14. Die Sturmflut
Im Zimmer des Deichgrafen steht noch der geleerte Abendtisch. Hauke steht neben Elke am Fenster. Windböen lassen die in Blei gefassten Scheiben rasseln.
Wienke Claus! Wo ist mein Claus?
Elke Dein Claus ist in der Scheune,
da sitzt er warm.
Wienke Warum? Ist das gut?
Elke Ja, das ist gut.
Hauke
Haien Es geht nicht länger, Elke!
Ruf’ eine von den Dirnen;
der Sturm drückt uns die Scheiben ein;
die Luken müssen angeschroben werden!
Elke Ann’ Grethe! Schraub die Luken vor den Fenstern fest!
Die Magd läuft hinaus; als sie die Klammern löst, reißt ihr der Sturm den Laden aus der Hand und wirft ihn gegen die Fenster, dass ein paar Scheiben zersplittert in die Stube fliegen.
Hauke
Haien Der Wind ist umgesprungen!
Nach Nordwest, auf halber Springflut!
Kein Wind; – wir haben
solch einen Sturm noch nicht erlebt!
Die Magd kommt wieder herein, kann aber die Tür nicht allein schließen. Hauke hilft ihr.
Hauke Haien Den Schimmel! Den Schimmel, John! Rasch!
Elke Und Du musst noch einmal hinaus?
Hauke Haien Das muss ich, Elke.
Elke Ja, Hauke, ich weiß es wohl, Du musst!
Hauke
Haien Das ist unser Kampf, Elke!
Ihr seid hier sicher; an dies Haus
ist keine Flut noch jr gestiegen.
Und bet’ zu Gott, dass er auch mit mir sei!
Iven
Johns Steigt auf, Herr! Der Schimmel ist wie toll;
die Zügel könnten reißen.
Hauke Haien Bei Sonnenaufgang bin ich wieder da!
Wienke Vater, mein Vater! – Mein lieber Vater!
Hauke
Haien Vorwärts, Schimmel! Vorwärts!
Wir reiten unseren schlimmsten Ritt!
Iven Johns Hier ist das Kind, Frau! altet es fest!
Elke Das Kind? – Ich hatte Dich vergessen, Wienke!
Gott verzeih’ mir’s. – Herr Gott und Du mein Jesus,
lass uns nicht Witwe und nicht Waise werden!
Schütz’ ihn, o lieber Gott; nur Du und ich,
wir kennen ihn allein!