Feldpost aus Japan
 


Japanische Carte Postale; beschriftet: Feld-Postbrief! 11. An/ Herrn Schiffer T. Hauschildt/ jun./ Grünendeich/ Post Steinkirchen/ Kreis Jork.
Marineschiffsstempel 23: KAIS. DEUTSCHE/ MARINE/ SCHIFFSPOST/ 01/12/ 00
und Eingangsstempel STEINKIRCHEN/ 17.1.01. 11-12V.

Der Marine-Schiffspost-Stempel No 23 war dem Linienschiff Wörth zugeteilt und wurde vom 30.07.1900 bis 09.08.1901 verwendet.

Nagasaki d. 1.12.1900
Liebe Eltern! Sende Euch von diesem schönen Orte eine Carte, hier kann man sich schön amisieren aber leider ist die schöne Zeit bald wieder vorüber denn wir fahren am 18.12. schon wieder nach Wonsung. Da werden wir Weihnachten feiern. Brief folgt mit nächster Post, sonst alles wohl. Viele herzliche Grüße von E. Gustav.



Promenade am Hafen von Nagasaki


Zur Sicherung nationaler Handelsinteressen im ostasiatischen und südpazifischen Raum wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts von der deutschen Marine ein Kreuzergeschwader nach Ostasien entsandt. Zu dieser Zeit verfügte die deutsche Marine im Pazifik noch nicht über eigene Stützpunkte. Daher waren die Schiffe bei Reparaturen und der Brennstoffversorgung auf fremde Häfen angewiesen, was oftmals Wartezeiten und hohe Kosten mit sich brachte. 1897 besetzte die Kaiserliche Marine die Bucht von Kiautschou und den Hafens von Tsingtau und erklärte diese Gebiete zu deutschen Kolonien.
Im Frühjahr und Sommer 1900 führten die Attacken der Boxerbewegung gegen Ausländer und chinesische Christen zu einem Krieg zwischen China und den Vereinigten acht Staaten (Deutsches Reich, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Österreich-Ungarn, Russland und USA), der mit einer Niederlage der Chinesen und dem Abschluss des sogenannten „Boxerprotokolls“ im September 1901 endete.


http://www.deutsche-schutzgebiete.de/boxeraufstand_taku-forts.htm


Zur Verstärkung des Ostasiengeschwaders wurden Im Juli 1900 von Wilhelmshaven aus sechs Marine-Regimenter nach China geschickt. Die Expedition bestand aus dem Panzerschiff Wörth und ihren drei Schwesternschiffen, sechs Kreuzer, zehn Frachter und drei Torpedobooten. Die vier Schiffe dieser Wörth-Klasse waren die ersten mit Funk ausgestatteten Schiffe der deutschen Marine und die ersten deutschen Kriegsschiffe, die in größerem Umfang mit einer Nickelstahlpanzerung im Schiffsgürtel von bis zu 40 cm Dicke ausgestattet waren. Die Anordnung der schweren Artillerie von sechs 28-cm-Geschützen in drei Doppeltürmen auf der Mittschiffslinie ermöglichte Breitseitenfeuer mit allen Geschützen nach beiden Seiten.



Linienschiff S.M.S. „Wörth“, Brandenburg-Klasse

Bei der Verabschiedung eines Teils der deutschen Truppen am 27. Juli in Bremerhaven hielt Kaiser Wilhelm II. seine berüchtigte Hunnenrede:

Die Chinesen haben das Völkerrecht umgeworfen, sie haben in einer in der Weltgeschichte nicht erhörten Weise der Heiligkeit des Gesandten, den Pflichten des Gastrechts Hohn gesprochen. Es ist das um so empörender, als dies Verbrechen begangen worden ist von einer Nation, die auf ihre uralte Kultur stolz ist. Bewährt die alte preußische Tüchtigkeit, zeigt euch als Christen im freundlichen Ertragen von Leiden, möge Ehre und Ruhm euren Fahnen und Waffen folgen, gebt an Manneszucht und Disziplin aller Welt ein Beispiel. Ihr wisst es wohl, ihr sollt fechten gegen einen verschlagenen, tapferen, gut bewaffneten, grausamen Feind. Kommt ihr an ihn, so wisst: Pardon wird nicht gegeben. Gefangene werden nicht gemacht. Führt eure Waffen so, dass auf tausend Jahre hinaus kein Chinese mehr es wagt, einen Deutschen scheel anzusehen. Wahrt Manneszucht.

Die Flotte fuhr über Gibraltar ins Mittelmeer, am 26. und 27. Juli durch den Suezkanal und erreichte über Colombo und Singapur am 28. August Honkong. Die Wörth erhielt den Auftrag, die Ausschiffung des deutschen Expeditionskorps bei Fort Taku an der Mündung des Flusses Hai He in Nordostchina unweit von Peking zu decken. Die Panzerschiffe ankerten Anfang September in Wusung (engl. Wusong, Woosung) einem Hafen am Huangpu-Fluss, der durch die Shanghai fließt und am Unterlauf, kurz vor dem Meer, in den Jangtsekiang mündet.



Künstler-Postkarte (moderner Nachdruck) ohne weitere Angaben (Quelle: Collection Herbert Kalbitz).

Die Postkarte des deutsche Marinesoldaten Gustav Hauschildt an seine Eltern wurde (wahrscheinlich von einem Postschiff des Norddeutschen Lloyd) von Nagasaki in Japan durch das Südchinesische Meer und den Indischen Ozean, den Golf von Aden sowie das Rote Meere bis Port Said und dann durch den Suezkanal ins Mittelmeer transportiert. Von dort ging es um Gibraltar nach Norden durch den Englischen Kanal bis ins die Nordsee und nach Hamburg. Die Anschrift „Grünendeich/ Post Steinkirchen/ Kreis Jork“ bezeichnet einen Verwaltungsbezirk im Alten Land der Provinz Hannover, auf der linken Elbseite gegenüber von Hamburg.

Während des Boxeraufstandes waren zeitweise bis zu 250 Kriegsschiffe aus 12 Ländern in China im Einsatz, davon 24 Kriegsschiffe der Kaiserlichen Marine. Von den 70.000 Mann Landungstruppen stammten 17.000 aus dem Deutschen Reich. Nach der Niederschlagung des Boxeraufstandes wurden die vier Schlachtschiffe nach Hongkong und Nagasaki zur Überholungen geschickt. Die Wörth lag vom 30. November bis Ende Dezember in Nagasaki. Am 27. Dezember kehrte sie nach Wusung zurück, von wo aus sie bis am 18. Februar 1901 nach Tsingtau verlegt wurde. Das Schlachtschiff Wörth und der Rest der Flotte blieben dann im April und Mai in Shanghai. Die Flotte verließ die chinesischen Gewässer am 1. Juni und erreichten Helgoland am 11. August, wo sich der Verband auflöste. Die Wörth kehrte daraufhin in ihren Heimathafen Wilhelmshaven zurück.




Karte: Brockhaus‘ Konversations-Lexikon 1895.

Das Verhalten der alliierten Interventionstruppen stieß in der Heimat nicht nur auf Zustimmung. Vor allem aus sozialistischen und liberalen, teilweise auch aus kirchlichen Kreisen wurden Vorbehalte gegen die Intervention geäußert. Nach Meinung der Kritiker hatten die Soldaten unter dem Vorwand, die Zivilisation schützen zu wollen, selbst gegen die humanitären Grundsätze dieser Zivilisation verstoßen. Besonders die Hunnenrede Wilhelms II. wurde im In- und Ausland heftig wegen der darin enthaltenen Äußerung kritisiert, kein Pardon zu geben und keine Gefangenen zu machen.

 

"Angeführt von einem Missionar schlagen die europäischen Mächte den chinesischen Boxeraufstand (1900/1901) nieder. -- Karikatur von Théophile Alexandre Steinlen. In: L'Assiette au Beurre. -- Nr 47 (1902-02-28)


(Text unter Verwendung von Wikipedia: Boxeraufstand, SMS Wörth – englische Version, Ostasiengeschwader)