Briefe an Susanne                                                                   Kommentar

 

233. Rosemarie W.                                            Solingen, den 9. August 1967

Liebe Susanne!

Heute kam Dein Brief vom 7. d.M. schon an. Darin mussten wir allerdings feststellen, daß Du Dich schon sehr mit der Heimreise beschäftigst. Ein wenig Heimweh? Auch ich habe ein wenig Heimweh nach Dir, auf daß unsere kleine Familie noch komplett wird. Aber das sind natürliche Reaktionen und das ist gut so. Auch hier in Solingen ist im Moment gar nichts los. Alles hat Ferien oder fährt noch in die Ferien. Geschäfte geschlossen, Lokale geschlossen, eine trostlose Lage. In der Stadt war Ausverkauf, die Schaufenster zeigten nur ein lebhaftes Durcheinander. Da versäumst Du wirklich nichts. Da hättest Du auch mit Deinen Bekannten kaum Unterhaltungsmöglichkeiten, weil eben alles trostlos ist. Es ist ja schade, daß Du auch dort in der Schule Ferien hast, und dann so lange. Nun nehmen wir doch an, daß Du Deine Ferienarbeiten in der Schule nach verwerten willst, so daß Du im September noch einige Wochen dort zur Schule gehst? Ich hielte das für wichtig, wo Du einmal dort bist.

Deine Verdauungsbeschwerden finde ich doch bedenklich in Deinem jungen Alter. Lebe bloß etwas danach, indem Du gekochtes Obst isst, besonders Apfelmus, oder Joghurt. Die Pillen werde ich Dir noch schicken, ebenso den Photoapparat, in dem noch ein neuer Dia-Film ist. Wir werden es mit der normalen Päckchen-Post senden.

Heute ging per Flugpost ein kleines Geburtstagspaket ab. Wenn es früher ankommt als am 15. öffne es gleich So ganz ohne soll doch der Tag nicht verlaufen. Wir nehmen schon an, daß für diesen Tag irgend etwas inszeniert ist. Noch eine Überraschung! Aufgrund Deines Briefes ließ Dir Opa DM 200.- überweisen. Das Geld ging am 7. oder 8. d.M. ab. Mit Deinem geplanten Kaufen in London haben wir doch einige Bedenken. Wenn solche Sachen an die Heimatadresse geschickt werden, so kannst Du außer Paketgebühren auch noch Zoll bezahlen. Dann hast Du nichts verdient, und entsprechen die Sachen der hiesigen Mode? Denn Du wirst sie ja hier tragen. Also denke mal darüber nach.

Daß Familie Andrews ihre Zimmer anbieten, finden wir trotz allem rührend. Vati sagt, ich soll herüberfliegen. Aber im Moment sehe ich das als unmöglich an. Doch warten wir erst mal alles ab.

Für heute alles Liebe für Dich, mit herzlichen Grüßen und Küssen immer Deine

Mutti und Vati.

Vati bekam gestern Eilpost zugestellt von Roland S. Er musste sich vorstellen, weil Vati ihn nicht erkannte.