Hieronymus von Münchhausen

 

G. Bruckner: Karl Friedrich Hieronymus Freiherr von Münchhausen. Ölgemälde. Sammlung Münchhausen-Museum, Bodenwerder

 

Hieronymus Caroll, Friedericus von Münchhausen wurde am 11. Mai 1720 als fünftes Kind und dritter Sohn von Georg Otto von Münchhausen und Sibylle Wilhelmine, geb. von Reden auf Hastenbeck in Bodenwerder an der Weser geboren. Die Familie derer von Münchhausen entstammt einem alten berühmten Adelsgeschlecht, das bis ins 12. Jahrhundert nachweisbar ist. Bereits im 13. Jahrhundert teilte sich das Geschlecht in eine weiße und schwarze Linie. Münchhausen gehörte der schwarzen Linie an.

Bodenwerder liegt im Weserbergland auf einer Insel, die von der Weser und einem Weserarm – dem Mühlenteich – umflossen wird.

Am 21. September 1724 starb Vater 42-jährig und ließ seine erst 35 Jahre alte Witwe mit sieben Kindern zurück. Über Münchhausens Kindheit ist nur wenig bekannt. Als er 1733 mit 13 Jahren konfirmiert wurde, stand er als Page bis zum März 1735 im Dienste verschiedener Herren des Herzogtums Braunschweig-Wolfenbüttel auf dem Schloss Bevern.

Der achtzehnjährige Anton Ulrich aus dem Hause Braunschweig-Bevern war 1732 nach Russland gereist, wo die kinderlose Zarin Anna lwanowna ihre Nachfolge plante. Sie entschied, Anton Ulrich mit ihrer Nichte zu verheirate, der mecklenburgischen Prinzessin Elisabeth Katharina Christine, Tochter ihrer Schwester, die seit 1722 in Russland lebte.

In den Jahren 1737/38 beteiligte Anton Ulrich sich am Krieg gegen das Osmanische Reich und nahm am Sturmangriff auf die türkische Festung Otschakow am Schwarzen Meer Ende Juni 1737 unter Feldmarschall Graf von Münnich teil. Nachdem seine beiden Pagen tödliche Verletzungen erlitten hatten, berief er als neuen Pagen Hieronymus Caroll von Münchhausen, der am Feldzug des Jahres 1738 teilnahm und hier seine ,Feuertaufe' erhielt.

Nach seiner Rückkehr noch im gleichen Jahr wurde der Prinz am Petersburger Hof mit allen Ehren empfangen und am 14. Juli 1739 fand die Trauung des Paares statt. Münchhausen erlebte als Leibpage des Bräutigams die prachtvollen Feierlichkeiten in St. Petersburg. Anschließend wurde er zum Fähnrich im Kürassierregiment des Prinzen ernannt, das später unter dem Oberbefehl von Feldmarschall Peter Graf von Lacy, dem Generalgouverneur von Livland, in Riga stationiert war. Durch Protektion Anton Ulrichs wurde er 1740 zum Leutnant befördert.

In der Nacht vom 5. auf den 6. Dezember 1741 putschte Elisabeth Petrowna, die Tochter Peter des Großen und beendete den Aufstieg Anton Ulrichs und seines Gefolges. Der Prinz wurde mit seiner Familie in lebenslange Verbannung nahe Archangelsk im äußersten Norden Rußlands geschickt.

Münchhausen heiratete am 2. Februar 1744 in Liefland auf dem Gut Ruthern die Tochter des dortigen Land-Richters, Jacobine von Dunten. Münchhausen wurde am 16. März 1750 zum kaiserlich-russischen Rittmeister befördert. Um in Bodenwerder Erbschaftsangelegenheiten zu regeln – seine Mutter war bereits am 23. Juni 1741 gestorben –, nahm er einen einjährigen Urlaub, kehrte aber nicht mehr zu seinem Regiment in Russland zurück. 1754 wurde er offiziell als Rittmeisters aus der russischen Armee entlassen.

Nach einem längeren Erbstreit erhielt er das Anwesen in seiner Geburtsstadt Bodenwerder und wirtschaftete dort im Streit mit den Bürgern der Stadt.

In einem von ihm 1763 erbauten Grottenhäuschen soll Münchhausen der Überlieferung nach in geselliger Runde jene Kriegs-, Jagd- und Reisegeschichten erzählt haben, die seinen Ruhm begründen.

Mit seiner Frau lebte Münchhausen 46 Jahre in kinderloser Ehe, der Überlieferung nach glücklich und harmonisch, bis sie am 19. August 1790 verstarb.

Zurück blieb ein verbitterter Münchhausen, der sich bereits vor dem Tod seiner Frau beim Erscheinen der Wunderbaren Reisen 1786 in seiner Ehre verletzt fühlte und nur mit Mühe von Freunden und Verwandten von Prozessen gegen Bürger und Lichtenberg, die er für die Autoren des anonym erschienenen Buches hielt, abgehalten werden konnte.

Am 12. Januar 1794 heiratete der 74-Jährige die 20-jährige Bernhardine Friederike Louise von Brünn. Diese Ehe wurde aber nach einem langwierigen Prozess wegen „Liederlichkeit“ der jungen Ehefrau geschieden.

Am 22. Februar 1797 verstarb Münchhausen einsam und verbittert.

Auf der Grundlage von: Nada Ivanovic: Literatur und Wirklichkeit. Hieronymus Carl Friedrich Freiherr von Münchhausen und die Geschichte des letzten deutschen Volksbuches. In: Lichtenberg-Jahrbuch 2010, S. 111-152.

 

Literatur

Gründliche Geschlechts- Historie Des Hochadlichen Hauses Der HERREN von Münchhausen worinnen die Abstammung aller Vorfahren von dem XII. Jahrhundert an mit vielen aus verschiedenen Archiven und Registraturen gezogenen Urkunden gedruckten Schrifften und andern Zeugnissen mit einem Anhang häuffiger Diplomatum und Urkunden so zur Erläuterung vieler Fürstl. Gräf. Adlichen Geschlechter dienen ingleichen mit nöthigen Kupffern und Stamm-Tafeln versehen yon Gottlieb Samuel Treuer Königl. Groß-Britannischen und Churfürstl. Braunschw. Lüneb. Hof-Raht und Prof. Publ. bey der Georg August Universität. GOETTINGEN gedruckt und zu finden bey Abram Vandenhoeck, Univ. Buchdr. [1740]

Albrecht Friedrich von Münchhausen: Geschlechts-Historie des Hauses von Münchhausen von 1740 bis auf die neueste Zeit. Eine Fortsetzung der von G. S. Treuer im Jahre 1740 herausgegebenen Geschlechtshistorie des Hauses. Hannover 1872. (Hieronymus Carl Friedrich [von Münchhausen]), S. 64-73.)

Carl Haensel: Das war Münchhausen. Roman aus Tatsachen. Stuttgart 1933.

Börries Freiherr von Münchhausen: Der historische Hieronymus von Münchhausen auf Bodenwerder und der anonyme Lügenmünchhausen. Allg. Hannoversche Biographie. 1917, S. 348 bis 360.

Karl Rose: Chronik der „Münchhausenstadt“ Bodenwerder. Bodenwerder 1937.

Alida Weiss: Wer war Münchhausen wirklich? Bodenwerder 1960. 5. Aufl. 1977.

Thekla Gehrmann: Die Familie von Münchhausen als Gutsherren in Bodenwerder. In: Münchhausen. Vom Jägerlatein zum Weltbestseller. Anlässlich der Ausstellung in der Pauliner Kirche. Göttingen 1989, S. 75-93

Lied Deurvorst: Het Uur van de Waarheid. Bährne Louise von Brun (1773-1839) en de mannen in haar leven. IJzerlo: Uitgeverij Fagus 2010.

BÄHRNE LOUISE (1773-1839): Hieronymus von Münchhausens verstossene zweite Ehefrau (Deutsche Edition). Kindle-Version 2015.

Anna von Münchhausen: Der Lügenbaron. Mein phantastischer Vorfahr und ich. Hamburg 2020

Bernhard Wiebel: Hieronymus Carl Friedrich von Münchhausen – ein langes Leben. In: Stefan Howald und Bernhard Wiebel (Hrsg.): Das Phänomen Münchhausen. Neue Perspektiven. Kassel 2020, S. 147-150.

Tina Breckwoldt: Die ganze Wahrheit über Münchhausen & Co. Über 300 Jahre Lügengeschichten. Salzburg 2020.

 

Weitere biographische Details finden sich im Kommentar des Kapitels Des Freiherrn von Münchhausen wunderbare Begebenheiten von Schnorrs Wunderbarer Reisen (Bodenwerder 1794), sowie im Internet unter https://de.wikipedia.org/wiki/Hieronymus_Carl_Friedrich_von_M%C3%BCnchhausen

 

Ein besonderes Erlebnis ist der Besuch im Münchhausen-Museum der Münchhausenstadt Bodenwerder, das sich im Netz so darstellt:

Geburtshaus und Museum, Bild: Jörg Weiß

http://www.muenchhausen-museum-bodenwerder.de/

Eingebettet in den ehemaligen Gutshofpark liegt das Geburtshaus des Hieronymus Carl Friedrich Freiherrn von Münchhausen. Heute ist es das Rathaus Bodenwerders. Gleich nebenan zieht ein wehrhaftes Gebäude die Blicke auf sich. Hier ist das Münchhausen-Museum untergebracht. Als ältestes Gebäude der Stadt erzählt es vom Leben des brillanten Fabulierers, verknüpft es mit bedeutsamen historischen Ereignissen des 18. Jahrhunderts und dokumentiert, wie aus Münchhausens Abenteuern ein Weltbestseller werden konnte. Die Frage nach dem „Lügenbaron“ beantworten wir mit unserem Motto: „Phantasie lügt nie!“