Briefe an Susanne, Kommentar                                             Brieftext

 

123. Brigitte W. und Mutter                            Berlin-Pankow, 4.7.1965

nach Stahl- und Walzwerk Riesa an der Elbe] VEB Stahl- und Walzwerk Riesa. Der Betrieb war der VVB (Z) Vesta Leipzig (Produktion und Verarbeitung von Roheisen, Stahl und Walzwerkerzeugnissen) angegliedert.

ins Riesengebirge] Das Riesengebirge (polnisch Karkonosze, tschechisch Krkonoše) ist das höchste Gebirge der Sudeten an der Grenze zwischen Polen und Tschechien; in DDR-Zeiten war es ein beliebtes Urlaubsgebiet, in dem man in den 1960er Jahren auch die Grenzen überschreiten konnte.

Selbst wenn man nur nach der UdSSR oder nach der CSSR fahren kann] Sowjetunion Reisen ins westliche Ausland war den Bürger der DDR untersagt; dagegen waren Reisen in die „Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken“ und in die „Tschechoslowakische Sozialistische Republik“ erlaubt.

Was hältst du von den Notstandsgesetzen?] Die Notstandsgesetze wurden am 30. Mai 1968, in der Zeit der Großen Koalition, vom Bundestag gegen den Widerstand der außerparlamentarischen Opposition verabschiedet. Sie änderten das Grundgesetz zum 17. Mal und fügten eine Notstandsverfassung ein, welche die Handlungsfähigkeit des Staates in Krisensituationen (Naturkatastrophe, Aufstand, Krieg) sichern soll. Eine Große Koalition aus SPD und CDU (1966–69) verfügte über die notwendige Zweidrittelmehrheit und sah die Schaffung der Notstandsgesetze als notwendige Regelung an. Vor der Abstimmung gab es heftige Auseinandersetzungen mit den Gegnern der Gesetze, vor allem der FDP, Studentengruppen, dem Kuratorium „Notstand der Demokratie“ und den Gewerkschaften. Kurz vor ihrer Verabschiedung demonstrierten Zehntausende in Bonn gegen die neuen Gesetze, die als nicht hinnehmbare Eingriffsmöglichkeit der Staatsorgane in die Grundrechte abgelehnt wurden.