auch seine mehrfach wiederholten Einladungen an die Mörikes zeugen von dieser Naivität.

Storm war ein Charakter, der immer wieder menschliche Nähe und Freundschaften suchte und der auch viele Freunde fand. Allerdings fehlte ihm jedes Gespür dafür, wenn jemand einen Vorbehalt ihm gegenüber hatte. Schon in seiner Studentenzeit, als er in Kiel zu einem „Clique“ genannten Freundeskreis zählte, der aus Studenten verschiedener Fakultäten bestand und deren Kern eine Sammlung von Märchen und Sagen aus den Herzogtümern Schleswig und Holstein begann, hat er seine eigene Wirkung auf die Freunde nie reflektiert. Obwohl er mit den Brüdern Mommsen mehrere Semester in einer Studentenbude hauste und mit ihnen eine Wohngemeinschaft bildete, sind ihm die Vorbehalte nie bewusst geworden, die von Seiten der Brüder gegen ihn erhoben und auch im Freundeskreis besprochen wurden. Storm galt in diesen Jahren als selbstverliebt und arrogant; an seinen Vorstellungen von Freundschaft hielt er aber in großer Naivität fest. Wenn sich frühere Freunde abwandten oder zumindest auf Distanz gingen, ignorierte er dies völlig.[26]

Auch während seiner drei Jahre in Potsdam, als er von 1853 bis 1856 aktives Mitglied im Tunnel über der Spree war, täuschte er sich über den Eindruck, den er auf den engeren Kreis um Fontane machte, in kaum nachvollziehbarer Weise.[27] Storms Naivität zeigte sich zum Beispiel darin, dass er andere Menschen nicht so wahrnahm, wie sie ihm begegneten, sondern sich schnell ein Bild von ihnen schuf, das von der Art der Literarisierung in seinen Texten war. Dabei orientierte er sich auch an literarischen Modellen des späten 18. Jahrhunderts, als der literarische Freundschaftskult noch in Blüte stand.[28] In ihm wurde in freier Wahl ein neues soziales Umfeld erprobt, in dem sich der Einzelne frei entfalten konnte. Unabhängig von den Bindungen an die Herkunft konnte so eine neue bürgerliche Beziehung durch das Prinzip der Seelenverwandtschaft gestiftet werden. Wenn es zur räumlichen Trennung kam, wurde der Brief zum wichtigsten Mittel, um die Freundschaften zu pflegen.

Später hat Storm seine persönliche Bekanntschaft mit Mörike idealisiert und in seine Wahrnehmung von Mörikes Privatsphäre einen Zusammenhang von biographischen und poetischen Lebenselementen projiziert. Dabei hat er übersehen, dass dies eher seinem eigenen Konzept der Einheit von Kunst und Leben entsprach als der Wirklichkeit. Seine Söhne Hans und Ernst Storm hat er während ihrer Studienzeit mehrfach zu den Mörikes geschickt.

 

1863 widmete Storm die Novelle „Auf der Universität“ Eduard Mörike, auch diesmal ohne Resonanz des verehrten Mannes. Noch einmal versuchte Storm, den Gedankenaustausch mit Mörike wiederzubeleben; nachdem sein Dankesbrief für die tröstenden Worte zum Tode seiner Frau Constanze ebenfalls unbeantwortet blieb, schrieb er ein letztes Mal an den Stuttgarter Poeten und schickte ihm am 10. November 1870 eine Photographie mit Widmung, aber auch dieser Versuch konnte Mörike nicht umstimmen.

 

Theodor Storm 1868. Photo von Rudolph Ström, Husum. Mit der handschriftlichen Widmung auf der Rückseite: "Seinem lieben alten Eduard Mörike mit herzlichem Gruß. Husum, 10 Oktbr 1870. ThStorm“[29]

Als Eduard Mörike im Juni 1875 gestorben war, wurde Storm von einer Zeitschriftenredaktion aufgefordert, einen Nekrolog zu schreiben. Er lehnte dieses Ansinnen zunächst ab, begann aber im Sommer 1876 mit der Niederschrift seiner Erinnerungen, die er zunächst der „Deutschen Rundschau“ anbot. Die Redaktion lehnte ab, so dass „Meine Erinnerungen an Eduard Mörike“ im Januar 1877 in „Westermanns Monatsheften“ erschienen.

Bei dieser Arbeit konnte er nicht nur auf seine Erinnerungen an den Besuch in Stuttgart Mitte August 1855 zurückgreifen, er hatte sich auf der Rückfahrt „im Eisenbahnwagen auf der Reise von Stuttgart nach Heidelberg“ am 16. August einige Notizen gemacht, die er nun verwendete, um seine Erinnerungen aufzufrischen.[30]

Inwieweit ihm dies gelungen ist und ob der zwanzig Jahre nach den Ereignissen geschriebene Essay mit den Tatsachen, wie sie Theodor Storm erlebt hat, übereinstimmt, können wir an einem Brief vom 28. September 1856 überprüfen, den Storm nur sechs Wochen nach diesen Tagen an seine Husumer Freunde Hartmuth und Laura Brinkmann geschrieben hat.[31]

Auffällig an diesem Brief ist, wie Storm noch in unmittelbarer zeitlicher Nähe den Besuch beschreibt. In vier Abschnitten umreißt er die Wohnung Mörikes und seine Bewohner; aufschlussreich sind die Adjektive, die er hier verwendet: einfach, behaglich, gut; schlank, edel, schön; sanft, schelmisch herzlich; scheu und fein sowie kränklich und hypochondrisch. Damit beschwört er eine bestimmte Atmosphäre herauf, die man als vollständige Idylle bezeichnen kann.

Der Essay selber beginnt mit einer langen Einleitung, in der Storm ausführlich seine schulische Sozialisation beschreibt, um dann das Leseerlebnis der Lyrik Mörikes als Teil seines Bildungsganges während der letzten Schuljahre und seines Studiums darzustellt. Er charakterisiert sein Leseerlebnis des „letzten Lyrikers von zugleich ursprünglicher und durchstehender Bedeutung“ mit den Worten:

Da war Tiefe und Grazie, deutsche Innigkeit verschmolz oft mit antiker Plastik, der rhythmisch bewegte Zug des Liedes und doch ein klar umrissenes Bild darin; die idyllischen, vom anmutigsten Humor getragenen Stücke der Sammlung von farbigster Gegenständlichkeit und doch vom Erdboden losgelöst und in die reine Luft der Poesie hinaufgehoben. (LL 4, S. 471.)

Storm steigert die Bedeutung dieses Leseerlebnisses, indem er behauptet: „Man sah durch diese Gedichte wie durch Zaubergläser in das Leben des Dichters selbst hinein, […].“ (LL 4, S. 472) Und in einer der erhaltenen Entwurfshandschriften vom August 1876 findet sich die Notiz über Storms Gespräche mit Mörike: „Das war mir wie ein Blick in des Dichters geheimste Werkstatt; […].“ [32]

Nach einer Charakterisierung der Mörikeschen Poesie unter der Leitfrage „woher kommt es, daß Mörike selbst in Betreff der Gedichte noch heute ein so kleines Publikum hat?“ nennt Storm als unzeitgemäße Aspekte im Werk Mörikes das Phantastische, Wunderbare und Idyllische, Attribute, die das Werk nach seiner Ansicht gerade auszeichnen, aber für das zeitgenössische Lesepublikum nicht mehr aktuell sind. (LL4, S. 474) Außerdem fehle dem Publikum die nötige humanistische Vorbildung, um jenen Teil der Dichtungen Mörikes zu verstehen, in der er etwas „der antiken Dichtung abgelauscht“ habe. (LL 4, S. 475)

Im weiteren Verlauf benutzt Storm den Mörike-Essay nur noch zur Selbstdarstellung; er leitet sie ein durch eine Anekdote, nach der Mörike Storms Gedicht von den Katzen häufig auswendig zitiert habe, worauf seine Zuhörer dies für eine Ballade des Schwaben gehalten hätten. So stellt er sich auf eine Ebene mit dem älteren Vorbild und kann nun die persönliche Begegnung als Zusammentreffen gleichberechtigter Dichter stilisieren und den Freundschaftsbund zwischen beiden Familien genüsslich ausmalen, indem er sämtliche Details der gegenseitigen Beschenkungen und die lobende Wahrnehmung von persönlichen Charakterelementen als umfassende und wechselseitige Seelenverwandtschaft darstellt, in die neben den Ehefrauen auch Mörikes Schwester, die Kinder beider Familien und Storms Eltern einbezogen werden. Dies geht so weit, dass Storm sogar die einander doch sehr fremden Freundschaftskreise in seine Darstellung mit einbezieht und sogar gemeinsame Lese-Erfahrungen mit der Lyrik Heinrich Heines konstatiert. Den Höhepunkt und Abschluss dieser Apotheose der Freundschaft bildet eine Szene, in der Mörike Storm eine Gabe für dessen Frau Constanze überreicht. Storm schreibt in seinen „Erinnerungen“:

 

Beim Abschiede empfing ich als Gastgeschenk von Frau Gretchen aus der Garderobe des Haustöchterchens ein Paar gestrickte Schühchen für meine gleichaltrige kleine Tochter[33], von Mörike für meine Frau eine Art schelmischen Schönheitsdiploms, ein zierlich, jedoch verkehrt auf Glanzkarton gedrucktes Gedicht, wodurch die Adressatin genötigt wird, damit vor den Spiegel hinzutreten:

      »Und was kein Schmeichler ungestraft gewagt,
      Ihr eigen Bild hat es ihr nun gesagt.« (LL 4, S. 487)

 

Für den Leser des Essays bleibt vielleicht ein Bild in Erinnerung: Mörike und Storm Arm in Arm spazieren durch Stuttgart, zwei Dichterfreunde in poetischem Gleichklang wie Goethe und Schiller auf dem berühmten Denkmal in Weimar. Dort steht das eherne Doppelstandbild der beiden Dichter in zeitgenössischer Kleidung, über drei Meter hoch und dann auch noch auf einem zweieinhalb Meter hohen Sockel. Darauf steht: „Dem Dichterpaar Goethe und Schiller. Das Vaterland“. Goethe hält den Lorbeerkranz in Händen und schaut gelassen geradeaus, Schiller mit einer Manuskriptrolle in der Linken hat das Haupt etwas angehoben und blickt nach oben. So repräsentieren die beiden in ihrer olympischen Geste die deutsche Klassik.

In der Gemeinschaft von Storm und Mörike hingegen begegnen sich schwäbische Herzlichkeit und plattdeutsche Unbekümmertheit. Storm erzählt:

Noch sehe ich ihn mit meinem Vater, den alten Poeten und den alten Advokaten, in aufmerksamer Betrachtung vor der Schiller-Statue stehen; Beide die Hüte in den Nacken gerückt; der Eine mit einem Regenschirm, der Andere mit seinem spanischen Rohr unter dem Arm. Plötzlich wendet Mörike sich zu mir und sagt mit großer Herzlichkeit: »Wisse Sie was? Ihr Herr Vater hat so was von einem alte Schweizer!« Dies Kompliment, wofür er es ansehen mußte, da ihm die Schweizer nur als ideale Gestalten aus Schiller's Tell bekannt waren, konnte mein Vater unmöglich annehmen. »Ach wat«, rief er lachend in unserem Plattdeutsch, »ick bün man en Westermöhlner Burjung!« Möglich, daß das nun wieder Mörike nicht verstanden hat. (LL 4, S. 486)

Dieses poetische Bild ist der biedermeierliche Gegenpol zum hehren Pathos der Weimarer Klassik.

 

Im Dezember 1876 schickte Storm an Mörikes Witwe Margarethe die Buchausgabe seiner drei Novellen „Ein stiller Musikant“, „Psyche“ und „Im Nachbarhause links“ mit einem freundlichen Brief, dann sandte er Anfang 1877 ein Exemplar seiner „Erinnerungen an Eduard Mörike“ ebenfalls an dessen Witwe; damit eröffnete Storm einen Briefwechsel, der bis wenige Tage vor seinem Tod fortgesetzt wurde.

Die Korrespondenz zwischen beiden ist sehr familiär, zwar schreibt Storm unbekümmert über seine Novellistik, obwohl Frau Mörike dazu kaum etwas sagen kann und von Storms poetischen Überlegungen deutlich überfordert ist, aber er hält an der Familienfreundschaft fest, von der er sich wohl auch intime Details vom Leben Mörikes und über seine Familienbeziehungen erhofft hatte. Zugleich war ihm auch an den Briefen gelegen, denn Storm sammelte Briefwechsel und versuchte, nach dem Tode eines Briefpartners seine eigenen Briefe zurück zu bekommen.

Während der nächsten zwölf Jahre wurden fast 60 Briefe gewechselt, die interessante Einblicke in die familiäre Entwicklung der Mörikes und der Storms ermöglichen. Beide Briefpartner schickten einander Familienfotos, die sich zum Teil in den jeweiligen Nachlässen befinden.

Storm schreibt am 20. Oktober 1880 an Margarethe Mörike: „Sehr, und das ist kein bloßes Wort, würde es mich freuen, wenn ich Ihre Bilder erhalten könnte; Mörike’s und Ihrer beiden Töchter Kinderbilder sind in meinem Album; bekäme ich nun Ihr und Ihrer Fanny Mädchenbild dazu; dann hätte ich ein vollständiges Mörike-Folium.“ Dieses Album, in dem Storm auch Photographien der Familien seiner übrigen Freunde sammelte, ist nicht erhalten, nur einzelne Bilder daraus lassen sich heute noch im Storm-Archiv nachweisen.

   

Mörikes Töchter Marie und Fanny[34] (1866)

Die Photographien von Margarethe Mörike und ihren beiden heranwachsenden Töchtern[35] wurden als Weihnachtsgruß mit dem Brief vom 23. Dezember 1880 in Storms Altersvilla nach Hademarschen in Holstein geschickt.

     

Margarethe Mörike (um 1876) zwischen ihren Töchtern

Theodor Storm bedankte sich für die Familienbilder Anfang Januar 1881 mit einer Photographie, die im Dezember des Vorjahres im Atelier von Carl Andersen, Neumünster angefertigt worden war. Dies Bild versah er mit der Widmung „Frau Margarethe Mörike mit herzlichem Gruß. Hademarschen, 1. Januar 1881. Theodor Storm."[36]

Theodor Storm im Dezember 1879. Photographie von Carl Andersen, Neumünster.

Im Mörike-Nachlass sind weitere Photographien aus der Storm-Familie vorhanden, die Storm in den nächsten Jahren an Margarethe Mörike schickte, darunter eines seiner zweiten Frau Dorothea[37] und zwei seiner Töchter[38].

        

Dorothea Storm, geb. Jensen (nach 1870) zwischen Friederike und Gertrud Storm (links) und Elsabe Storm[39] (rechts)

Ein zweites Familienbild, das Dorothea Storm mit ihrer Schwester Friederike zeigt[40], kündigte er in seinem Brief vom 23. August 1881 für den Herbst an.

Darüber hinaus schickte er seine eigene Photographie[41], die im Juli 1886 in Hademarschen aufgenommen worden war. Sie zeigt uns den bereits greisen Dichter zwei Jahre vor seinem Tod.

  

Theodor Storm 1886; Friederike Storm[42] und Dorothea Storm, geb. Jensen

 

Wenn auch der von Storm angeregte und engagiert forcierte Briefwechsel mit den Mörikes nicht in der gewünschten Weise zum Austausch über literarische und private Herzensangelegenheiten führte, so hat die Beziehung zwischen den beiden so unterschiedlich lebenden Familien mit ihren mitunter entgegengesetzten Mentalitäten zumindest dazu geführt, dass eine Reihe von Familienfotos erhalten blieben, die sonst für die Nachwelt verloren wären.

Doch noch einmal zurück zu der Bedeutung, die Mörike für den Dichter Storm hatte, der im Alter darüber klagte, die Welt wisse immer noch nicht, „daß ich zu jenen wenigen Lyrikern gehöre, die die neue deutsche Literatur besitzt: zu unserm alten Asmus Claudius, und Göthe, zu Uhland und Eichendorf, Heinrich Heine und Eduard Mörike.“[43]

Mörikes „Gedichte“ gehören neben Heinrich Heines „Buch der Lieder“ zu den wichtigsten Anregungen, die dem jungen Dichter aus Husum eine poetische Stimmung vermittelten: Sie halfen ihm, sich von der traditionellen Phrase seiner frühen Lyrik zu emanzipieren und sich zu einem selbständigen Ton zu entwickeln.

Was macht den Kunstcharakter von Storms Gedichten aus? Im Vorwort zu seinem „Hausbuch aus deutschen Dichtern seit Claudius“ hat er es folgendermaßen dargestellt[44]: „Der bedeutendste Gedankengehalt aber, und sei er in den wohlgebautesten Versen eingeschlossen, hat in der Poesie keine Berechtigung und wird als toter Schatz am Wege liegen bleiben, wenn er nicht zuvor durch das Gemüt und die Phantasie des Dichters seinen Weg genommen und dort Wärme und Farbe und wo möglich körperliche Gestalt gewonnen hat. – An solchen toten Schätzen sind wir überreich.“ Und Storm führt das Gemeinte in seinem Vorwort weiter aus: „Von einem Kunstwerk will ich, wie vom Leben, unmittelbar und nicht erst durch die Vermittlung des Denkens berührt werden; am vollendetsten erscheint mir daher das Gedicht, dessen Wirkung zunächst eine sinnliche ist, aus der sich dann die geistige von selbst ergibt, wie aus der Blüte die Frucht.“ Genau diese sinnliche Unmittelbarkeit hat er in der Lyrik Eduard Mörikes empfunden und deshalb galt sie ihm als so bedeutend, dass er sie in eine Reihe mit Heinrich Heines und natürlich der eigenen Lyrik stellen konnte.

In dieser Gedicht-Sammlung druckte Storm mehrere Gedichte Mörikes. Die Anzahl der von den jeweiligen Autoren aufgenommenen Texte schwankt von einem bis 24. Mörike gehört zu den Autoren, von denen die meisten Gedichte aufgenommen wurden, es sind 12; mehr verzeichnen lediglich Eichendorff, Heine, Rückert und Uhland.

Im Einzelnen handelt es sich um folgende Texte:

 

Nachts

Schön-Rothraut

Früh, wann die Hähne krähn

Rosenzeit, wie schnell vorbei

Früh im Wagen

Die Soldatenbraut

Peregrina

An meinen Vetter

Ach nur einmal noch im Leben

Restauration

Der alte Thurmhahn

Lose Waare

Denk es, o Seele

Erinna an Sappho

 

Spätere Anthologien wie Echtermeyer, von Wiese oder Conrady haben andere Akzente gesetzt. Hier soll nur festgestellt werden, dass die Auswahl der Gedichte Eduard Mörikes das Bild dieses Lyrikers spiegelt, das sich Theodor Storm von ihm gemacht hatte, und dies zeigt die ganze Breite des Mörike’schen Œvres. Ein Exemplar der ersten Ausgabe schickte Storm auch an Eduard Mörike, der wiederum nicht darauf reagierte.[45] In der illustrierten Ausgabe von 1875 wurden 19 der 70 Autoren durch Portraits hervorgehoben; auch Mörike ist darunter. Eine Besonderheit stellt folgende Anmerkung dar, die Storm unter die erste Seite mit Gedichten des Schwaben gesetzt hat[46]: „Es kann noch immer nicht stark genug betont werden, daß Mörikes Gedichte in keiner Bibliothek fehlen dürften, in der unsere poetische Literatur wenn auch nur andeutungsweise vertreten ist.“

Der Illustrator dieser Ausgabe war der junge Maler Hans Speckter aus Hamburg[47]. Für seine Portrait-Zeichnungen, die Vorlagen für die Holzstiche in der Prachtausgabe waren, verwendete er Photographien. Am 16. Februar 1874 schrieb Storm an Speckter: „Mörike will ich bei Prof. Scherer in Stuttgart nachforschen; ich glaube, es existirt ein schönes Knabenbild von ihm; eine Photographie aus seinem Alter befindet sich in ‚Seegers Deutsch. Dichterbuch aus Schwaben‘ Stuttgart. E. Ebner 1864.“ Scherer schickte an Storm ein Bild Mörikes, das dieser Speckter für seine Zeichnung auslieh und später in seinem Album neben anderen Fotos aus der Mörike-Familie aufbewahrte. Bei diesem Bild handelt es sich um eine Portrait- Photographie im Carte-deVisite-Format von Friedrich Brandseph, die dieser wahrscheinlich 1864 in Stuttgart aufgenommen hat. Speckters Zeichnung für das „Hausbuch“ beruht auf dieser Photographie.

 

  

Mörike[48] auf einer Carte-de-Visite-Photographie und die Illustration im „Hausbuch“

 

Storm hat viel dazu beigetragen, das Werk Mörikes zu popularisieren, und als sein Freund Paul Heyse plante, den Deutschen Novellenschatz herauszugeben, lobte Storm ihn ausdrücklich dafür, dass er „Mozart auf der Reise nach Prag“ aufnehmen wollte[49], von der Mörike ihm ein Widmungsexemplar geschenkt hatte, das er nach eigenem Bekunden immer wieder mit großem Vergnügen gelesen hat. In vielen Briefen an Freude und Kollegen hat er sich über Mörikes Werke, die er und seine Familienmitglieder wieder und wieder lasen, positiv geäußert. Mörikes Einfluss auf die frühen Dichtungsversuche des Kieler Studenten Storm ist mindestens so bedeutsam wie der Einfluss, den Heines Gedichte auf den Schüler am Lübecker Katharineum hatten.[50]

In den Entwurfspapieren zu seinem Mörike-Essay hat Storm im Jahre 1876 geschrieben[51]:

Ich habe ihm viel zu danken; nicht nur für die Erquickung, die mir immer wieder, nun seit über einem Menschenalter, aus seiner Dichtung fließt, auch dafür, daß er durch diese einer meiner Lehrer in der Erkenntniß des Wesentlichen und des Schönen gewesen ist.

 

Anmerkungen


[1] Um Bildmaterial erweiterte Fassung eines Vortrags am 25. September 2009 in Ludwigsburg. Für die Bereitstellung der Abbildungsvorlagen danke ich den Mitarbeitern des Deutschen Literaturarchivs, Marbach, der Schleswig-Holsteinischen Landesbibliothek, Kiel und des Storm-Archivs, Husum.

[2] Eduard Mörike: Gedichte. Stuttgart und Tübingen 1838; Iris. Eine Sammlung erzählender und dramatischer Dichtungen. Stuttgart 1839; Maler Nolten. Novelle in zwei Theilen. Stuttgart 1832.

[3] Die Briefe werden zitiert nach der Ausgabe: Theodor Storm – Eduard Mörike. Theodor Storm – Margarethe Mörike. Hg. von Hildburg und Werner Kohlschmidt. Berlin 1978.

[4] Der Band „Sommergeschichten und Lieder“ (Berlin 1851) enthält neben Gedichten die Erzählungen „Im Saal“, „Der kleine Häwelmann“, „Posthuma“, „Marthe und ihre Uhr“ und „Immensee“. Das Buch ist Constanze Storm, geb. Esmarch (1825-1865) mit dem Datum ihres 25. Geburtstages am 5. Mai 1850 gewidmet.

[5] Eduard Mörike: Classische Blumenlese Eine Auswahl von Hymnen, Oden, Liedern, Elegien, Idyllen, Gnomen und Epigrammen der Griechen und Römer. 1. Band (mehr nicht erschienen). Stuttgart 1840. Eduard Mörike: Maler Nolten. Novelle in zwei Theilen. Stuttgart 1832.

Eduard Mörike: Idylle vom Bodensee oder Fischer Martin und die Glockendiebe. In sieben Gesängen. Stuttgart 1846.

[6] Eduard Mörike: Das Stuttgarter Hutzelmännlein. Märchen. Stuttgart 1853. Von den Schriften Mörikes, die in Storms Bibliothek standen, existiert heute nur noch ein Exemplar der „Idylle vom Bodensee“ (Stuttgart 1846) im Husumer Storm-Archiv.

[7] Storm hatte Mitte März 1852(!) dieses Portrait bestellt und dann am 5. Mai Constanze geschenkt. Vergl. den Brief an Brinkmann vom 22.3.1852. Theodor Storm Hartmuth und Laura Brinkmann. Briefwechsel, hg. von August Stahl. Berlin 1986.

[8] In: Hanns Wolfgang Rath (Hg.): Briefwechsel zwischen Theodor Storm und Eduard Mörike. Stuttgart o.J. (1919), Tafel 4.

[9] Theodor Storm. Gedichte. Kiel 1852.

[10] Die Illustration auf der Vorderseite von Storms erster Gedichtausgabe ist eine Illustration zu dem Gedicht „In Bulemanns Haus“ und stammt – wie die Illustration zum „Oktoberlied“ auf der Rückseite des Einbandes von − Hugo Bürkner.

[11] Das „Album für Constanze“ befindet sich im Storm-Archiv Husum; außer der drei Scherenschnitte der Familie Mörike enthält es „Früh wenn die Hähne krähen“ in Mörikes Handschrift (datiert: „Stuttgart 21. April 1854“), Karl Mayers „Manch bunter Blumenknaul“, Justinus Kerners „Weiß nicht, woher ich bin gekommen“ und Ludwig Uhlands „Die linden Lüfte sind erwacht“. Diese Autographen hat Mörike für das Album beschafft.

[12] Einblattdruck 1839 bei Etzel in Stuttgart; Widmungsexemplar aus Storms Besitz in der Schleswig-Holsteinischen Landesbibliothek Kiel.

[13] Scherenschnitte von Luise Walther. In: Album für Constanze, Storm-Archiv Husum.

[14] Theodor Wagner, Portrait- und Genremaler, Schüler der Berliner Akademie.

[15] Brief von Mitte Oktober 1854.

[16] In: Hanns Wolfgang Rath (Hg.): Briefwechsel zwischen Theodor Storm und Eduard Mörike. Stuttgart o.J. (1919), Tafel 3.

[17] Vergl. Gerd Eversberg: Storm-Portraits. Bildnisse von Theodor Storm und seiner Familie. Heide 1995.

[18] Von diesem Unikat waren bisher nur einige in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts angefertigte Repro-Fotos bekannt; das Original galt als verschollen. Vergl. Rüdiger Articus: „und typen lassen will ich mich auch“. Die Daguerreotypien von Theodor Storms Braut und Ehefrau Constanze Esmarch. In: Gerd Eversberg (Hg.): Dichter und ihre Photographien. Frühe Photos aus der Storm-Familie und aus dem Freundeskreis. Heide 1999, S. 43-65; hier S. 48ff. Die Original-Daguerreotypie konnte Anfang 2010 vom Storm-Archiv aus Privarbesitz erworben werden und wird hier im jetzigen Zustand gezeigt.

[19] Beilage zum Brief Storms an Mörike vom Okt./Nov. 1854.

[20] Constanze Esmarch um 1846; Photographie im Carte-de-Visite-Format nach der Daguerreotypie von C.F. Stelzner (?); dieses Repro-Photo wurde – wie ein Brief Storms an seinen Berliner Freund Ludwig Pietsch vom 10. Dezember 1865 vermuten lässt −, von Richard Menzels Frau in Berlin hergestellt. Blätter der Freundschaft. Aus dem Briefwechsel zwischen Theodor Storm und Ludwig Pietsch. Mitgeteilt von Volquart Pauls. 2. Aufl., Heide 1943. In den 1880er Jahren wurden von dieser Daguerreotypie weitere Reproduktionen des Husumer Photographen H. Knittel mit einer großzügigeren Vignettierung im Kabinett-Format hergestellt (Storm-Archiv, Husum).

[21] Constanze Storm. Zeichnung von Ludwig Pietsch 1861. Privatbesitz; Foto: Storm-Archiv, Husum.

[22] Storm berichtet davon ebenfalls in seinem Brief an Pietsch.

[23] Photo von G. F. Krauß, Stuttgart (nach einer Daguerreotypie, die Ende Dezember 1852 in Berlin aufgenommen wurde). In: Ludwig Seeger (Hg.): Deutsches Dichterbuch aus Schwaben [...]. Mit sechszehn photographirten Dichterportraits. Stuttgart 1864, nach S. 424. Vergl. Michael Davidis: Freunde und Zeitgenossen Theodor Storms in der Photographischen Sammlung des Schiller-Nationalmuseums in Marbach. In: Gerd Eversberg (Hg.): Dichter und ihre Photographien. Frühe Photos aus der Storm-Familie und aus dem Freundeskreis. Heide 1999, S. 33-42, hier S. 35.

[24] Storm berichtete über seinen Besuch bei Mörike („ich logirte bei M“) ausführlich in seinem Brief an Hartmuth und Laura Brinkmann vom 29. September 1855. Theodor Storm − Hartmuth und Laura Brinkmann. Briefwechsel, hg. von August Stahl. Berlin 1986.

[25] Vergl. dazu die Einleitungen in die Briefeditionen von Rath und Kohlschmidt, die Erklärungen für das Scheitern der persönlichen Beziehung zwischen Mörike und Storm suchen.

[26] Vergl. Theodor Storms Briefwechsel mit Theodor Mommsen, hg. von Hans-Erich Teitge. Weimar 1966.

[27] Dokumentiert bei Roland Berbig: „Der Unstern über dem Tannhäuser-Rütli.“ Franz Kuglers Briefe an Theodor Storm. In: Schriften der Theodor-Storm-Gesellschaft 42 (1993), S. 115-139.

[28] Vergl. Gerd Eversberg: „Bürgers trunkene Liebesphantasie.“ Theodor Storm und Gottfried August Bürger. In: Storm-Blätter aus Heiligenstadt 13 (2007), S. 29-61.

[29] Theodor Storm 1868. Photo von Rudolph Ström, Husum. Deutsches Literaturarchiv Marbach.

[30] Der Essay „Meine Erinnerungen an Eduard Mörike“ ist mit den überlieferten Entwurfspapieren in der Briefausgabe von Hildburg und Werner Kohlschmidt abgedruckt. Eine kritische Edition ist enthalten in: Theodor Storm, Sämtliche Werke in 4 Bänden, hg. von K. E. Laage und D. Lohmeier. Bd. 4, Frankfurt a.M. 1988 (im Folgenden wird danach zitiert als „LL 4“), S. 470-487; hier S. 486.

[31] Theodor Storm − Hartmuth und Laura Brinkmann. Briefwechsel, hg. von August Stahl. Berlin 1986.

[32] Zitiert nach nach der Edition bei Kohlschmidt, S. 158.

[33] Lisbeth Storm wurde am 10. Juni 1855 in Heiligenstadt geboren.

[34] Die beiden Kinderbilder von Marie (links) und Fannny Mörike von September 1866 sind nicht im Storm-Nachlass erhalten; hier Hanns Wolfgang Rath (Hg.): Briefwechsel zwischen Theodor Storm und Eduard Mörike. Stuttgart o.J. (1919), Tafel 13 und Tafel 14.

[35] Diese Photographien sind im Storm-Nachlass nicht mehr vorhanden; die Abbildungen ebenfalls nach Hanns Wolfgang Rath; links Fanny Mörike 1874 (Tafel 22), in der Mitte Margarethe Mörike um 1876 (Tafel 20), rechts Marie Mörike, 1874 (Tafel 21).

[36] Das Photo ist im Mörike-Nachlass des Deutschen Literaturarchivs Marbach nicht mehr vorhanden; hier nach Hanns Wolfgang Rath, Tafel 1 (Frontispiz).

[37] Dorothea Storm nach 1870. Photo von H. Schwegerle, Lübeck. Deutsches Literaturarchiv Marbach.

[38] Zu den drei Mädchen (links) schreibt Storm an Margarethe Mörike am 24/25 September 1882: „die rechts (vom Beschauer) Stehende ist unsre 17jährige Gertrud, die etwas finster gerathen ist, die links mit etwas zu viel Vortrag Sitzende Dodo, getauft Friederike; letztere das eingeborne Kind meiner guten Do, erstere das letzte Kind aus meiner Ehe mit Frau Constanze und das, welches ihr das Leben kostete; die Beiden halten sehr zusammen. Das säulengleich in der Mitte stehende starke Mädchen ist eine Bekannte von ihnen, Tochter eines hiesigen Arztes, die ich in den Kauf geben muß.“ Photographie von J. Constabel, Hanerau. Deutsches Literaturarchiv Marbach.

[39] Elsabe Krey, geb. Storm, Foto von Schmidt & Wegener, Kiel. Deutsches Literaturarchiv Marbach.

[40] Dorothea Storm und ihre Schwester Friederike 1881. Photographie von J. Constabel, Hanerau. Storm-Archiv, Husum.

[41] Theodor Storm im Juni 1886. Photo von Gotthilf Constabel, Hanerau. Deutsches Literaturarchiv Marbach.

[42] Friederike war mit Theodor Storms Bruder Johannes verheiratet und wohnte ebenfalls in Hademarschen.

[43] Theodor Storm: Entwürfe einer Tischrede zum 70. Geburtstag. Zitiert nach LL 4, S. 489.

[44] Zitiert nach LL 4, S. 393. Das „Hausbuch“ erschien erstmals 1870 im Verlag W. Mauke Söhne, Hamburg. Vergl. das Nachwort von Gerd Eversberg und Walter Hettche zum Reprint: „Hausbuch aus Deutschen Dichtern seit Claudius […]“. Husum 1991, S. 481ff.

[45] Brief Theodor Storms an seinen Sohn Ernst vom 19. Januar 1871. Theodor Storm – Ernst Storm. Briefwechsel. Hg. von David Jackson. Berlin 2007.

[46] Hausbuch aus deutschen Dichtern seit Claudius. Eine kritische Anthologie von Theodor Storm. Erste illustrirte Ausgabe. Mit Holzschnitten nach Originalzeichnungen von Hans Speckter ausgeführt von H. Kaeseberg. Leipzig 1875, S. 272.

[47] Vergleiche zur Entstehung der Illustrationen: Theodor Storm – Hans Speckter. Briefwechsel, hg. von Walter Hettche, Berlin 1991.

[48] Eduard Mörike, Carte de Visite von F. Brandseph, um 1870 in Storms Besitz; Storm-Archiv, Husum.

[49] Theodor Storm – Paul Heyse. Briefwechsel. Hg. von Clifford Albrecht Bernd. 3 Bde. Berlin 1969/70/74. Brief vom 19. November 1871; Bd. 1, S. 41f.

[50] Vergl. Gerd Eversberg: Theodor Storm als Schüler. Mit vier Prosatexten und den Gedichten von 1833 bis 1837 sowie sechs Briefen. Heide 2006.

[51] Theodor Storm –Eduard Mörike. Theodor Storm – Margarethe Mörike. Hg. von Hildburg und Werner Kohlschmidt. Berlin 1978, S. 156.

 

 „Ein Blick in des Dichters geheimste Werkstatt.“ Theodor Storms Mörike-Bild. Mit Photographien und Bildern aus den Nachlässen der Dichter. In: Schriften der Theodor-Storm-Gesellschaft 59.2010, S. 105-126.