Briefe an Susanne                                                                   Kommentar

 

135. G. W. (Mutter von Brigitte)                     Pankow, den 23.11.65

Liebes Frl. Susanne!

Sie werden sicher staunen von mir Post zu erhalten, Brigitte ist aber so traurig, daß niemand mehr schreibt und da sich das bei ihr dann auch immer arbeitsmäßig auswirkt, so wollte ich nur ganz leise daran erinnern. Sie dürfen mich aber nicht verraten, daß ich an Sie geschrieben habe. Nach Ihrem letzten Schreiben haben Sie ja auch so schöne Fahrten vor, daß da schon ein Brief in Vergessenheit geraten kann. Frl. Christiane hat sich auch nicht mehr gemeldet und da hier unser Leben sehr eintönig ist, so vermisst Brigitte die Post besonders. Am 26.12. wird sie 18 Jahre, also volljährig, da habe ich sie schon geärgert und gesagt, sie muss sich nun selbst ernähren. (Von 81.– M monatl. etwas beschwerlich). Ihr Leben ist so abwechslungsreich und Brigittes so eintönig und gerade sie ist ein Mensch der immer mitgerissen werden muss. Also liebes Frl. Susanne schreiben Sie bald und spornen Sie auch einwenig zum Lernen an, denn sie ist begabt nur sehr faul, es liegt wohl auch daran, daß sie zu wenig mit jungen Menschen zusammen ist.

Verraten Sie mich bitte nicht und lassen Sie bald einmal von sich hören. Herzliche Grüße auch an Fr. Christiane. Ihre G. W.