Nicht an Bord!

Ein Brief an den Dampfer "Bremen"

 

Anfang April 1937 schickte der Rechtsanwalt Dr. Roeder aus Halberstadt einen Brief an seinen Sohn Karlheinz. Er ist adressiert: Herrn/ Karlheinz Roeder/ Tourist class passenger/ s/s Bremen/ Southampton; oben links: England.

Der zweimal mit Hindenburg 12 Pf. rot, (Michel-Nr. 469) und einmal mit 1 Pfennig schwarz (Michel-Nr. 512) bedarfsgerecht frankierte Brief wurde entwertet mit zweimal Zweikreisstempel JÜTERBOG/ 2/ 2.4.37. 1-2N; darunter mit Bleistift: 25; das meint das Auslandsporto für Briefe bis 20.

Aber der Brief erreichte den Adressaten nicht. Das zeigen die vielfältigen Vermerke auf der Vorder- und der Rückseite.
Vorn ist die Adresse mit Blaustift durchgestrichen; weiter gibt es einen blauen einzeiligen Stempel ZURÜCK mit rotem Pfeil sowie einen kirschfarbenen Kastenstempel (zweisprachig dt./eng.) des Zahlmeisters: Nicht an Bord! und vier Namensparaphen sowie roter Datumsstempel: 7. APR. 1937.

 

Die Rückseite zeigt zunächst den Absender: Dr. Roeder, Rechtsanwalt,/ Halberstadt/ Schmiedestraße 22 I. Außerdem wurde der ZURÜCK-Stempel mit rotem Pfeil noch einmal angebracht und Halbestadt mit Rötelstift unterstrichen. Weitere Hinweise mit Bleistift: Nicht Kajüte/ 37 H 724/ 8.4.; darunter blauer einzeiliger Stempel: Nicht Touristen-Klasse und mit Bleistift 7/4 Ri sowie blauer einzeiliger Stempel: Nicht 3. Klasse und Datumsstempel: 7. APR. 1937.

Daraus ergibt sich folgender Befund: Der Zahlmeister der "Bremen" ließ die Postanschrift mit den Namenlisten aller Passagiere der verschiedenen Klassen sowie mit der Mannschaftsliste am 7. und 8. April vergleichen und übergab den Brief noch vor dem Auslaufen dem Postamt Bremerhaven. Über die Rückleitung nach Halberstadt gibt der Brief keine Auskünfte.

Die Passagierlisten der "Bremen" für die Fahrt vom 10. April 19237 nach New York über Southampton und Cherbourg in Frankreich verzeichnen keinen Herrn Roeder.

Das Dampfschiff (engl. Steamship, S/S) "Bremen" war ein turbinengetriebener 4-Schrauben-Schnelldampfer der Reederei Norddeutscher Lloyd. Sie trug nach der Bremen (1858), Bremen (1897) und der Bremen (1923) als viertes Schiff des Lloyds den Namen "Bremen" (Bremen IV) und gewann 1929 erstmals das Blaue Band als schnellstes Schiff auf der Transatlantik-Route Europa–New York.

 

Die Schiffe "Europa" (vorn) und "Bremen" in Bremerhaven (Bundesarchiv, Bild 102-09397)

Insgesamt konnten 2.228 Passagiere befördert werden, davon 811 in der 1. Klasse, 800 in der Touristenklasse sowie 617 in der 3. Klasse. Die Zahl der Besatzungsmitglieder schwankte von 966 bis 1.000.

Die "Bremen" versah in der 1930er Jahren regelmäßige Liniendienste von Bremerhaven nach New York.

 

Die "Bremen" auf einer Bildpostkarte um 1930

Die Passagierliste der Fahrt nach New York vom 31. August 1937 verzeichnet allerdings einen Kaufmann Heinz Roeder; da hat sich der Vater wohl im Termin geirrt.

Bremer Passagierlisten, Staatsarchiv Bremen

  

Zwei Ausgaben der Deutschen Post
Schnelldampfer "Bremen" 1977 (Michel-Nr. 931) und Dampfer "Bremen" 2009 (Michel-Nr.
 2412)