Briefe an Susanne                                                                   Kommentar

 

213. Gerhard E.                                                Solingen, den 7.7.67

Nun habe ich mich aufgerafft, Dir zu schreiben. Mein Vater liegt schon fast 14 Tage im Krankenhaus, und ich muß ihn sozusagen vertreten. Das hat natürlich den Vorteil, nun etwas zu tun zu haben. Wir waren froh, als meine Großeltern wieder abgefahren sind, denn alte Leute machen – bei aller Liebe – viel Mühe. Gestern war ich in Köln, um mich beim Tutor eines Studentenwohnheims vorzustellen, bei dem ich mich beworben hatte. Sehr wahrscheinlich bekomme ich ein Zimmer, allerdings mit jemandem zusammen. Das Dümmste ist, daß in Köln ab jetzt für Germanistik ein numerus clausus eingeführt wird. Da aber die Formulare für die Anmeldung erst Mitte des Monats herauskommen, weiß ich noch nichts Genaues. Das Wintersemester aber beginnt schon am 15. Oktober und nicht erst im November.

Wenn ich so auf das heutige Datum sehe, muß ich feststellen, daß bald die Hälfte Deines Aufenthalts in England zuende ist. Gott sei Dank! Wie ist denn das überhaupt mit Deinem Zimmer in Köln? Weißt Du schon, wie die Semestereinteilung geregelt ist u.s.w.? Das würde mich wegen der Ferien 68 interessieren.

Kannst Du mir erklären, welcher Idiot Englisch erfunden hat? Wenn das dieser blöde Shakespeare war, sollte man ihn prügeln und dann zur Bundeswehr schicken! Warte nur, wenn Du wieder hier bist, ich lasse Dich nicht mehr aus den Augen, hast Du verstanden?

Letzten Samstag haben wir abends noch bei Dietmar gesessen und gesoffen. Um halb zwölf kam einer auf die Idee, schwimmen zu gehen. Darauf wurde die Mannschaft in ein Auto verladen und bei einem Baggerloch bei Monheim wieder ausgeladen. Nach langem Marsch durch Getreidefelder war endlich das Wasser erreicht. Das war vielleicht prima. Um 3 Uhr war ich endlich zu Hause. Mit Axel murkse ich gerade am Urfaust rum in der Hoffnung, daß der Chef nun nach dem Abitur endlich anfängt zu proben. Wenn Axel tatsächlich das Bühnenbild macht, wird es eine tolle, aber avantgardistische Aufführung.

Neulich habe ich bei Bücher-Bäcker groß eingekauft. Man hat da Taschenbücher, die angestaubt waren, zu 1-2 DM verkauft.

Bei dem Gedanken an Dich werde ich immer wütend, da Du so unerreichbar bist. Ich träume schon nur noch von Dir. Verflucht, warum vergeht die Zeit so langsam? Es ist zum Koooo!!!

Mach Dir nichts aus meiner Schrift und Ausdruck,

ich liebe Dich so!

Viele Grüße, Dein Gerhard.

 

[Anlage]