Postgeschichte Schleswig-Holstein  

 

Das Großherzoglich Bergische Ober-Postamt

Das Ende des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation und die Besetzung weiter Teile Deutschlands durch die Franzosen hatte auch im Postwesen gewaltige Veränderungen zur Folge. Angesichts der zunehmenden Macht und des steigenden politischen Einflusses Na­poleons konnte sich der Rat der Stadt Hamburg dem ständigen Drängen des Großherzogs von Berg auf die Dauer nicht verschließen und bewilligte im August 1806 die Einrichtung eines Großherzoglich Bergischen Postamtes in Hamburg. Das im September 1806 eröffnete Postamt verfügte über drei Stempel, R HAMBOURG für gewöhnliche Briefe, P P HAMBOURG für freigemachte Briefe und T G D HAMBOURG für Transitbriefe. Die Stempelfarbe war rot. War das Bergische Postamt zunächst nur eines der vielen in Hamburg bestehenden fremden Postämter, so änderte sich dieses sehr bald nach der Besetzung Hamburgs durch die Franzosen am 19. November 1806. Schon Anfang Dezember übernahm das Bergische Postamt die reitende Post nach Frankreich, Spanien und Portugal und in der Folgezeit verstanden es die Franzosen, die fremden Posten in immer stärkerem Maße aus Hamburg zu verdrängen. Die Bedeutung, die die Bergische Post nunmehr erlangt hatte, ließ es geboten erscheinen, die Poststempel als bergisch zu kennzeichnen, wofür die Abkürzung B G D gewählt wurde, außerdem sollten die Stempel mit Datumsangabe versehen werden. Über die Bedeutung der Buchstaben B G D hat man sich lange den Kopf zerbrochen, nach heute herrschender Meinung bedeuten sie Bureau Grand-Ducal. 

Ernst Meyer-Margreth: Die Poststempel von Hamburg von der Mitte des achtzehnten Jahrhunderts bis gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts. Hamburg 1965.

Das Großherzogtum Berg (französisch Grand-Duché de Berg) war von 1806 bis 1813 ein napoleonischer Satellitenstaat, der im Kern aus dem Herzogtum Berg hervorging und aus zahlreichen weiteren Territorien gebildet wurde. Als Gründungsmitglied des Rheinbundes trat das Land am 1. August 1806 aus dem Heiligen Römischen Reich aus. Neben dem Königreich Westphalen sollte es als Modellstaat für die übrigen Rheinbundstaaten dienen und als Pufferstaat („État intermédiaire“) Frankreich gegen Preußen absichern. Französische Truppen besetzten ganz Norddeutschland, so auch die Hansestadt Hamburg. In ihrem Einflussbereich übernahmen die Franzosen die Postverwaltung in Norddeutschland von der der Thurn-und-Taxis-Post. Auf Veranlassung Napoleons wurde am 26. Oktober 1806 in Hamburg ein „Bergisches Oberpostamt“ eingerichtet. Die Thurn und Taxissche Post mussten seine gesamte Ausrüstung abliefern. Am 11. Januar 1807 wurden in Hamburg das preußische, hannoversche, braunschweigische und Taxissche Postamt geschlossen. Die Schließung der dänischen, schwedischen und mecklenburgischen Postämter folgte 1809.

   Französischer Postbeamter mit einem Felleisen zum Transport von Briefen.

 

 

Brief von Husum nach Bordeaux (1806/7)

 

Friedrich Homann aus Husum an Herrn/ Christian Homann/ add: Herrn Wilhelmi Gebrüder/ in/ Bordeaux/ frei/ Amsterdam; Roter Stempel des Bergischen Oberpostamts in Hamburg: T.GD. HAMBOURG. Rückseite: 1806/ Husu<m> d 28 Decber./ Fr. Homann Send./ empfangend 12 Jan. 1807/ beantwortet 11 März 1807; Rotes Siegel FH.

Der Brief wurde von Husum nach Hamburg befördert, dort vom Bergischen Oberpostamt in französischer Sprache gestempelt und über Amsterdam nach Bordeaux weitergeleitet. Dem Empfänger wurden 19 Decimes Porto berechnet und angeschrieben.

Nach der Französischen Revolution und zu Beginn der Eroberungen Napoleons blieb Dänemark zunächst sowohl gegenüber Frankreich als auch gegenüber Großbritannien neutral. Trotz dieser bewaffneten Neutralität verweigerte das Land die Durchfahrt britischer Schiffe in die Ostsee. Die britische Flotte griff 1801 und noch einmal 1807 Kopenhagen an und zerstörte die Stadt und die dänische Flotte. Der darauf folgende Seekrieg mit Großbritannien bis 1810 bewog Dänemark, Napoléon Bonaparte zu unterstützten. Die Kosten für die Kriegführung sowie die Wirtschaftskrise in Folge der Kontinentalsperre führten Dänemark erst in eine hohe Inflation und am 5. Januar 1813 in den Staatsbankrott.
Das Herzogtum Schleswig war Teil des Königsreichs Dänemark und daher von den wirtschaftlichen Auswirkungen der napoleonischen Kriege betroffen. Husum und Tönning waren die beiden dänischen Häfen an der Nordsee, über die Waren vor allem aus den Niederlanden und aus Frankreich importiert wurden.

Europa 1906

Friedrich Homann war Eigentümer eines der so genannten Herrenhäuser Am Markt 3. Die Familie Homann gründet hier 1770 eine Bierbrauerei mit Wein- und Spirituosenhandlung. Sein Sohn Johann Andreas (geb. 1783) führte das Geschäft nach dem Tod des Vaters fort und wurde 1838 Ratsverwandter und Kämmerer der Stadt Husum.

Im Jahre 1806 arbeitete er bei der Niederlassung der Bremer Weinhändler Johann Philipp und Conrad Wilhelmi in Bordeaux.
In seinem dreiseitigen Brief berichtet der Vater über ein Schiffsunglück bei der Hallig Süderoog in der Einfahrt zum Husumer Hafen, bei dem eine Ladung von Wein- und Branntweinfässern aus Bordeaux zum Teil verloren ging; nur einige Fässer konnten aus dem Salzwasser geborgen werden.

Außerdem berichtet Homann seinem Sohn über die schlechte wirtschaftliche Lage wegen der am 21. November 1806 verfügten Wirtschaftsblockade über die britischen Inseln, die bis 1813 in Kraft blieb. Ein von ihm gechartertes Schiff lag zu diesem Zeitpunkt in England fest. Darüber hinaus enthält der Brief Nachrichten über die Sturmflut von 1806, bei der das Wasser bis auf den Marktplatz stieg und Keller überflutete sowie über einen Blitzeinschlag, der den Husumer Kirchturm beschädigte.

Husum d. 28ste Dec. 1806

Lieber Sohn!

 

Deine beiden Briefe von (1.) 24. Nov: Monat sind uns mit Vergnügen geworden; die beiden Tonnen Äpfeln womit Du uns bedenken wolltest, erhalten wir nicht.

Das Schiff, der Patriot, ist bei Süderoog verunglückt, der Capt: Johansen mit seinen Leuten sind alle beide ertrunken, aber die geladenen Weine und Branntweine sind fast alle geborgen, und nichts vom Salz-Wasser beschädiget und fast alles voll.

Herberg hat 10 Stück [1] Branntwein alle geborgen.

Möller hat wenig Branntwein verbohren nur 1 Oxhoften [2] Wein.

Miohl in Schleswig fehlen 8 Oxhoften Wein und Köhder 1 Stück Branntwein. An trocken Ware verliert Röhder 21 Fässer Pfl: Herberg 12 Fässer Pflaumen und einige Kleinigkeiten, die 2 Fässer Äpfel sind gar nicht gefunden; ich habe Herberg seine 10 Stück Branntwein abgekauft hier frei von alles für 39 Rtl. (Reichstaler) die 30/1 womit ich gut zufrieden bin weil [ich] diese Oemstücke [3] her [ge]kriegt [habe].

Sage Herrn Moller daselbst, daß ich Herrn Herberg wegen den Rückattest [4] über die 2 Fässer gage [5] gefragt: worauf zur Antwort erhalten, daß der Stückattest [6] schon voriges Jahr vom Husumer Magistrat ausgefertiget und solche nach Copenhagen an den dortigen Franz. Minister gesandt und also wieder Muts dabei machen könnte.

Wir haben hier lange Zeit viele Stürme und immer nasse und unangenehme Witterung gehabt. Vorgestern als der 2te Weihnacht war für uns ein Tag des Schreckens, der Sturm war so heftig das daß Seewasser sich bis am Markt drängte und einige Keller voll liefen, des Abends um 7 Uhr folgte ein heftig Gewitter, der Blitz fuhr in unsern Kirch-Turm, lief von oben herunter, ohne zu zünden, gleich darauf kam als etwas ganz Merkwürdiges einige Feuer-Kugeln, nicht sehr schnell, die am Turme zerplatzen. Die Vorsehung war uns gnädig das der Blitz nicht zündete, sonst wäre bei dem heftigen Sturm die ganze Stadt in Gefahr gekommen.

Es ist hier alles teuer und dabei großer Geldmangel, und auf den benachbarten Dörfern liegen 1500 Mann Soldaten, von denen wir zwei und einen derenselben im Hause haben, Gott erhalte uns den Frieden.

Friede ist noch in Tönning und hat ziemlich viel zu tun. John ist noch hier. – Die Frau von Jacob. Hinr. Andresen ist diese Morgen von einem Knaben entbunden, und [Name] sein Sohn Johan. Andres ist dieser Tage gestorben

Die Ladung Wein mit Capt. Farnen liegt noch in Engeland. Die Kosten sind schon ansehnlich höher als der ganze Ladung wert ist. Ob vorerst mit Sicherheit von dorten etwas ordiniert werden kann, läst sich bis jetzt nicht von sagen.

Wir sind Gottlob billig gesund, welches wir auch von Dir hoffen, auch haben wir in allem Betracht erwünschte Nachricht. Von Herrn Pastor [Name]  und Peter alle grüssen herzlich mit Dem dich liebenden Vater

Fr: Homann

[1] Stück (Stückfaß), früheres Weinmaß
[2] Oxhoft, auch Oxhoofd, altes Volumenmaß für Flüssigkeiten. Genutzt wurde das Maß besonders für Wein, Branntwein und Bier. 1 Oxhoft (in Schleswig-Holstein 217,0 Liter)  = 1 ½ Ohm.
[3] Ohm, auch Ahm, Ohme, Saum, Sauma, Soma, Sohm war eine Volumeneinheit, die sich vom lateinischen Namen des Eimers, „ama“, ableitet. Das Maß war in Deutschland, Dänemark, Niederlande, hier Aam, Estland, Schweden und Schweiz verbreitet.1 Ohm entsprach in Dänemark 149,75 Litern.
[4] Rückattest, eine Ankunftsbescheinigung für Schiffsfrachten aus anderen Ländern
[5] Gage, französisch: Bezahlung, Entgelt
[6] Stückattest, eine Bescheinigung über eine bestimmte Anzahl von Stückfässern; hier für die Ausfuhr von Frankreich nach Dänemark.

Die Schreibung des in Kanzleischrift verfassten Briefs wurde vereinheitlicht und vorsichtig modernisiert.

Die alte Marienkirche in Husum, abgebrochen 1807; aquarellierte Zeichnung von Julius Grelstorff

 

Der von Island und dem Nordkap bis zur Elbe reichende dänische Gesamtstaat, zu dem Nordfriesland insgesamt seit 1713 gehörte, hatte sich in innerem und äußerem Frieden entwickelt. Doch zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde Dänemark auf der Seite Frankreichs in die Kriege Napoleons einbezogen und mußte 1814 als größter Kriegsverlierer Norwegen an Schweden abtreten. Der Krieg mit seinen Folgen griff auch in Nordfriesland tief in das Leben der Menschen ein, die bis dahin weitgehend ihr in Traditionen verwurzeltes Leben führten. […]

Landwirtschaft für die Bewohner des Festlandes und der großen Marschinseln Nordstrand und Pellworm, Seefahrt für die Insulaner - das waren am Ende des 18. Jahrhunderts die beiden großen Erwerbsquellen in Nordfriesland. Geradezu von einer „Scheidung unseres Volkes in Ackerbau und Viehzucht treibende Festlandsfriesen und in seefahrende Inselfriesen““ sprach der Sylter Chronist C. P. Hansen in seiner Chronik der Friesischen Uthlande.

 

Husum um 1780. In: Erich Pontoppidan: Den Danske Atlas eller Kongeriget Dannemark. Tome 7, København 1781.

 

Die Seefahrt der Inselfriesen kam durch die Kontinentalsperre seit 1806/07 so gut wie zum Erliegen. Napoleon wollte Großbritannien durch eine wirtschaftliche Abschließung des europäischen Festlandes in die Enge drän­gen, und London antwortete mit einer Blockade der Häfen Frankreichs und seiner Verbündeten. Damit endete das „goldene Zeitalter" der Nordfriesischen Inseln, denn auch nach den Napoleonischen Kriegen wurde nie mehr die einstige Zahl inselfriesischer Seefahrer erreicht. Für einzelne Ge­genden Nordfrieslands brachte der Krieg eine kurze Schein­blüte. Als während der britischen Elbblockade 1803 bis 1807 der Hamburger Hafen nicht mehr angelaufen werden konnte, wurde Tönning fast über Nacht zu einem „Welthafen“; in dieser abenteuerlichen Zeit verdreifachte es als „Klein-Hamburg“ seine Einwohnerzahl.

Thomas Steensen in: Geschichte Nordfrieslands. Heide 1995, S. 207.