Briefe an Susanne                                                                   Kommentar

 

222. Lore E.                                                       Solingen, am 20. Juli 1967

Meine liebe Susanne!

Daß ich mich über Ihren Brief sehr gefreut habe, mochte ich gleich an den Anfang meines Schreibens setzen. Meinen besten Dank erhalten Sie schreibmaschinegeschrieben, und als Entschuldigung mochte ich meine unleserliche Schrift anführen.

Ihre Schilderungen des dortigen Familienlebens haben hier im kleinen Familienkreis große Heiterkeit und teilweise Bedauern ausgelost. Aber wie ich Sie kenne, Susanne, werden Sie mit den kleinen Schwierigkeiten schon gut fertig. Es wird allerdings auch Momente geben, in denen Sie lieber nicht dort sein würden. Da der Aufenthalt in England aber nicht von langer Dauer ist, werden auch die kleinen Unannehmlichkeiten schnell vorüber sein.

Ich stelle mir vor, daß England in diesem Sommer sehr schon sein muß, denn witterungsmäßig ist es in diesem Jahr sehr günstig. Dr. Puschner ist jetzt aus London zurückgekommen und war des Lobes voll über den Eindruck, den die Hauptstadt bei Sonnenschein auf ihn gemacht hat.

Gerhard wird Ihnen schon geschrieben haben, daß er nun vom Bund entlassen ist, Gott sei Dank, kann ich da nur sagen. Jetzt wartet er noch immer auf die Zusendung der Steuerkarte, ohne die er ja keine Beschäftigung aufnehmen kann.

Fraulein Luthner dankt für die Grüße und erwidert diese. Dies ist also die Brücke zu Kjellberg. Wir sitzen hier im Büro, schauen in den schonen blauen Himmel (anstatt auf die Arbeit) und träumen vom Strandbad und dem Urlaub. Allerdings ist unser Arbeitsraum recht kühl und die Arbeit geht gut von der Hand. In den oberen Regionen (2. Etage) schwitzt man mehr, denn dort scheint ja die Sonne den ganzen Tag über in die Fenster. Langsam beginnt die Fa. Kjellberg mit Personaleinsparungen, und so sehe ich bis jetzt keine Möglichkeit, daß wir im Herbst noch einige Zeit miteinander arbeiten werden. Allerdings kann sich die wirtschaftliche Lage schnell andern, so daß bis dahin alles wieder besser lauft.

Während des Krankenhausaufenthaltes meines Mannes war Gerhard mir eine große Hilfe. Er hat mir die täglichen kleinen Pflichten abgenommen, die so unerläßlich sind.

Mein Rekonvaleszent fühlt sich wieder ganz wohl und läßt Sie grüßen. Zum Zeugnisausteilen geht er in der übernächsten Woche wieder in die Schule, und dann fahren wir gemeinsam gen Süden und lassen den armen Gerhard samt Felix zu Hause. Unsere Felix macht eine Abmagerungskur durch, sie verliert ihren dicken Pelz und frißt nicht, so daß sie ganz schlank geworden ist. Morgens muß ich sie die Treppe hinauf tragen, sonst kommt sie gar nicht in die Wohnung.

Über die Neuigkeiten von hier sind Sie sicher durch Gerhard bestens informiert, so daß mir nur übrig bleibt, Ihnen weiterhin einen angenehmen Aufenthalt und schone Ferien in England zu wünschen.

Es grüßt Sie recht herzlich

Ihre Lore E.