Von Solingen nach Westafrika und wieder zurück

Was ein Briefumschlag zu erzählen hat

Postbelege aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts enthalten mehr Informationen als ihre modernen Nachfolger; damals war es üblich, dass die Postbehörden neben den Entwertungsstempeln zusätzliche Abdrücke zu Dokumentationszwecken auf den Briefen, Karten und anderen Postsachen anbrachten. Für den Philatelisten eröffnen sich dadurch interessante Möglichkeiten, die Wege eines Postbelegs nachzuvollziehen und Details über die zeitgenössischen postalischen und politischen Verhältnisse der Länder zu erforschen, die ein solches Objekt durchquert hat.

Unter einer Reihe von Belegen aus der Zeit, als einige europäische Staaten Kolonien in Afrika besaßen, befindet sich ein Brief, der im Jahre 1893 von Deutschland nach Westafrika geschickt wurde, dort nicht an seinen Empfänger ausgehändigt werden konnte und daher zurück ins Deutsche Reich befördert wurde. Fast fünf Monate war er unterwegs und hat dabei mehr als zwanzigtausend Kilometer zurückgelegt.

 

Obwohl der Briefumschlag am oberen Ende beschnitten wurde, weist er fast zwanzig gestempelte und handschriftlich angebrachte Hinweise auf, die es erlauben, seinen Weg genau zu rekonstruieren und sogar den Grund für seine Unzustellbarkeit zu ermitteln.

Der Brief wurde von Mitarbeitern einer Stahlwarenfabrik aus der Klingenstadt Solingen aufgegeben; das Couvert hat später jemand beim Öffnen oben abgeschnitten, so dass der Firmenname nicht mehr lesbar ist. Die Vorderseite zeigt eine bedarfsgerechte Frankatur  mit zwei Briefmarken des Deutsche Reichs, Reichsadler im Kreis („Krone/Adler“) 1889, 10 Pfennig, rotkarmin (Michel-Katalog Nr. 47); das Briefporto (Briefe bis 15 g) nach Übersee betrug 20 Pfennige. Zwei Rundstempel des Postamts Solingen 1 vom 21. Juni 1893 wurden als Entwertungsstempel auf die Briefmarken gesetzt.

Adressiert ist der Brief an „Herrn W. Langheld/ Stanley Falls/ Africa“. Vermutlich wurde der Vermerk „Congostaat“ in Blaustift von einem Beamten des Postamts Solingen angebracht. Links oben ist mit roter Tinte vermerkt: „Retour á Matadi“; Französisch ist die offizielle Sprache des Weltpostvereins: „Zurück nach Matadi“.  Der blaue Stempel in der oberen Mitte „REBOUT“, wörtlich Ausschuss, bedeutet „Unzustellbare Sendung“. Die Adresse wurde später mit grüner Tinte durchgestrichen und über dem Adressaten „Zurück 17/11“ hinzugefügt.

Auf der Rückseite kann man sieben verschiedene Post-Stempel zur Dokumentation und ein handschriftlicher Vermerk mit roter Tinte erkennen. Da sind sechs blaue Stempelabdrücke: BANANA, 30 JUIL 1893; BOMA, 31 JUIL 1893; LÉOPOLDVILLE, 24 (?) AOUT 1893; MATADI, 11 SEPT 1883 (zweimal) sowie BOMA, 11 SEPT 1893 und außerdem ein schwarzer Stempel der Deutschen Schiffspost (verschmiert und undeutlich), die Linie und das Datum sind nicht lesbar. Schließlich sehen wir den Dokumentationsstempel des Postamts Solingen 1 vom 13.11.1893. Ein weiterer handschriftlicher Vermerk mit roter Tinte lautet: „Rentré en Europe/ Matadi 11/9 93/ Meunidec“

Aus diesen Daten lässt sich der Postweg rekonstruieren. Der Brief, der vermutlich von der 1873 gegründeten Stahlwarenfabrik Hermann Konejung stammt – Reste des abgeschnittenen Firmen-Logos lassen darauf schließen –, die unter anderem Rasiermesser und Rasierutensilien herstellte und in alle Welt exportierte, wurde am Mittwoch, dem 21. Juni 1893 im Postamt Solingen 1 abgestempelt und danach mit der Eisenbahn über Ohligs nach Hamburg befördert. Dort wurde die Post nach Afrika auf ein Schiff der Woermann-Linie A. G., Hamburg verladen. Diese Rederei schickte um die Wende des 19. zum 20. Jahrhundert auf 13 verschiedenen Linien regelmäßig monatlich 14 Dampfschiffe von Hamburg nach der Westküste Afrikas, und zwar zwei Dampfer auf der Kamerun-Hauptlinie, die den Schnelldienst für Post und Passagiere nach der deutschen Kolonie Kamerun besorgten, je einen Dampfer auf der Kongo-Linie und unterhielt weitere Schiffsverbindungen nach Südafrika. Die Reise von Hamburg über Madeira, Monrovia (Liberia), Lomé (Togo), Lagos (Nigeria) und Victoria in Kamerun dauerte ca. vier Wochen.

Für unseren Brief endete die Seereise an der Anlegestelle Banana an der Mündung des Kongos, des zweitgrößten Flusses Afrikas. Banana ist heute eine Hafenstadt in der Demokratischen Republik Kongo. Sie liegt nördlich der Mündung des Kongos am Atlantischen Ozean. Ungefähr 20 km südlich der Stadt befindet sich die Grenze zu Angola, dahinter das angolanische Soyo. Die Stadt Banana gehört zur Verwaltungseinheit Kongo Central und zählt zu den ältesten Siedlung; hier landete man in den 1890er Jahren die Post an, die für das Gebiet um den Kongo bestimmt war.

Der Kongostaat (État Indépendant du Congo), – so steht es in Meyers Großen Konversations-Lexikon von 1905 – war ein unter Souveränität des Königs von Belgien stehendes 2.334.600 qkm großes Gebiet mit etwa 19 Millionen Einwohnern. Mit seiner nur kleinen Küstenstrecke am Atlantischen Ozean wird es im Norden von Portugiesisch-Kabinda und Französisch-Kongo, im Osten von Britisch-Ostafrika, Deutsch-Ostafrika, im Süden von Britisch-Zentralafrika-Protektorat und Portugiesisch-Angola eingeschlossen.

Das Gebiet zerfällt in drei natürlich begrenzte Abschnitte: in das Gebiet des obern Kongo (2.200.000 qkm), in das des untern Kongo (12.500 qkm) und in die dazwischen liegende, 400 km breite Zone der Fälle. Im allgemeinen eben, nur von einzelnen, mäßig hohen Bergzügen durchsetzt, wird es vom Kongo in seiner vollen Länge durchzogen und stößt östlich an die Westufer des Albert-, Albert Edward-, Kiwu-, Tanganjika- und Meru-Sees.

Die Bevölkerung gehört den Bantuvölkern an. Im allgemeinen nicht kriegerisch, treiben sie Ackerbau, Fischfang, Jagd und sind geschickt in der Verarbeitung von Holz, Ton, Pflanzenfasern, Stein, Eisen, Messing, Kupfer und Elfenbein zu Hausgeräten und Waffen, zum Teil auch in der Weberei (Baluba). Warenhandel wird von vielen mit Geschick betrieben. Zwischen Kongo und Schari finden sich Sudânneger, im Nordosten die Niam-Niam und Mangbattugruppe.

Soweit die wichtigsten Informationen aus dem alten Konversationslexikon, dem folgende Karte beigegeben ist:

Der Kongostaat war Mitglied des Weltpostvereins und gab eigene Marken heraus; das Postwesen war nach belgischem Vorbild organsiert und wurde auch von Beamten aus Europa geleitet. So gelangte unser Brief von der Landestelle Banana nach Boma, der zweiten Hauptstadt des Freistaats. Von 1886 bis 1929 war Boma der Verwaltungssitz des Kongo-Freistaats bzw. ab 1908 der Kolonie Belgisch-Kongos. Die Stadt liegt an der Nordseite des Flusses Kongo in der Provinz Niederkongo. Unter Philatelisten ist sie vor allem dank der Taubenpostlinie Boma – Banana aus dem Jahre 1905 bekannt. 1893 wurde der Brief aus dem Deutschen Reich innerhalb eines Tages nach Boma befördert und auch die nächste Etappe bereitete kaum Schwierigkeiten, da die Entfernung Boma – Matadi nur 120 km beträgt und eine Straße vorhanden ist.

Matadi ist die Hauptstadt der Provinz Bas-Congo; die Stadt liegt am linken Ufer des Kongo, etwa auf halber Strecke zwischen dem Atlantik und der heutigen Hauptstadt Kinshasa. Der Kongo ist bis zu dieser Stelle landeinwärts schiffbar.

Die nächste Etappe stellte die Post vor andere Probleme; um den Brief nach Léopoldville zu transportieren, waren 18 Tagesmärsche durch eine wilde Naturlandschaft nötig. Die Stadt heißt heute Kinshasa und ist das politische, wirtschaftliche und kulturelle Zentrum der Demokratischen Republik Kongo, Sitz der kongolesischen Regierung, des Parlaments, aller staatlichen Zentralbehörden sowie zahlreicher diplomatischer Vertretungen. Der Ort wurde am 3. Dezember 1881 von Henry Morton Stanley als Handelsposten gegründet und zu Ehren des damaligen belgischen Königs Leopold II. Léopoldville genannt.

Betrachten wir noch einmal die Adresse auf unserem Brief: „Stanley Falls“. Bei Léopoldville gibt es den Stanley Pool (heute Pool Malebo) von wo aus der Kongo schiffbar ist; die Wasserfälle aber, die in der Adresse gemeint sind, liegen rund 200 km flussaufwärts und waren damals von Léopoldville nur mit aufwändigen Expeditionen erreichbar. Außerdem war dieses Gebiet in den Jahren um 1893 noch umkämpftes Stammesgebiet, in das nur schwer bewaffnete Truppeneinheiten vordringen konnten. An eine Beförderung des Briefes zu den Stanley Fällen war also nicht zu denken. Das ist wohl der Grund dafür, dass der Brief in Léopoldville mit dem Vermerk „Retour á Matadi“ („Zurück nach Matadi“) versehen und als unzustellbar auf demselben Wege zurückexpediert wurde.

Bevor wir ihn allerdings auf diesem Rückweg begleiten, soll das eigentliche Ziel genauer unter die Lupe genommen werden; dazu finden wir umfangreiche Informationen bei Wikipedia. Heute wäre dieses Ziel die Stadt Kisangani, auch als Boyoma bezeichnet, die nahe der eindrucksvollen Stanley-Wasserfälle (Boyoma-Wasserfälle) liegt und die Hauptstadt der kongolesischen Provinz Oriental ist.

Eine Folge von sieben Katarakten am Oberlauf des Kongo wird als Boyomafälle bezeichnet. Bis zum Ende des zwanzigsten Jahrhunderts waren sie bekannter als Stanleyfälle, benannt nach ihrem Entdecker Henry Morton Stanley. Der Fluss überwindet im ersten und im siebten Katarakt jeweils knapp fünf Höhenmeter, die übrigen Stromschnellen sind niedriger. Insgesamt hat die Kataraktstrecke eine Länge von etwa 100 Kilometern und eine Höhendifferenz von rund 60 Metern.

Stanley Falls bei Kisangani

Henry Morton Stanley gründete im Dezember 1883 auf einer Insel im Kongo nahe dem kleinen Ort die Stanley Falls Station, wo der schottische Techniker Mr. Binnie als Repräsentant des Kongo-Freistaates und Betreiber der Handelsstation zurückblieb.

 

Henry Morton Stanley (1841-1904)

Fünf Jahre lang war Stanley offiziell Vertreter des Belgischen Königs im Kongo und begann mit dem Bau einer Piste von der Mündung des Flusses Kongo entlang der Kongofälle, 200 km lang, bis Stanley Pool. Bei diesem Projekt kamen viele der zwangsweise rekrutierten Einheimischen um. Stanleys teilweise rücksichtsloses Vorgehen wurde in England stark kritisiert und brachte ihm den afrikanischen Spitznamen Bula Matari („der die Steine bricht“) ein.

In den 1880er Jahren wurden in Deutschland Stimmen laut, die eine verstärkte Kolonialpolitik forderten. Reichskanzler Otto von Bismarck lehnte dies zunächst ab, da er sich außenpolitisch auf Europa konzentrieren wollte. Doch der Wirtschaft fehlten angeblich neue Absatzmärkte, die den anderen europäischen Kolonialmächten bereits großen Reichtum einbrächten. Auch erhofften sich viele Unternehmer eine Schwächung der erstarkenden Arbeiterbewegung durch eine Auswanderungskampagne mit Ziel der Besiedlung eines „deutschen Indiens“ in Übersee, wo es angeblich glänzende Entwicklungsmöglichkeiten gäbe. Diese Idee fiel auf fruchtbaren Boden in nationalistisch gesinnten Kreisen des Bürgertums und des Adels.

Leopold II. von Belgien (1835-1909)

Dem Belgischen König Leopold gelang es, Frankreich und Deutschland davon zu überzeugen, dass ein gemeinsames Handeln in Afrika in aller Interesse sei. Otto von Bismarck, der deutsche Reichskanzler, lud die Vertreter der USA, des Osmanischen Reiches und der europäischen Mächte zu einer Konferenz nach Berlin ein. Die Konferenz trat am 15. November 1884 im Reichskanzlerpalais in der Wilhelmstraße zusammen. Stanley nahm als technischer Berater der amerikanischen Delegation teil, hatte aber wenig Einfluss. Die Konferenz endete am 26. Februar 1885 mit der Unterzeichnung der Kongoakte durch die beteiligten Staaten. Leopold II. hatte einen großen Triumph erzielt, da er seinen weitgehend durch Raub zusammengebrachten Privatstaat völkerrechtlich bestätigt bekam.

 

Kongokonferenz vom 15. November 1884 bis zum 26. Februar 1885 in Berlin

Der Kongo, das rohstoffreichste Gebiet Afrikas, war nicht in den Besitz einer Großmacht übergegangen, sondern de facto an Belgien, welches wirtschaftlich für die europäische Kontinentalpolitik kaum von Bedeutung war.

Die treibende Kraft bei der deutschen Koloniegründung war der Pastorensohn Carl Peters, der sich durch die von ihm selbst gegründeten Gesellschaft für deutsche Kolonisation den Auftrag erteilen ließ, Gebiete in Afrika in Besitz zu nehmen. Am 10. November 1884 kam Peters mit Begleitern in Sansibar an. Er reiste getarnt, da sein Vorhaben gegenüber den Briten und dem Sultan von Sansibar unentdeckt bleiben sollte.

Biwak „Kriegsbilder aus dem Araberaufstand in Deutsch-Ostafrika“ von Hugold von Behr, F.A. Brockhaus, Leipzig 1891

Wenig später wurden die ersten „Schutzverträge“ mit regionalen Herrschern auf dem Festland abgeschlossen, mit der die Kolonisationsgesellschaft ihre Ansprüche auf Gebiete im heutigen Tansania begründete, deren eigentlicher Sinn von den unterzeichnenden Häuptlingen jedoch zumeist nicht verstanden wurde. Reichskanzler Bismarck war zunächst gegen die Gründung der Kolonie und hatte die deutsche Vertretung in Sansibar angewiesen, Peters keine Unterstützung zu gewähren. Als Peters aber mit seinen Verträgen nach Berlin zurückkehrte und eine mögliche Vereinbarung mit dem belgischen König Leopold andeutete, lenkte der Kanzler aus innenpolitischen Gründen ein und erließ 1885 den ersten durch Kaiser Wilhelm I. unterzeichneten Schutzbrief, der die Besetzung ostafrikanischer Gebiete legitimierte.

Stanleys Expeditionen; rot Expedition 1871-72; grün Expedition 1874–77; blau Expedition 1888-89

Die Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft hatte nun unter der Leitung von Carl Peters den erforderlichen Rückhalt des Deutschen Reiches und weitete den Bereich ihrer durch „Schutzverträge“ gewonnenen Ansprüche aus. Am 29. Oktober 1886 einigten sich dann Deutschland und Großbritannien über die Abgrenzung ihrer Einflusssphären in Ostafrika; dabei wurde die Souveränität Sansibars vereinbart und der Besitz des Sultans auf einem 10 Meilen breiten Festlandsstreifen anerkannt.

Im Jahre 1891 wurde Peters zum Reichskommissar für das Kilimandscharogebiet ernannt. Gegen das brutale Vorgehen der Vertreter der privaten „Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft“ erhob sich die ostafrikanische Küstenbevölkerung in den Jahren 1888/89 und das Deutsche Reich musste die unmittelbare Kontrolle übernehmen. Peters hatte sich afrikanische Mädchen als Geliebte genommen; als er entdeckte, dass sie ein Verhältnis mit seinem Diener hatte, ließ er beide öffentlich aufhängen und ihre Heimatdörfer zerstören. Dies und andere von Deutschen begangene Gräueltaten führte zu bewaffneter Gegenwehr der Tschagga, die über Monate niedergekämpft wurden. Die kolonialkritische Presse Deutschlands verlieh ihm den Beinamen „Hänge-Peters“.

Peters wurde 1892 nach Deutschland zurückbeordert, wo man ihn von 1893 bis 1895 im Kolonialministerium beschäftigte, während gegen ihn Ermittlungen durchgeführt wurden. Die Untersuchungen des kaiserlichen Disziplinargerichts endeten 1897 mit der unehrenhaften Entlassung aus dem Reichsdienst unter Verlust seines Titels und seiner Pensionsansprüche.

Und nun kommt der Adressat unseres Briefes ins Spiel, ein gewisser W. Langheld, der sich allerdings im Sommer 1893 nicht an den Stanley Falls aufhielt, sondern ein paar hundert km östlich vom Oberlauf des Kongo am Tanganjikasee.

Wilhelm Langheld (1867-1917)

Langheld war ein deutscher Offizier und Repräsentant der Kolonialverwaltung in Ostafrika und später in Kamerun. Als junger Fähnrich trat er 1885 in das Feldartillerie-Regiment Nr. 12 ein, wurde 1886 Leutnant und 1891 in der neu gegründeten Kaiserlichen Schutztruppe für Deutsch-Ostafrika angestellt. Als Offizier der Schutztruppe nahm Langheld an den militärischen Maßnahmen zur Okkupation des ostafrikanischen Küstengebietes und an der „Emin-Pascha-Expedition“ teil. Von Februar 1891 bis April 1892 war er Stationschef von Bukoba, 1894 bis November 1895 von Muansa, dann bis 1898 von Tabora. 1893 leitete er eine militärische Expedition des „Antisklaverei-Komitees“ gegen arabische Sklavenhändler in die Gebiete westlich des Victoriasees. Langheld gehörte zu den am längsten in den deutschen Kolonien tätigen Offizieren. Seine Erinnerungen „Zwanzig Jahre in deutschen Kolonien“ (Berlin 1909) sind eine wertvolle Quelle auch zur Geschichte der deutschen Kolonialära.

Wenn wir nach Gründen für die Rücksendung unseres Briefes aus dem Deutsche Reich in den Kongostaat suchen, war dies also die unwegsame Lage der Station an den Stanley Falls, nicht aber die Tatsache, dass Wilhelm Langheld in den Sommermonaten des Jahres 1893 nicht dort anzutreffen war, denn die Postbeamten stoppten den Brief ja bereits in Léopoldville. Warum die Solinger Stahlwarenfabrikanten annahmen, dass ihr Brief diesen Geschäftspartner an dem Ort der Adresse erreichen könne, bleibt uns heute unbekannt. Möglicherweise war der deutsche Offizier aber bei einer seiner Expeditionen Anfang der 1890er Jahre bis zu den Stanley Falls gelangt.

Der unzustellbare Brief jedenfalls wurde Anfang September 1893 auf demselben Weg zurücktransportiert, auf dem er gekommen war. Am 11. September war er wieder in Matadi, wo er von dem belgischen Postbeamten Meunidec mit dem Hinweis „Rentré en Europe“ („Rückkehr nach Europa“) versehen wurde, dann erreichte er am selben Tage noch Boma und muss auf das nächste Schiff der der Woermann-Linie nach Hamburg verladen worden sein, wo er Mitte November eintraf. Am 13. November1893 wurde er aus Hamburg kommend von der Bahnpost in Solingen ausgeladen und von den dortigen Postbeamten in Empfang genommen.

Am Freitag, dem 17. November hat dann ein Mitarbeiter der Post die Adresse mit grüner Tinte durchgestrichen und hinzugefügt: „Zurück 17/11“. Damit war die Reise um den halben Erdball nach fast fünf Monaten zu Ende und der Brief hatte 145 Tage bei der Post zugebracht.