Ein Brief wird zum Aktenstück

Verwaltung und Schulaufsicht im Bergischen Land (1875)

 

Dieser Faltbrief aus der Anfangszeit des Deutschen Reiches enthält auf Vorder- und Rückseite eigentlich nur die postalische Information, dass er im März 1875 von der evangelischen Kirchengemeinde der Bürgermeisterei Kronenberg An das Königl. Landraths-Amt in Mettmann geschickt wurde.

Es handelt sich um eine Dienstsache (K. d. S./ frei), die mit der am 1. Januar 1875 ausgegebenen 10 Pfennige rosa (Michel-Nr. 33a) bedarfsgerecht frankiert und mit dem Kreisstempel RONSDORF/ 5 3/75/ 10-11V entwertet wurde. Auf der Rückseite ist der Eingangsstempel abgeschlagen: Mettmann/ 5 3/75/ 3-4N.

 

Warum Vorder- und Rückseite beschrieben wurden, lässt sich erst erkennen, wenn man den Faltbrief öffnet. Innen- und Außenseite enthalten eine Reihe von Texten, die zwischen 2. und 31. März 1875 datiert sind und einen Vorgang dokumentieren, der mit den Personalien eines Lehrers verbunden ist.

Unter anderem heißt es dort:

 

Kronenberg, den 2 März 1875.

An/ den Königl. Kreis-Schul-Inspector/ Herrn Pfarrer Dürselen/ Hochwürden/ in/ Ronsdorf

Ew. Hochwürden erlaube ich mir hierdurch ergebenst mitzutheilen, daß der Lehrer Bernhard Kutscher der von der Königl. Regierung am 17. Dec. v. J. provisorisch zum Klassenlehrer an der ev. Volksschule zu Kohlfurt ernannt worden ist, gestern, den 1 März, von mir feierlich in sein Amt eingeführt wurde in Gemäßheit der Verfügung vom 5 November 1870 (: I S.V.A 7341) vereidet worden ist. Sowohl über die Vereidigung wie über die Aushändigung der Ernennungs-Urkunde vom 9 Febr. d J. an den pr. Kutscher ist ein Protokoll aufgenommen worden. Zur Aufnahme des pr. Kutscher in die Schullehrer-Wittwen-Pensions-Anstalt bemerke ich noch, daß derselbe den 30 März 1854 in Clausthal geboren und unverheirathet ist.

Hochachtungsvoll/Der Local-Schul-Inspector/ H Duesberg Pfr.

   

Aus den weiteren handschriftliche Briefteilen und Notizen lässt sich Folgendes rekonstruieren:

Der Brief machte eine Verwaltungs-Rundreise von Kronenberg (heute der Stadtteil Cronenberg von Wuppertal) bis nach Düsseldorf, der damaligen Landeshauptstadt der Rheinprovinz. Die Bürgermeisterei Kronenberg war im 19. Jahrhundert ein Verwaltungsbezirk in der Rheinprovinz. Heute liegt das Gebiet der im Stadtteil Cronenberg der bergischen Großstadt Wuppertal.

Unterkohlfurth ist ein Teil des Wuppertaler Wohnquartiers Kohlfurth im Stadtbezirk Cronenberg und liegt direkt an der Wupper. Hier gab es eine zweiklassige Volksschule. An der im Jahre 1969 stillgelegten Überlandstraßenbahnlinie 5 (Wuppertal–Solingen) lag eine Haltestelle mit Namen Schulkohlfurt.

  

 

Die Kreisstadt Mettmann im niederbergischen Land gehört heute zum Regierungsbezirk Düsseldorf in Nordrhein-Westfalen. Die Schulaufsicht wurde durch Schulinspektoren vorgenommen, die zugleich evangelische Pfarrer waren; sie unterstanden dem Landrat.

Ronsdorf war im 19. Jahrhundert eine selbständige Stadt im Bergischen Land und ist heute ein Stadtteil und Stadtbezirk von Wuppertal mit rund 20.965 Einwohnern.Kreis-Schulinspektor war Gerhard Dürselen (1808-1887), Pfarrer der reformierten Kirchengemeinde Ronsdorf.