Zwei Briefe aus dem Herzogtum Schleswig nach Bordeaux

  

 

Die Herzogtümer Schleswig und Holstein im Königreich Dänemark

 

Das Herzogtum Schleswig (dänisch: Hertugdømmet Slesvig) umfasste das heutige Nordschleswig (Dänemark) und Südschleswig (Deutschland). Das Herzogtum Holstein entstand 1474 aus der norddeutschen Grafschaft Holstein-Rendsburg. Seit 1806 gehörte Holstein auch staatsrechtlich zu Dänemark, ab 1815 wurde es Mitgliedsstaat des Deutschen Bundes. Schleswig war vor 1864 zusammen mit dem Herzogtum Holstein Teil des multi-ethnischen Dänischen Gesamtstaates. Die Grenze zwischen Schleswig und Holstein wurde dabei durch die Flüsse Eider und Levensau markiert. Der dänische König regierte Schleswig und Holstein nicht in seiner Eigenschaft als König, sondern als Herzog der beiden Gebiete, wobei das Herzogtum Schleswig ein königlich-dänisches Lehen blieb, während das Herzogtum Holstein zum Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation gehörte und damit ein Reichslehen war.

Das Postwesen in den dänischen Staaten stand im Jahre 1800 unter der Oberaufsicht eines eigenen Kollegiums, des königlichen Generalpostamtes in Kopenhagen. In den beiden Herzogtümern waren 45 Poststationen, mit 52 Postbedienten als Inspektor, Postmeister, Posthalter usw. beschäftigt.

Es gingen folgende Posten:

*  die schleswig-holsteinische fahrende Post von Altona und Hamburg bis Hadersleben in grader Richtung durch Holstein über Ulzburg, Bramstedt, Neumünster, Nortorf, Rendsburg, durch Schleswig über Schleswig, Flensburg, Apenrade. Mit derselben vereinigen sich mehrere Nebenposten. Sie ging nur einmal die Woche.

*  die wagriensche (Fehmarn) Post, zweimal wöchentlich zwischen Kiel, Altona und Hamburg über Preetz, Plön, Segeberg, Oldesloe, Ahrensburg und Wandsbek.

*  Die dithmarsische Post ging einmal wöchentlich zwischen Altona, Hamburg und Schleswig über Pinneberg, Elmshorn, Itzehoe, Meldorf, Heide, Lunden, Friedrichstadt und Husum.

 

 

Ein Brief von Husum nach Bordeaux aus dem Jahr 1807

  

 

Friedrich Homann aus Husum an Herrn/ Christian Homann/ add: Herrn Wilhelmi Gebrüder/ in/ Bordeaux/ frei/ Amsterdam; Roter Stempel des Bergischen Oberpostamts in Hamburg: T.G.D. HAMBOURG. Rückseite: 1806/ Husu<m> d 28 Decber./ Fr. Homann Send./ empfangend 12 Jan. 1807/ beantwortet 11 März 1807; Rotes Siegel FH.

Der Brief wurde von Husum nach Hamburg befördert, dort vom Bergischen Oberpostamt in französischer Sprache gestempelt und über Amsterdam nach Bordeaux weitergeleitet. Dem Empfänger wurden 19 Decimes Porto berechnet und angeschrieben.

 

 

Europa1806

 

Das Großherzogtum Berg (französisch Grand-Duché de Berg) war von 1806 bis 1813 ein napoleonischer Satellitenstaat, der im Kern aus dem Herzogtum Berg hervorging und aus zahlreichen weiteren Territorien gebildet wurde. Als Gründungsmitglied des Rheinbundes trat das Land am 1. August 1806 aus dem Heiligen Römischen Reich aus. Neben dem Königreich Westphalen sollte es als Modellstaat mit Gesetzen und Verwaltungsgrundsätzen  nach französischen Vorbildern für die übrigen Rheinbundstaaten dienen und als Pufferstaat („État intermédiaire“) Frankreich gegen Preußen absichern.

Französische Truppen besetzten ganz Norddeutschland, so auch die Hansestadt Hamburg. In ihrem Einflussbereich übernahmen die Franzosen die Postverwaltung in Norddeutschland von der Thurn-und-Taxis-Post. Auf Veranlassung Napoleons wurde am 26. Oktober 1806 in Hamburg ein „Bergisches Oberpostamt“ eingerichtet. Am 11. Januar 1807 wurden in Hamburg das preußische, hannoversche, braunschweigische und Taxissche Postamt geschlossen. Die Schließung der dänischen, schwedischen und mecklenburgischen Postämter folgte 1809.

 

Nach der Französischen Revolution und zu Beginn der Eroberungen Napoleons blieb Dänemark zunächst sowohl gegenüber Frankreich als auch gegenüber Großbritannien neutral. Trotz dieser bewaffneten Neutralität verweigerte das Land die Durchfahrt britischer Schiffe in die Ostsee. Die britische Flotte griff 1801 und noch einmal 1807 Kopenhagen an und zerstörte die Stadt und die dänische Flotte. Der darauf folgende Seekrieg mit Großbritannien bis 1810 bewog Dänemark, Napoléon Bonaparte zu unterstützten. Die Kosten für die Kriegführung sowie die Wirtschaftskrise in Folge der Kontinentalsperre führten Dänemark erst in eine hohe Inflation und am 5. Januar 1813 in den Staatsbankrott.

Das Herzogtum Schleswig war Teil des Königsreichs Dänemark und daher von den wirtschaftlichen Auswirkungen der napoleonischen Kriege betroffen. Husum und Tönning waren die beiden dänischen Häfen an der Nordsee, über die Waren vor allem aus den Niederlanden und aus Frankreich importiert wurden.

 

 

Husum, Haus Markt1 und 3

 

Friedrich Homann war Eigentümer eines der so genannten Herrenhäuser Am Markt 3. Die Familie Homann gründet hier 1770 eine Bierbrauerei mit Wein- und Spirituosenhandlung. Sein Sohn Johann Andreas (geb. 1783) führte das Geschäft nach dem Tod des Vaters fort und wurde 1838 Ratsverwandter und Kämmerer der Stadt Husum.

Im Jahre 1806 arbeitete er bei der Niederlassung der Bremer Weinhändler Johann Philipp und Conrad Wilhelmi in Bordeaux.

In seinem Brief berichtet der Vater über ein Schiffsunglück bei der Hallig Süderooge in der Einfahrt zum Husumer Hafen, bei dem eine Ladung von Wein- und Branntweinfässern aus Bordeaux zum Teil verloren ging; nur einige Fässer konnten aus dem Salzwasser geborgen werden.

Außerdem berichtet Homann seinem Sohn über die schlechte wirtschaftliche Lage wegen der am 21. November 1806 verfügten Wirtschaftsblockade über die britischen Inseln, die bis 1813 in Kraft blieb. Ein von ihm gechartertes Schiff lag zu diesem Zeitpunkt in England fest. Darüber hinaus enthält der Brief Nachrichten über die Sturmflut von 1806, bei der das Wasser bis auf den Marktplatz stieg und Keller überflutete sowie über einen Blitzeinschlag, der den Husumer Kirchturm beschädigte.

 

 

Die alte Marienkirche in Husum, abgebrochen 1807

 

 

Ein Brief von Flensburg nach Bordeaux aus dem Jahr 1819

 

 

Europa 1815

 

Seit der Gründung des Deutschen Bundes im Juni 1815 nach dem Ende der napoleonischen Besetzung wurde das Postregal auch in Norddeutschland wieder durch die Thurn- und Taxis-Post wahrgenommen. In den drei Hansestädten Bremen, Hamburg und Lübeck unterhielt Thurn und Taxis jeweils ein eigenes Postamt auf fremdem Boden. Mit Dänemark und Frankreich schloss die Thurn- und Taxis-Postverwaltung jeweils neue Verträge ab.

 

 

Dieser Brief wurde von dem Schiffer Asmus Andersen am 20. September 1819 geschrieben und an Herrn Schröder & Schyler & Compl (Compliance für Mitarbeiter) in Bordeaux adressiert. Er enthält eine Weinbestellung, die mit einem seiner Schiffe nach Flensburg geliefert werden sollte.

 

Schiffbrücke in Flensburg um 1833

 

Die Firma wurde von den hanseatischen Kaufleuten Jean-Henri Schyler aus Hamburg (1708-1776) und Jacques Schröder (1691-1755) aus Lübeck am Quai des Chartrons gegründet und liefert bis heute Qualitätsweine. Im Hafen von Bordeaux wurden die Schiffe mit Wein- und Branntweinfässern beladen; für die Rückfahrt nahmen sie in Flensburg Dauben für die Herstellung von Eichenfässern mit.

Der Brief wurde in Flensburg bis Hamburg mit 3 Schillingen teilfrankiert (fr Hbg), denn für Briefe aus Dänemark nach Frankreich bestand bis 28.2.1845 Grenzfrankozwang bis Hamburg. Als Weiterfranco wurde auf der Rückseite unter dem Absender 12 Schillinge notiert. In Hamburg erhielt er vom taxischen Postamt den Transitstempel DANEMARCK/PAR HAMBOURG.

Ab Hamburg wurde er dann nach dem Vertrag Taxis-Frankreich von 1818 behandelt. Hamburg lag im 4. Rayon zu Frankreich und deshalb wurde der Rayonstempel T.T.R.4. abgeschlagen (Tour é Tassis Rayon 4). Für den 4. deutschen Rayon berechnete Frankreich 9 Decimes Portoanteil. Der Leitweg war mit ALLEMAGNE PAR GIVET vorgegeben, weil die Entfernungsberechnung in Frankreich nach dem Ort des Grenzübergangs stattfand und sich so bei mehreren möglichen Grenzübergängen deutliche Schwankungen in der Endgebühr ergeben konnten. Der französische Portoanteil betrug für die Strecke von der Deutsche Grenze über Givet (an der heutigen Grenze zu Belgien) nach Bordeaux 10 Decimes. Insgesamt wurden dem Empfänger dann 19 Decimes Gesamtporto berechnet und angeschrieben.

 

 

Pierre Lacour the Elder  (1745–1814) - Sur le quai des Chartrons, Bordeaux, circa 1806