4. Der Boßel-Wettkampf
Vor dem Wirtshaus wird die Mannschaft für den Bosselwettkampf zusammengestellt. Ein paar Burschen stehen abseits, darunter Hauke und Elke.
Erster Bursche Wird gut Wetter morgen! Aber kalt! kalt!
Zweiter Busche Dieses Jahr zeigen wir’s den Geestleuten aber!
Erster Busche Hör’, Hauke, nun schreien sie um Dich!
Zweiter
Bursche Hör zu, Hauke, hier kannst Du lernen,
wie hoch sie Dich taxieren!
Dritter
Bursche Ich fürcht’, mit mir hat’s einen Haken,
ich hab’ kaum achtzehn Jahre;
wenn sie nur den Taufschein nicht verlangen!
Dich aber Hauke, wird
Dein Großknecht schon herauskreteln!
Hauke Haien Ja heraus, nur nicht hinein!
Ole Peters Kleinknechte und Jungens gehören nicht dazu!
Jeß Hansen Aber sein Vater hat Vieh und Land!“
Ole
Peters Ja, soviel Land, das man
auf dreizehn Karren wegfahren kann!
Ole
Hensen Still da! Ich will’s Euch lehren.
Sagt nur, wer ist der erste Mann im Dorf?
Knecht Das ist doch wohl der Deichgraf!
Viele Nun ja; unserthalb der Deichgraf!
Ole
Hensen Und wer ist denn der Deichgraf?
Aber nun bedenkt Euch recht!
Einer beginnt zu lachen und dann wieder Einer, bis zuletzt nichts in der Stube zu hören ist als lauter Lachen.
Ole
Hensen Nun, so wählt ihn aus, ihr wollt doch nicht
den Deichgrafen von der Tür stoßen!
Jewe Manners Also Hauke Haien als letzter Werfer!
Die Werfer gruppieren sich um ihren Kretler Ole Peters. Die Geestmannschaft tritt auf. Zuschauer, Männer, Weiber, Kinder verteilen sich, darunter Trien’ Jans.
Der Kret’ler Ole Peters trägt hier einen weißen, bei den Geestleuten einen schwarzen Stab mit eiserner Spitze; wo die Kugel ihren Lauf geendet hat, wird dieser, je nachdem, unter schweigender Anerkennung oder dem Hohngelächter der Gegenparteien den gefrorenen Boden eingeschlagen.
Mann Das war ein Wurf, sagte Zacharies
und warf sein Weib aus der Luke!
Frau So warf Dein Vater auch;
Gott tröst ihn in der Ewigkeit!
Hauke wirft zum ersten Mal.
Knecht Gilt nicht! Gilt nicht!
Hauke, noch einmal!
Kret’ler
der Geestleute Muss wohl gelten;
geworfen ist geworfen!
Knecht Ole! Ole Peters! Wo ist Ole?
Wo, zum Teufel, steckt er?
Ole
Peters Schreit nur nicht so!
Soll Hauke wo geflickt werden?
Ich dacht’s mir schon.
Knecht Ei was! Hauke muss noch einmal werfen;
nun zeig, dass Du das Maul am rechten Fleck hast!
Ole
Peters Das hab ich schon!
Hauke soll noch einmal werfen,
die Kugel ist ihm aus der Hand gerutscht.
Kret’ler
der Geestleute Du leierst Unsinn, weil Dir
der Sinn nicht dienen kann!
Sonne, Mond und Sterne sind
für uns Alle gleich und allezeit am Himmel;
der Wurf war ungeschickt,
und alle ungeschickten Würfe gelten!
Ole
Peters Die tiefstehende Sonne hat ihm
das Auge geblendet. Wohin
soll einer werfen, der nichts sieht?
Kret’ler
der Geestleute Die Kugel ist rund,
so rund wie der volle Mond!
Wird sie geworfen, fliegt sie
irgendwo hin und das war es dann.
Punktum!
Ole
Peters Einmal ist keinmal;
wer keinen guten Stand hat,
rutscht leicht einmal aus.
Lasst ihn den Wurf wiederholen!
Kret’ler
der Geestleute Dein Hauke hat eine feste Hand;
wenn er die Kugel nicht richtig
festhalten kann, dann fliegt sie
wie der Wind, von dem man nicht weiß,
woher er kommt und wohin er gerade geht.
Der Wurf ist getan und daher gültig.
Punktum!
Der
Obmann Der Wurf ist gültig. Hauke
darf nicht noch einmal werden!
Geestleute Vorwärts!
Elke Wem zu Liebe ließest Du heut’
Deinen Verstand zu Hause, Ole Peters?
Ole
Peters Dir zu Lieb! Denn Du
hast Deinen auch vergessen!
Elke Geh nur; ich kenne Dich, Ole Peters!
Das Spiel und der schwarze und der weiße Stab gehen weiter. Hauke wirft ein zweites Mal.
Bauer Oho Hauke! Das war ja
als habe der Erzengel Michael
selbst geworfen!“
Eine alte Frau mit Kuchen und Branntwein drängt sich durch den Haufen zu Hauke; sie schenkt ein Glas voll.
Trien’
Jans Komm“, wir wollen uns vertragen.
Das heut’ ist besser, als da
Du mir die Katze totschlugst!
Hauke
Haien Ich dank’ Dir, Alte,
aber ich trink’ das nicht.
Er greift in seine Tasche und drückt ihr ein Markstück in die Hand.
Nimm das und trink’ selber
das Glas aus, Trien’;
so haben wir uns vertragen!
Trien’
Jans Hast recht, Hauke! Hast recht;
das ist auch besser für ein altes Weib, wie mich!
Hauke Haien Wie geht’s mit Deinen Enten?
Trien’
Jans Nichts, nichts, Hauke; da sind
zu viele Ratten in Euren Gräben;
Gott tröst’ mich;
man muss sie anders nähren!
Ole
Peters Der Vogel ist Dir wohl zu groß?
Sollen wir ihn um einen grauen Topf vertauschen?
Hauke
Haien Ich werfe für die Marsch!
Wohin gehörst denn Du?
Ole
Peters Ich denke, auch dahin;
Du wirfst doch wohl für Elke Volkerts!
Hauke Haien Beiseit!
Elke stellt sich Ole in den Weg und stößt ihn beiseite. Hauke wirft zum dritten Mal.
Marschleute Hurra für Hauke!
Geestleute Hauke! Hauke Haien
hat das Spiel gewonnen!
Marschleute Was stehst Du, Hauke?
Die Kugel liegt ja in der Tonne!
Hauke
Haien Ihr mögt schon recht haben;
ich glaube auch, ich hab’ gewonnen!
Der ganze Trupp strömt zum Gasthaus; Elke und Hauke bleiben zurück.
Elke Wenn gleich alle im Wirtshaus feiern,
führst du mich dann zum Tanzen, Hauke?
Hauke
Haien Ich danke Elke, ich verstehe das
nicht gut genug; sie könnten über
Dich lachen; und dann ...
Elke Was meinst Du, Hauke?
Hauke
Haien Ich mein’, Elke, es kann ja doch der Tag
nicht schöner für mich ausgeh’n,
als er’s schon getan hat.
Elke Ja, Du hast das Spiel gewonnen.
Hauke Haien Elke!
Elke Geh! Was willst Du?
Hauke
Haien Ich dachte, Elke, ich hätt’
was Besseres gewonnen!
Elke Tu’, wie Dir ums Herz ist, Hauke!
Wir sollten uns wohl kennen!