Briefe an Susanne                                                                   Kommentar

 

113. Gerhard E.                                                Solingen, 29.12.64

Meine Liebe!

Große Freude über Brief und Karte – herzlichen Dank!

Ebenso Freude, daß es Euch gelungen ist, trotz Winterwetter, gesund über die Autobahn zu fahren.

Man kann nicht behaupten, daß wir keinen Winter hätten, es hat heute wieder geschneit. Ich schlafe fast den ganzen Tag, so langweilig ist es hier. Du fehlst mir, so kann ich die Freuden des abendlichen Imschneestehensundfrieren nicht auskosten – schade! Sogar sehr schade!

Heute besuchte ich Manfred und begeisterte ihn für die Idee im Winter einen literarischen Abend „vom expressionismus bis dada“ zu veranstalten, besonders der Dadaismus soll charakterisiert werden. (soll – sollte!)

Wie Du siehst, brauche ich bald wieder Schule, um das Schreiben an meine Hand zu gewöhnen – ich bin aus der Übung.

Amüsiere Dich gut, trinke nicht so viel und ein glückliches neues Jahr – viel fällt Gerhard nicht mehr ein – (?) so? – grotesk – „doch wahr“ – sinnlose Leere im Kopf – denke zuviel an Dich – oh oh

Hoffe auf baldiges Wiedersehen und den Frühling.

(1007) Tausendundsieben Küsse – Gerhard.

 

[Anlage]

 

Das Turbulenzich wird gefressen

Das Außendu kämpft ganz versessen

Es kann den Weltsturm nicht vergessen

Wir dürfen so nicht sein!

 

Der Auswurfhang bricht schon zusammen

Woher die Sonnebrüche stammen

Wir können es doch nicht verdammen

Denn der Triumph ist dein!

 

Wenn dann die Welten berstend brechen

Und Satelliten Abstand rächen

Wir alle mit der Wollust zechen

Dann bleibt der Wille klein!

 

Das grüne Sein denkt Einsamkeit

Vergessen ist die Heiterkeit

Neu ist entstanden unser Leid

Uns fehlt die Kraft allein!

 

Wir schwören Welteneid hinaus

Wir reißen ab das alte Haus

Zerreißen Ketten gehen hinaus

Wir dürfen so nicht sein!