8. Der Schimmelkauf

 

Elke vor der Haustür, Hauke kommt mit einem alten Schimmel.

Elke                  Hilf Himmel! Was soll
uns der alte Schimmel?

Hauke Haien     Lass nur, Elke; es kostet
auch nicht viel!

Elke                  Du weißt doch, das Wohlfeilste
ist meist auch das Teuerste.

Hauke Haien     Aber nicht immer, Elke;
das Tier ist höchstens vier Jahr’ alt;
sieh es Dir nur genauer an!
Es ist verhungert und misshandelt;
da soll ihm unser Hafer gut tun;
ich wird’ es selbst versorgen,
damit sie mir’s nicht überfüttern.

                         Carsten!

Elke                  So eins ist noch nie
in unserem Stall gewesen!

Der Dienstjunge kommt und bleibt erschrocken stehen.

Hauke Haien     Nun, Carsten, was fährt Dir in die Knochen?
Gefällt Dir mein Schimmel nicht?

Carsten             Ja – o ja, uns’ Weert,
warum denn nicht!

Hauke Haien     So bring’ die Tiere in den Stall;
gib ihnen kein Futter;
ich komme gleich selber hin!

Carsten mit dem Schimmel ab.

Hauke Haien     Lass Dir erzählen, Elke,
wie ich zu dem Tier gekommen bin.
Ich war wohl eine Stunde
beim Oberdeichgrafen gewesen;
er hatte gute Kunde für mich –
es wird wohl dies und jenes anders werden
als in meinen Rissen; aber die Hauptsache,
mein Profil ist akzeptiert, und schon
in den nächsten Tagen kann der Befehl
zum neuen Deichbau da sein!

Elke                  Also doch?

Hauke Haien     Ja, Frau, hart wird’s hergehen;
aber dazu, denk’ ich, hat der Herrgott
uns zusammengebracht! Unsere Wirtschaft
ist jetzt so gut in Ordnung, ein groß’ Teil
kannst Du schon auf Deine Schultern nehmen;
denk’ nur um zehn Jahr weiter –
dann stehen wir vor einem anderen Besitz.

Elke                  Für wen soll der Besitz?
Du müsstest denn ein ander Weib nehmen;
ich bring’ Dir keine Kinder.

Hauke Haien     Das überlassen wir dem Herrgott,
jetzt aber, und auch dann noch sind wir jung genug,
um uns der Früchte unserer Arbeit selbst zu freuen.

Elke                  Verzeih, Hauke, ich bin mitunter ein verzagt’ Weib!

Hauke Haien     Du bist mein Weib und ich Dein Mann, Elke!
Und anders wird es nun nicht mehr.

Elke                  Du hast recht, Hauke, und was kommt,
kommt für uns Beide. –
Du wolltest von dem Schimmel mir erzählen.

Hauke Haien     Das wollt’ ich, Elke. Ich sagte Dir schon,
mir war Kopf und Herz voll Freude
über die gute Nachricht,
die der Oberdeichgraf mir gegeben hatte;
so ritt ich eben wieder aus der Stadt hinaus,
da, auf dem Damm, hinter dem Hafen,
begegnet mir ein ruppiger Kerl;
ich wusst’ nicht, war’s ein Vagabund,
ein Kesselflicker oder was denn sonst.
Der Kerl zog den Schimmel am Halfter hinter sich;
das Tier aber hob den Kopf
und sah mich aus blöden Augen an;
mir war’s, als ob es mich um Etwas bitten wolle;
ich war ja auch in diesem Augenblicke reich genug.
„He, Landsmann!“ rief ich, „wo wollt Ihr mit der Kracke hin?“ –
Der Kerl blieb stehen und der Schimmel auch.
„Verkaufen!“ sagte Jener und nickte mir listig zu. –
„Nur nicht an mich!“ rief ich lustig. –
„Ich denke doch!“ sagte er; „das ist ein wacker Pferd
und unter hundert Talern nicht bezahlt.“
Ich lachte ihm ins Gesicht. –
„Nun“, sagte er, „lacht nicht so hart;
Ihr sollt’s mir ja nicht zahlen!
Aber ich kann’s nicht brauchen,
bei mir verkommt’s; es würd’ bei Euch
bald ander Ansehen haben!“ –
Da sprang ich von meinem Wallach
und sah dem Schimmel ins Maul, und sah wohl,
es war noch ein junges Tier.
„Was soll’s denn kosten?“ rief ich,
da auch das Pferd mich wiederum wie bittend ansah. –
„Herr, nehmt’s für dreißig Taler!“ sagte der Kerl,
„und den Halfter geb’ ich Euch darein!“ –
Und da, Frau, hab’ ich dem Burschen in
die dargebotne braune Hand,
die fast wie eine Klaue aussah, eingeschlagen.
So haben wir den Schimmel,
und ich denk’ auch, wohlfeil genug!
Wunderlich nur war es, als ich mit den Pferden wegritt,
hört’ ich bald hinter mir ein Lachen,
und als ich den Kopf wandte,
sah ich den Slovaken; der stand noch sperrbeinig,
die Arme auf dem Rücken,
und lachte wie ein Teufel hinter mir darein.“

Elke                  Pfui, wenn der Schimmel nur nichts
von seinem alten Herrn Dir zubringt!
Mög’ er Dir gedeihen, Hauke!

Hauke Haien     Er selber soll es wenigstens,
soweit ich’s leisten kann!

Beide ab. Iven Johns und Carsten kommen.

Carsten             Du, Iven! weißt Du,
das Pferdsgeripp’ auf Jeverssand!

Iven Johns        Was ist damit?

Carsten             Ja, Iven, was ist damit?
Es ist gar nicht mehr da;
weder Tages noch bei Mondschein;
wohl zwanzigmal bin ich
auf den Deich hinausgelaufen!

Iven Johns        Die alten Knochen sind wohl zusammengepoltert!

Carsten             Aber es geht auch drüben nichts auf Jeverssand!

Iven Johns        Ja, sind die Knochen auseinander gefallen,
so wird’s wohl nicht mehr aufstehen können!

Carsten             Mach’ keinen Spaß, Iven! Ich weiß jetzt;
ich kann Dir sagen, wo es ist!

Iven Johns        Nun, wo ist es denn?

Carsten             Wo? Es steht in uns’rem Stall;
da steht’s seit es nicht mehr auf der Hallig ist.
Es ist auch nicht umsonst,
dass der Wirt es allzeit selber füttert;
ich weiß Bescheid Iven!

Iven Johns        Du bist nicht klug, Carsten, unser Schimmel?
Wenn je ein Pferd ein lebig’s war, so ist es der!
Wie kann so ein Allerweltsjunge wie Du
in solch’ Altem-Weiberglauben sitzen!

Carsten             Hol’s der Teufel! Wir bleiben
auch nicht lange mehr zusammen.
Zu Allerheiligen trete ich
als Knecht bei Ole Peters ein!

 

 

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