Briefe an Susanne                                                                   Kommentar

 

232. Rosemarie W.                                            Solingen, den 4. August 1967

Liebe Susanne

Nachdem wir Deinen Brief aus Carlisle und den Brief vom 2.8. aus Reading erhalten haben, sind wir doch recht froh, daß Du bei Deiner bisherigen Adresse bleibst. Inzwischen bist Du doch schon 3 Monate mit der Familie zusammen, warum soll es nicht auch den letzten Monat klappen. In den Ferien bist Du natürlich mehr im Hause, dann kann es überall mal Spannungen geben, selbst in einer Ehe, und das ist auch gut so, denn man sagt: „Ein Gewitter reinigt die Luft“. Und wenn dann nachher ein offenes Wort gesprochen wird, dann sieht die Welt wieder viel klarer aus. Zudem musst Du auch daran denken, daß Du in einer Familie lebst, und nicht im Hotel, da muß man sich schon eher anpassen. Also noch mal, wenn es eben geht, bleibe dort, und macht Euch das Leben nicht schwer. –

Daß Du nun die schönen Tage verleben konntest, kannst Du ja auch Familie Andrews verdanken, und ich machte mir Sorge, als Dein erster Brief von Carlisle ankam. So soll Dir dies eine Lehre sein, nie im Voraus etwas zu beurteilen. –

Nun muß ich gestehen, daß es eine lange Zeit war, daß wir Dir nicht schreiben konnten, und es gibt doch immer manches zu erzählen. Gerhard war mal hier, und hat mir erzählt, daß er von der Bundeswehr entlassen und im Oktober das Studium beginnt. Er scheint aber noch immer zu Hause zu sein ohne Arbeit. Michael E. hat mir die Bilder gezeigt von London. Sie waren doch recht klein. Sollen wir dir den Photoapparat schicken? Samstag traf ich in der Stadt vor Laubachs alle Urlauber, die beiden S.s, Reinhard N. und Gerhard. Ich habe mich gefreut, mit ihnen zu plaudern. Was nun unser Kommen nach England betrifft, so sind wir uns da noch nicht einig. Schicke doch einmal einen Prospekt von einem Hotel mit Preis. Die Überfahrt mit der Fähre von Ostende nach Dover und zurück würde DM 320,- kosten. Die Dauer der fahrt ist 3¾ Stundenzu bestimmten Zeiten. Wie weit ist es von Dover nach London, und dann London bis Reading? Schreibe das einmal genau.

Gerade kommt Vati nach Hause und sagt, daß Herr Blasberg im September im Urlaub ist. Also ist noch alles in Frage gestellt.; ob es überhaupt möglich ist, daß er sich freimachen kann. Herr Wasner ist ab Montag in Urlaub für 4 Wochen und Frau Hotopp für 3 Wochen. Ob nun der Urlaub oder die Wirtschaftslage zeichnet sich im Geschäft sehr ab. Vati macht sich berechtigt oder unberechtigt viel Sorgen, so daß seine Nerven mehr als strapaziert sind, und dabei oft auch meine. Opa tut auch sein Übriges dazu beitragen. Deshalb werde ich auch nichts mehr von Deinem Geburtstag sagen. Vielleicht kannst Du ihn bei Deiner Rückkehr daran erinnern. Wenn Du wieder hier bist, kannst Du Deinen Geburtstag ja vielleicht auch noch hier ein wenig feiern. Es wäre schön, wenn dann das Wetter noch so schön wäre, wie in den letzten Wochen. Wir hatten eine unheimlich anhaltende Hitze, die oft sehr drückend war. Temperaturen von ca. 30° waren täglich.

Und bei dieser Hitze (im Auto noch mehr) sind wir vorige Woche in Köln gewesen auf dem Gemeindeamt in Lindental. Der Küster schickte uns zur Gemeindeschwester nach Sülz zur Terstegenkirche gleich um die Ecke von der Schule. Wir haben uns eine Stunde unterhalten können mit der Schwester und unsere Adresse dagelassen. Aber auch die ging in Urlaub, nun müssen wir sehen, ob sie durch Vertretung uns helfen kann. Wir wollen unser bestes tun, denn es ist sehr schwer, zumal die Heime schon für das nächste Semester Aufnahmeschluß haben. –

Das Geld von 400.- DM schickt Vati heute noch ab. Alles extra Arbeit, sonst hätte es Frau Hotopp noch vor den Ferien erledigen können. So wirst Du es erst in 12 Tagen bekommen. Wenn Du Geld hast, zahle aber pünktlich. Ordnung muß sein. Sonntag rufen wir Dich um 10½ Uhr deutscher Zeit an.

Mit herzlichen Grüßen und einem Küsschen

Mutti und Vati.