Gottfried August Bürger

Wunderbare Reisen zu Wasser und Lande

London 1788                                                              

        Zurück zur vorigen Seite 

 

 

Nächste Seite  

Erstes See-Abenteuer

 

 

Ein Handelsschiff der Niederländischen Ostindien-Kompanie umsegelt das Kap der Guten Hoffnung;  Öl auf Leinwand, England um 1780

 

[60] Des

Freiherrn von Münchhausen

See-Abenteuer.

––––––

 

 

Erstes See-Abenteuer.

 

Gleich die erste Reise, die ich in meinem Leben machte, geraume Zeit vor der russischen, von der ich eben einige Merkwürdigkeiten erzählt habe, war eine Reise zur See.

Raspes fünfte Ausgabe enthielt 10 neue Kapitel (Chapter X—XX). Von diesen hatte Bürger zwei Kapitel nicht übernommen. Das 12. Kapitel hatte nur für die Londoner lokales Interesse, und das 16. Kapitel zielte auf den Patriotismus der Engländer. Vier Kapitel, das 10., 11., 15. und 19. hat Bürger zusammengefasst und als Fortgesetzte Erzählung des Freyherrn angehängt; darauf folgen Raspes Kapitel 13, 17 und 18 als 8. bis 10. See-Abentheuer mit dem Untertitel: Eine zweyte Reise nach dem Monde.

Zum Schluss bringt Bürger Raspes Kapitel XX als selbständigen Abschnitt: Reise durch die Welt nebst ändern merkwürdigen Abentheuern.

Rudolf Erich Raspe: Inhalt von Gulliver revived, Fifth Edition. London 1786:

See-Abenteuer: Nach Münchhausens Reisen zu Lande folgen nun die Wunderbaren Reisen zu Wasser, unter Wasser, durch die Erde und in die Luft. Gleich zu Anfang gibt Bürger einen Hinweis (s. Bürgers Inhaltsverzeichnis), dass diese Reisen nicht nur an geographisch identifizierbare Orte führen, sondern dass es sich auch um Reisen in die Fantasie handelt.

Quelle: Rudolf Erich Raspe: Gulliver revived, London 1786:

Gleich die erste Reise, […] kränkt und beleidigt.] Nicht in B1 und B2

die erste Reise: Angesichts dieses weiten Problemhorizonts sind ein so harmlos erscheinender Text wie die „kleinen“ Lügengeschichten des Barons von Münchhausen aus dem niedersächsischen Städtchen Bodenwerder über große fiktive Reiseerlebnisse von Rußland, Polen, der Türkei über Ceylon, Nordamerika, Ägypten, Gibraltar, Holland, Ostindien, ja zum Mond und zurück ins „Old England“ nur die Spitze eines Eisbergs. Herausragend sind sie im Feld der Darstellung und Übersetzung von Fremdem und Neuem im späten 18. Jahrhundert. Gerade durch die Form der Lüge im fiktionalen Rahmen, durch die Übertreibungen und Brechungen von zeitgenössischer Wirklichkeit sowie von literarischem und wissenschaftlichem Diskurs haben die Lügengeschichten die Poetik und Rhetorik des Fremden selbst zum Thema. Durch ihre Überspitzungen vermitteln sie Einsichten in die spezifischen „Repräsentationspraktiken“ (Greenblatt 1994, S. 17), mit denen in der europäischen Geschichte immer wieder die Übersetzung fremder Kulturen in Angriff genommen wurde. Schließlich – so Stephen Greenblatt – stellt die (Lügen-)Anekdote „das wichtigste Medium zur Aufzeichnung des Unerwarteten und daher auch zur Beschreibung der Begegnung mit der Differenz dar.“ (Greenblatt 1994, S. 11) Im Blick auf die Reiseliteratur spielen die Lügengeschichten mit den Darstellungs- und Überzeugungsmöglichkeiten erfundener fremdartiger, ja fremdkultureller Erlebnisse für ein europäisches Publikum. […]

Sehen und Beschreiben, d.h. visuelles Paradigma und Repräsentation – Hauptprobleme der gegenwärtigen Ethnographie –, werden schon hier als problematische Schlüsselkategorien für die Vermittlung von Fremderfahrung erkannt. Wieweit dabei Wissenschaft und Literatur Hand in Hand arbeiten (oder auch nicht), ist aus dem Vergleich zwischen englischem und deutschem Münchhausen ablesbar. Der englische „Original“-Münchhausen bezieht durch eine aus der Naturforschung entlehnte Metaphorik die zeitgenössische Wissenschaft – mit ihrem Objektivitätsanspruch wie ihren ökonomischen Interessen – ausdrücklich in die Welt der Literatur und Volksdichtung ein. In Bürgers deutscher Übersetzung freilich werden solche Spuren der (Natur-)Wissenschaft wieder aus der Dichtung verdrängt – nicht die Zirkulation zwischen Wissenschaft und Literatur, sondern der spezifische Literatur-, ja Volksliteraturcharakter der Lügengeschichten kommt hier zur Entfaltung.
Bachmann-Medick 1997, S. 44f.

Anmerkung des Herausgebers: Die Untersuchung von Bachmann-Medick ist der Tradition der Analyse so genannter volkstümlicher Erzähltexte verpflichtet, auch wenn sie Aspekte der unterschiedlichen kulturellen Kontexte in Großbritannien und Deutschland einbezieht. Meine Recherchen zeigen, dass sowohl Raspes als auch Bürgers Münchhausen nicht bloß als Schnurren- und Witzsammlung verstanden werden können, sondern als Satire auf literarische, historische und wissenschaftliche Themen des 18. Jahrhunderts. Vergl. dazu auch Kämmerer 1999, Beese 2014 und Beese 2020.

 

Wie ging nun Bürger an die technische Seite der Übersetzung heran?

Er ist um eine Auswahl des mannigfaltigen Stoffes bemüht; so übersetzt er nur Kapitel I bis XXI. Er übernimmt nicht alles der Reihe nach so, wie es im Englischen steht; er stellt die Anordnung der Episoden um. Wir wollen das an drei Beispielen darstellen: Er nimmt die Geschichte von Papst Ganganellis Austern-Bankett aus Kapitel XIV und bringt sie knapp vor der Belagerung Gibraltars. Diese Geschichte erscheint in Kapitel X in der englischen Vorlage. Aber es ist nicht Baron de Tott, in der Bürgerschen Übersetzung, der dem Austern-Bankett seine Geburt verdankt, sondern einer von Baron Münchhausens Freunden.

Bürger vereint die zwei Hälften der Erzählung von dem Seepferd, die in der englischen Fassung in den Kapiteln XI und XV erzählt werden. Es ist unklar, warum hier drei Kapitel dazwischen geschoben sind. Diese Episode gewinnt sicherlich in Bürgers Übersetzung. Die Geschichte, die uns berichtet, wie der Baron Münchhausen sich aus einer Kanone über die Häuser Londons geschossen hatte, um auf einem Heubüschel zu landen, wird in der englischen Fassung im Kapitel XIX berichtet; es folgt Münchhausens Abenteuer im Aetna. (Kap. XX.) Bei Bürger wird die Geschichte von Münchhausens Reise mit Captain Phipps an das Abenteuer mit dem Bären angeknüpft. Dieses gehörte ursprünglich in das Kapitel XIII. An diese Episode schließt er das „Neunte See-Abenteuer“ seiner Seereise mit Captains Hamilton und dem begabten Hühnerhund an; den Stoff nimmt er aus Kapitel XVIII.
Penelope E. A. L. Scott: Gottfried August Bürgers Übersetzungen aus dem Englischen, (Scott 1969), S. 82.

 

 

Anzahl und Reihenfolge der Abenteuer in Bürgers erster Ausgabe B1 und B2:

Des Freiherrn von Münchhausen See-Abenteuer.

Im Jahr 1766 schiffte ich mich zu Portsmouth auf einem englischen Kriegsschiffe erster Ordnung, mit hundert Kanonen und vierzehnhundert Mann, nach Nord-Amerika ein. […] Meine Situation, so lange ich auf der Brille saß, war zwar ein wenig kühl, indessen ward ich doch bald durch die Kunst des Zimmermannes erlöset.

Zweites See-Abenteuer.

Einst war ich in großer Gefahr im mittelländischen Meere umzukommen. […] So viel ich rechnen konnte, war ich ohngefähr drittehalb Stunden in dem Magen dieser Bestie eingekerkert gewesen.

Drittes See-Abenteuer.

Als ich noch in türkischen Diensten war, belustigte ich mich öfters in einer Lust-Barke auf dem Mare di Marmora, von wo aus man die herrlichste Aussicht auf ganz Konstantinopel, das Seraglio des Groß-Sultans mit eingeschlossen, beherrschet. […] Was aber den Luftball anlangte, so war der von dem Schaden, welchen ich ihm zugefügt hatte, im herunterfallen vollends ganz und gar zu Stücken zerrissen.

Viertes See-Abenteuer.

Da wir noch Zeit haben, meine Herren, eine frische Flasche auszutrinken, so will ich Ihnen noch eine andere sehr seltsame Begebenheit erzählen, die mir wenige Monate vor meiner letzten Rückreise nach Europa begegnete. […] Ich wurde von dem Großherrn überaus gnädig empfangen, und hatte die Ehre seinen Harem zu sehen, wo seine Hoheit selbst mich hineinzuführen und so viele Damen, selbst die Weiber nicht ausgenommen, anzubieten geruheten, als ich mir nur immer zu meinem Vergnügen auslesen wollte.
Mit meinen Liebes-Abenteuern pflege ich nie groß zu tun, daher wünsche ich Ihnen, meine Herren, jetzt insgesamt eine angenehme Ruhe.

Fünftes See-Abenteuer.

Nach Endigung der ägyptischen Reisegeschichte wollte der Baron aufbrechen und zu Bette gehen, gerade als die erschlaffende Aufmerksamkeit jedes Zuhörers bei Erwähnung des Großherrlichen Harems in neue Spannung geriet. […] Das Gewissen wird diese Herrn nicht sehr darüber beunruhigt haben. Denn ihr Fang war noch immer so ansehnlich, dass um den tausendsten Theil die ganze honette Gesellschaft sowohl für sich, als ihre Erben und Erbnehmen, auf alle vergangene und zukünftige Sünden, vollkommenen Ablaß selbst aus der ersten und besten Hand in Rom dafür erkaufen konnte. —
Nun aber, meine Herren, ist in der That mein Schlafstündchen da. Schlafen Sie wohl!

Sechstes und letztes See-Abenteuer.

Nach Endigung des vorigen Abenteuers, ließ sich der Baron nicht länger halten, sondern brach wirklich auf, und verließ die Gesellschaft in der besten Laune. Als sich nun Jedermann nach seiner Weise über die Unterhaltung herausließ, die er so eben verschafft hatte, so bemerkte einer von der Gesellschaft, ein Partisan des Barons, der ihn auf seiner letzten Reise in die Türkei begleitet hatte, dass ohnweit Konstantinopel ein ungeheuer großes Geschütz befindlich sei, dessen der Baron Tott in seinen neulich herausgekommenen Denkwürdigkeiten ganz besonders erwähnet. […] Nun, meine Herren, habe ich darauf das Ehrenwort meiner Mutter — und wer könnte wohl eine solche Ehre bezweifeln? — dass ich die Frucht jener Austernacht bin.

Des Herrn von Münchhausen See-Abenteuer
Etwas über Neigungen, ein Beitrag zur Erfahrungs-Seelenkunde
Der Baron reiset nach Ceylon
Ein Sturm, der nicht seines Gleichen hat, schlägt einen Fürsten tot, der leider seines Gleichen hat
Löbliche Regierung eines blinden Fürsten
Bürger 1788, Inhalt.

Der Ausdruck „Erfahrungs-Seelenkunde“ ist erst in der zweiten Bürgerschen Auflage von 1788, noch nicht in der ersten aus dem Jahr 1786 enthalten.

Mit dem Begriff Neigung verweist Bürger damit auf den Aufsatz von des philanthropischen Pädagogen Carl Friedrich Pockels (1757-1814): Über die Neigung der Menschen zum Wunderbaren. In: Gnōthi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde, herausgegeben von Karl Philipp Moritz. Dritter Band, Drittes Stück. Berlin 1785, S. 81-99.

Es handelt sich eine frühe psychologische Studie aus der Zeit der Aufklärung, in der Pockels zeigt, wie „unsere Seele in eine heftige Bewegung geräth, wenn uns eine wunderbare Begebenheit erzählt wird“. Das Wunderbare meint übernatürliche, mythisch und phantastische Erscheinungen, also Vorstellungs-Phänomene, die in als Bestandteile obsoleter Weltanschauungen verstanden und in Opposition zu Erkenntnissen der Naturwissenschaften gesetzt werden. In der Kunst erscheint das Wunderbare als ein Ergebnis der Phantasietätigkeit, in dem oft eine Erscheinung oder ein Ereignis mit seinem Gegenteil verknüpft wird.

„Die Neigung der Menschen zum Wunderbaren, und, ich kann hinzusetzen, zum Fabelhaften, hängt lediglich von dem so mächtigen Triebe der menschlichen Seele ab, neue Vorstellungen, und zwar solche zu empfangen, wodurch ungewöhnlich lebhafte angenehme Empfindungen in uns hervorgebracht, und erhalten werden. Jene neuen Vorstellungen, wonach wir vermöge eines uns natürlichen Erweiterungstriebes unserer Geistesthätigkeit streben, sind uns allemal um so viel willkommener, je mehr sie den Reiz der Neuheit an sich haben; je weniger sie also an eine uns schon geläufige Menge bekannter Vorstellungen gränzen, und je lebhafter die Eindrücke sind, welche sie in dem Gebiete unserer Empfindungen zurücklassen. Das Wunderbare ist aber vornehmlich geschickt, lebhafte Eindrücke auf uns zu machen und unsere Leidenschaften zu erschüttern. Wir fühlen es sehr deutlich, daß unsere Seele in eine heftige Bewegung geräth, wenn uns eine wunderbare Begebenheit erzählt wird; oder wenn wir sie selbst zu sehen Gelegenheit haben.“ (Pockels 1785, S. 84f.)

In der Literatur begegnen wir ihm als einem besonderen ästhetisch-künstlerischen Phänomen, das Affekte auslösen kann. Pockels untersucht „Furcht und Erschrecken“ sowie das „Erstaunen“, die durch eine „wunderbare Begebenheit“ in unserem Empfinden erzeugt werden.

"Die lebhafte Bewegung, in welche unsere Phantasie allemahl durch ausserordentliche Begebenheiten versetzt wird, theilt sich zugleich einer Menge unserer Leidenschaften mit, die sich bald mit Schrecken und Furcht, bald mit einer überwiegenden Freude, bald in beiden, oder gemischten Empfindungen äußern, je nachdem das Wunderbare einer Begebenheit bald so, bald anders auf unser Herz würkt, und auf dieses würkt es allemal, daher wir auch gemeiniglich einen so lebhaften Antheil an den Schicksalen sogenannter Wunderthäter nehmen, und nicht selten noch eine Hochachtung für sie fühlen, wenn auch ihre Betrügereien schon entdeckt sind." (S. 93)

Pockels Ausführungen könne als Folie gelesen werden, vor der sich einzelne Episoden der „Wunderbare(n) Reisen zu Wasser und Lande, Feldzüge und lustige Abentheuer des/ Freyherrn von Münchhausen“ entfalten. Aus dieser Perspektive wird deutlich, dass die immer noch verwendeten Kategorien der Erzähltextanalyse und die Bestimmung der Münchhausen-Erzählungen als „lügenhafte Geschichten“ (Erwin Wackermann) oder „Spielwitze“ (Werner R. Schweizer) zu kurz greifen.

 

Holland mit Kolonialreich. Homann, Johann Baptist [Hrsg.]: Atlas novus terrarum orbis imperia regna et status exactis tabulis geographice demonstrans. Nürnberg, [ca. 1729].

 

     Ich stand, wie mein Oncle, der schwarzbartigste Husarenoberste, den ich je gesehen habe, mir oft zuzuschnurren pflegte, noch mit den Gänsen im Prozesse, und man hielt es noch für unentschieden, ob der weiße Flaum an meinem Kinne Keim von Dunen oder von einem Barte wäre, als schon Reisen das einzige Dichten und Trachten meines Herzens war. Da mein Vater teils selbst ein ehrliches Teil seiner früheren Jahre mit Reisen|[61] zugebracht hatte, teils manchen Winterabend durch die aufrichtige und ungeschminkte Erzählung seiner Abenteuer verkürzte, von denen ich Ihnen vielleicht in der Folge noch einige zum Besten gebe, so kann man jene Neigung bei mir wohl mit ebenso gutem Grunde für angeboren, als für eingeflößet halten. Genug, ich ergriff jede Gelegenheit, die sich anbot, oder nicht anbot, meiner unüberwindlichen Begierde, die Welt zu sehen, Befriedigung zu erbetteln oder zu ertrotzen; allein vergebens. Gelang es mir auch einmal, bei meinem Vater eine kleine Bresche zu machen, so taten Mama und Tante desto heftigeren Widerstand, und in wenigen Augenblicken war alles was ich durch die überlegtesten Angriffe gewonnen hatte, wieder verloren. Endlich fügte sichʼs, dass einer meiner mütterlichen Verwandten uns besuchte. Ich wurde bald sein Liebling: er sagte mir oft, ich wäre ein hübscher munterer Junge, und er wolle alles mögliche tun, mir zur Erfüllung meines sehnlichsten Wunsches behülflich zu sein. Seine Beredsamkeit war wirksamer als die meinige, und nach vielen Vorstellungen und Gegenvorstellungen, Einwendungen und Widerlegungen wurde endlich zu meiner unaussprechlichen Freude beschlossen,|[62] dass ich ihn auf einer Reise nach Ceylon, wo sein Onkel viele Jahre Gouverneur gewesen war, begleiten sollte.

mein Oncle: oncle, fr. Onkel

Ceylon: Ceylon (heute: Sri Lanka) ist ein Inselstaat im Indischen Ozean, 237 km (Westküste der Insel) östlich der Südspitze des Indischen Subkontinents. Die lokalen Königreiche wurden im 16. Jahrhundert von den Portugiesen und danach von den Niederländern kolonisiert.

sein Onkel: Es ist interessant darüber zu spekulieren, woher Raspe die Anregung bekam, eine Geschichte aus Ceylon zu erzählen. Es mag sein, dass er nur nach einem exotischen, wenig bekannten Land suchte, das ein interessante Plot zu erfinden, aber selbst das hätte einige Hintergrundinformationen über den Ort erfordert. Eine historische Tatsache, die sich aus den Motiven und Hinweisen der Geschichte ergibt, war die Existenz eines niederländischen Gouverneurs im Land während des relevanten Zeitraums. Der einzige ehemalige niederländische Gouverneur, mit dem Raspe möglicherweise Kontakt hätte haben können, war Joan Gideon Loten (Gouverneur 1752-1757). Mehrere gemeinsame Mitgliedschaften in wissenschaftlichen Vereinigungen, machen einen solchen Kontakt plausibel. […] Es gab Gemeinsamkeiten zwischen Raspe und Loten, da beide Naturforscher und Fellows der Royal Society in London waren.
C. G. Uragoda: Baron Munchausen's fantastic adventure in Sri Lanka. In: Journal of Medical Biography 2000; 8, S. 49-51. (Aus dem Englischen übersetzt von G. E.)

Joan Gideon Loten (1710-1789) war ein holländischer Kolonial-Beamter in Diensten der Niederländischen Ostindien-Kompanie. Im Juni 1752 wurde er zum 29. Gouverneur von Ceylon ernannt und reiste zusammen mit seiner Frau, seiner Tochter Arnoldina Deliana Cornelia und seinem Schwiegersohn (Dirk Willem Van Der Brugghen) nach Colombo. Während der fünfwöchigen Reise berechnete Loten eine Sonnenfinsternis, die für den 6. November 1752 vorhergesagt und in Batavia sichtbar war. Während seiner Zeit in den Kolonien sammelte er Objekte aus Flora und Fauna. Nach seiner Rückkehr aus Niederländisch-Ostindien lebte er in London, wo er als Mitglied der Royal Society naturkundliche Forschungen betrieb. Eine nähere Bekanntschaft mit Raspe ist sehr wahrscheinlich.

 

Joan Gideon Loten (1710-1789)

 

 

Nieuwe Pascaert van Oost Indien 1680-1735. In: De Nieuwe Groote Lichtende Zee-Fakkel, ʼt Derde Deel. Verthoonende de Kusten van Granaden, Catalonien, Provence, Italien, Dalmatien, Grieken, Thracien, Natolien, Lyrien, Egypten, en de geheele Noordkust van Barbaryen, met alle haer onderbehoorende en tusschen leggende Eylanden. […] Door Claas Jansz. Vooght. Amsterdam 1682.

Homann, Johann Baptist [Hrsg.]: Atlas novus terrarum orbis imperia regna et status exactis tabulis geographice demonstrans. Nürnberg, [ca. 1729].

 

     Wir segelten mit wichtigen Aufträgen Ihrer Hochmögenden, der Staaten von Holland, von Amsterdam ab. Unsere Reise hatte, wenn ich einen außerordentlichen Sturm abrechne, nichts Besonderes. Dieses Sturmes aber muss ich seiner wunderbaren Folgen wegen, mit ein paar Worten gedenken. Er nahm sich auf, gerade als wir bei einer Insel vor Anker lagen, um uns mit Holz und Wasser zu versorgen, und tobte mit solcher Heftigkeit, dass er eine große Menge Bäume von ungeheuerer Dicke und Höhe mit der Wurzel aus der Erde riss und durch die Luft schleuderte. Ungeachtet einige dieser Bäume mehrere hundert Zentner schwer waren, so sahen sie doch wegen der unermesslichen Höhe – denn sie waren wenigstens fünf Meilen über der Erde – nicht größer aus als kleine Vogelfederchen, die bisweilen in der Luft umherfliegen. Indes sowie der Orkan sich legte, fiel jeder Baum senkrecht in seine Stelle, und schlug sogleich wieder Wurzel, so dass kaum eine Spur der Verwüstung zu sehen war. Nur der größte machte hievon eine Aus-|[63]nahme. Als er durch die plötzliche Gewalt des Sturmes aus der Erde ausgerissen wurde, saß gerade ein Mann mit seinem Weibe auf den Ästen desselben, und pflückte Gurken; denn in diesem Teile der Welt wächset diese herrliche Frucht auf Bäumen. Das ehrliche Paar machte so geduldig als Blanchardʼs Hammel die Luftreise mit, veranlasste aber durch seine Schwere, dass der Baum sowohl von seiner Richtung gegen seinen vorigen Platz abwich, als auch in einer horizontalen Lage herunterkam. Nun hatte, so wie die meisten Einwohner dieser Insel, auch ihr allergnädigster Kazike während des Sturms seine Wohnung verlassen, aus Furcht unter den Trümmern derselben begraben zu werden, und wollte gerade wieder durch seinen Garten zurückgehen, als dieser Baum hernieder sausete, und ihn, glücklicher Weise, auf der Stelle tot schlug.

     – „Glücklicher Weise?“ –

     Ja, ja, glücklicher Weise. Denn, meine Herren, der Kazike war, mit Erlaubnis zu melden, der abscheulichste Tyrann, und die Einwohner der Insel, selbst seine Günstlinge und Mätressen nicht ausgenommen, die elendesten Geschöpfe unterʼm Monde. In sei-|[64]nen Vorratshäusern verfaulten die Lebensmittel, während seine Untertanen, denen sie abgepresst waren, vor Hunger verschmachteten. Seine Insel hatte keinen auswärtigen Feind zu fürchten; dessen ungeachtet nahm er jeden jungen Kerl weg, prügelte ihn höchsteigenhändig zum Helden und verkaufte von Zeit zu Zeit seine Kollektion dem meistbietenden benachbarten Fürsten, um zu den Millionen Muscheln, die er von seinem Vater geerbt hatte, neue Millionen zu legen. – Man sagte uns, er habe diese unerhörten Grundsätze von einer Reise, die er nach dem Norden gemacht habe, mitgebracht; eine Behauptung, auf deren Widerlegung wir uns, alles Patriotismus ungeachtet, schon deswegen nicht einlassen konnten, weil bei diesen Insulanern eine Reise nach dem Norden eben so wohl eine Reise nach den kanarischen Inseln als eine Spazierfahrt nach Grönland bedeutet; und eine bestimmtere Erklärung mochten wir aus mehreren Gründen nicht verlangen.

Quelle: Rudolf Erich Raspe: Gulliver revived, London 1786:

Staaten von Holland: Die Staaten Holland und Westfriesland bildeten zunächst einen Beirat des Grafen von Holland und wurden durch den Aufstand  des rebellischen Teils der niederländischen Provinzen gegen ihren spanischen Herrscher, den Habsburger Philipp II, zum höchsten Verwaltungsorgan der Provinz Holland und Westfriesland. Die sechs größten Städte waren Dordrecht, Haarlem, Delft, Leiden., Amsterdam und Gouda.

wunderbaren Folgen: Das Wunderbare ist zu allen Zeiten und bei allen Völkern, bei den rohesten und unwissendsten sowohl, als bei den kultivirtesten und aufgeklärtesten ein Gegenstand ihrer besondern Aufmerksamkeit und Hochachtung gewesen. Jede Nation glaubt an geschehene Wunder, und ist geneigt an zukünftige zu glauben. Jede Religion, oder eigentlicher zu reden, das Ansehn jeder Religion, gründet sich nach der Meinung der größern Menge auf den Glauben an wundervolle Begebenheiten, und durch diesen Glauben, eben weil er von jeher der Glaube der größern Menge war, sind unter den Menschen die wichtigsten Revoluzionen bewürkt worden, welche die scharfsinnigste Philosophie und weiseste Politik, verbunden mit der unumschränktesten Gewalt nie zu Stande gebracht haben würde — und welche wichtige Veränderungen wird dieser Wunderglaube nicht noch in Zukunft hervorbringen können!
Pockels 1785, S. 81.

bei einer Insel: Wenn man die Angabe zur Reisezeit bei Bürger berücksichtigt, könnte das Schiff auf der fiktiven Fahrt von Holland nach Ceylon auf der Insel Annobón im Golf von Guinea angelegt haben. Die Insel wurde 1641 von den Niederländern erobert und diente den Ost-Indienfahrern als Zwischenstation bei der Umsegelung der Südspitze Afrikas.

die bisweilen in der Luft umherfliegen: Wir sind durch die tägliche Erfahrung so unendlich oft belehrt worden, daß eine jedwede Würkung eine vorhergegangene Ursach zum Grunde haben muß, daß auch der gemeinste Verstand, gleichsam durch eine mechanische Verknüpfung seiner Vorstellungen von Ursach und Würkung, gezwungen wird, sich da eine Ursach hinzudenken, wo sie auch nicht in die Sinne fällt, oder überhaupt ganz unbekannt ist. Unsere Seele fühlt gemeiniglich eine Art von besonderer Unruhe, so lange sie noch nicht die zureichende Ursache einer Begebenheit kennt, und in dieser Unruhe fühlt der Mensch sich besonders sehr geneigt, zur Befriedigung seiner Wißbegierde Ursachen zu fingiren, und diese fingirten für die wahren zu halten. Ein Fehler, worein oft selbst die größten Köpfe gefallen sind. Der gemeine Menschenverstand nimmt hiebei seine Zuflucht gemeiniglich zu einem Mittel, wodurch er auf einmal seine Wißbegierde, ohne daß er schwerere Untersuchungen über die Natur der Dinge nöthig hat, zu befriedigen glaubt, und wobei seine Phantasie zugleich auf eine angenehme Art unterhalten wird — er macht unsichtbare Wesen zu den Ursachen ihm unerklärbarer Begebenheiten. Je mehr dergleichen Begebenheiten der, mit den natürlichen Beschaffenheiten der Dinge unbekannte menschliche Verstand in der Welt antraf, je geneigter mußte er sich fühlen, an jene unsichtbaren Geister zu glauben, und ihre unmittelbare Einwürkung auf die Welt sich bei den natürlichsten Zufällen vorzustellen, von denen er nicht den physischen Grund kannte. Es ist daher wohl nicht zu läugnen, daß die Menschen nicht durch tiefes Nachdenken, oder Offenbarungen, sondern durch Unwissenheit in der Naturlehre, und durch die Neigung zum Wunderbaren zuerst auf die Begriffe von Geistern und Göttern guter und böser Art gekommen sind. Die alte Philosophie und Dichtkunst haben sich gleich eifrig bemüht, diese Begriffe, welche vornehmlich die Großen zur Lenkung ihrer Untergebenen so nöthig hatten, zu befestigen, und zu verschönern; aber aller ihnen gegebene dichterische Schmuck, und alle Philosophie hat nicht zureichen wollen, ihren Ursprung aus einem rohen Zeitalter der menschlichen Vernunft vor den Augen aufgeklärter Richter zu verhüllen.
Pockels 1785, S. 83f.

Blanchardʼs Hammel: Jean-Pierre François Blanchard (1753-1809 war ein französischer Ballonfahrer. Er experimentierte zunächst erfolglos mit eigenen Flugapparaten, die auf der Grundlage von Schlagflügeln beruhten. Nach der Entwicklung des Heißluftballons durch die Brüder Montgolfier und des Gasballons durch Jacques Alexandre César Charles im Jahre 1783 wandte er sich der Ballonfahrt zu; am 2. März 1784 startete er vom Marsfeld in Paris zu seiner ersten Ballonfahrt mit einem mit Wasserstoff gefüllten Ballon. Nach verschiedenen Auftritten in europäischen Städten stieg er am 23. August 1786 in Hamburg auf, wobei er einen Hammel am Fallschirm wohlbehalten zur Erde schweben ließ.

Attestat wegen der zwanzigsten Luftreise des Herrn Blanchard, Bürger von Calais ⁊c. welche den 23ten August 1786. zu Hamburg geschah.

Im Jahr 1787, den 23ten August, bezeugen wir Unterzeichnete, daß wir Herrn Blanchard, Bürger von Calais, Pensionaire seiner allerchristlichsten Majestät und Correspondenten mehrerer Academien gesehen haben seinen Ballon von 5577, 11-21 Cubikschuhen mit der größten Offenheit füllen, wie auch einen andern von 900 Cubikschuhen, der bestimmt war, ein Schaaf und einen Fallschirm von seiner Erfindung emporzuheben. Nachdem dieser Aeronaute von der glänzenden und sehr zahlreichen Versammlung Abschied genommen hatte, so erhob er sich genau um halb fünf Uhr mit einer solchen Sicherheit, daß jeder Zuschauer ihn zu begleiten wünschte. Die Pracht seiner Auffahrt. die einen Augenblick alle Zuschauer unbeweglich gemacht hatte, belebte sie wieder und stimmte sie, daß von allen Seiten die Lufft von Freuden- und Beyfallschgeschrey ertönte. Dieser Lufftsegler, der uns eine baldige Rückkehr versprochen hatte, erhob sich ganz ruhig, indem er mit seinem Fahnen, auf dem das hamburgische Wappen gemacht war, die unglaubliche Menge der Zuschauer begrüßte. Als er zu der Höhe von ohngefehr 900 Klaftern oder 5400 Schuhen nach dem Urtheil der Kenner, das auch mit seiner Angabe übereinstimmte, gekommen war, so machte Herr Blanchard ein so interessantes als kühnes Manöver, welche wir aber nur mit Hülfe unserer Instrumente bemerken konnten; nemlich nachdem das Schaaf unter der Gondel ohngefehr 60 Schuhe herabgelassen war, so schnitte er mit seinen  Meßer das Seil ab, welches das an den kleinen Ballon angehängte Thier hielte, hernach als sich diese zwey Gegenstände trenneten, sahe man mit einem, mit Bewunderung vermischten Staunen, den kleinen Ballon sich in den Wollen verlieren, und das Schaaf mittelst des Fallschirms so langsam herab kommen, daß es mehr als ein Zuschauer bedauerte, daß er nicht hatte an seyner Stelle seyn können. Das Herabsteigen des Thieres hat 7 Minuten gedauert, und es kam auf die Erde sachte, voll Leben und Gesundheit in der Ebene von – – – Alsdann hatten einige Dragoner, die schon zuvor dahin gekommen, und beordert waren, den Fallschirm umgeben, und ihn gegen den Ungestümm des Volkes beschüzt.
Herrn Blanchardʼs Nachricht von seiner 20 und 21sten Lufftfahrt mit eingestreuten Bemerkungen über seinen Aufenthalt zu Brüssel und Reise nach Hamburg, […] von Ihm selbst aufgesezt. Nürnberg 1787.

Kazike: Kazike (spanisch cacique) ist eine Bezeichnung für indigene Anführer oder Adlige in Mittel- und Südamerika.

seine Kollektion: Der geschilderte Sachverhalt spielt vermutlich auf den Landgrafen von Hessen-Kassel an, „der Landeskinder als Soldaten an England verkaufte.“
Gottfried August Bürger Wunderbare Reisen zu Wasser und Lande, Feldzüge und lustige Abenteuer des Freihernn von Münchhausen. Nach der Ausgabe von 1788 mit einem Anhang älterer Lügengeschichten hrsg. von Irene Ruttmann. Stuttgart 1969, S. 45.

Lebensmittel: Im Jahre 1770 veröffentlichte der italienische Nationalökonom Fernando Galiani (1728-1787) in Paris anonym seine Dialogues sur le commerce des blés. Das Buch wurde ins Französischen  und ins Deutsche übersetzt und in ganz Europa diskutiert.

Des Abts Galiani Dialogen über die Regierungskunst, vornehmlich in Rücksicht auf den Getreidehandel. Aus dem Französischen übersetzt und mit Anmerkungen begleitet. Lemgo 1777. Ein Rezensent schreibt: „Der Dialogen sind achte. Der Ton derselben ist ausnahmslos leicht und voll attischen Witzes. Dabei ist die Untersuchung ausnehmend lichtvoll und scharfsinnig; der Getreidehandel ist eigentlich nur die Veranlassung, von welcher der Verf. Gelegenheit nimmt, seine Gedanken über die Regierungskunst im Allgemeinen zu entwickeln.“
M. Johann Traugott Müller: Einleitung in die Ökonomische und Physikalische Bücherkunde. 2. Band. Leipzig 1782, S. 454.

 

Abbildung der zwanzigsten Luftfahrt des Herrn Blanchard am 23 August 1786 des Nachmittags um 4½ Uhr aus der Sternschanze bey Hamburg.
Für die Zeitgenossen und die Nachkommenschaft dem Andenken dieses Kühnen Luftschiffers gewidmet durch K. N. Rolffsen, Kupferstecher in Hamburg. Kolorierter Kupferstich; Einblattdruck.

Dieser Kupferstich empfindet Blanchards Ballonfahrt nach. Zu sehen ist auch der Moment, als er einen Hammel an einem grünen Fallschirm zu Boden gleiten lässt. Schauplatz: das Gebiet in der Nähe der Sternschanze (grün eingefärbt).

 

     Zur Dankbarkeit für den großen Dienst, den das Gurken-pflückende Paar, obgleich nur zufälligerweise, seinen Mitbürgern erwiesen hatte, wurde es von diesen auf den erledigten Thron gesetzt. Zwar waren diese|[65] guten Leutchen auf ihrer Luftfahrt dem großen Lichte der Welt so nahe gekommen, dass sie das Licht ihrer Augen, und überdies eine kleine Portion ihres innern Lichtes dabei zugesetzt hatten; allein nichts desto weniger regierten sie so löblich, dass, wie ich in der Folge erfuhr, Niemand Gurken aß, ohne zu sprechen: Gott erhalte den Kaziken.

     Nachdem wir unser Schiff, das von diesem Sturme nicht wenig beschädigt war, wieder ausgebessert, und uns von dem neuen Monarchen und seiner Gemahlin beurlaubt hatten, segelten wir mit ziemlichem Winde ab, und kamen nach sechs Wochen glücklich zu Ceylon an.

     Es mochten ungefähr vierzehn Tage seit unserer Ankunft verstrichen sein, als mir der älteste Sohn des Gouverneurs den Vorschlag tat, mit ihm auf die Jagd zu gehen, den ich auch herzlich gern annahm. Mein Freund war ein großer, starker Mann und an die Hitze jenes Klima gewöhnt; ich aber wurde in kurzer Zeit und bei ganz mäßiger Bewegung so matt, dass ich, als wir in den Wald gekommen waren, weit hinter ihm zurückblieb.|[66]

     Ich wollte mich eben an dem Ufer eines reißenden Stromes, der schon einige Zeit meine Aufmerksamkeit beschäftigt hatte, niedersetzen, um mich etwas auszuruhen, als ich auf einmal auf dem Wege, den ich gekommen war, ein Geräusch hörte. Ich sah zurück, und wurde fast versteinert, als ich einen ungeheueren Löwen erblickte, der gerade auf mich zukam, und mich nicht undeutlich merken ließ, dass er gnädigst geruhe, meinen armen Leichnam zu seinem Frühstücke zu machen, ohne sich nur meine Einwilligung auszubitten. Meine Flinte war bloß mit Hasenschrot geladen. Langes Besinnen erlaubte mir weder die Zeit noch meine Verwirrung. Doch entschloss ich mich, auf die Bestie zu feueren, in der Hoffnung, sie zu schrecken, vielleicht auch zu verwunden. Allein da ich in der Angst nicht einmal wartete, bis mir der Löwe zum Schusse kam, so wurde er dadurch wütend gemacht, und kam nun mit aller Heftigkeit auf mich los. Mehr aus Instinkt, als aus vernünftiger Überlegung, versuchte ich eine Unmöglichkeit – zu entfliehen. Ich kehrte mich um, und – mir läuft noch sooft ich daran gedenke ein kalter Schauder über den Leib – wenige Schritte vor mir steht ein scheußlicher Krokodil, der|[67] schon fürchterlich seinen Rachen aufsperrte, um mich zu verschlingen.

     Stellen Sie sich, meine Herren, das Schreckliche meiner Lage vor! Hinter mir der Löwe, vor mir der Krokodil zu meiner Linken ein reißender Strom, zu meiner Rechten ein Abgrund, in dem, wie ich nachher hörte, die giftigsten Schlangen sich aufhielten.

     Betäubt – und das war einem Herkules in dieser Lage nicht übelzunehmen – stürze ich zu Boden. Jeder Gedanke, den meine Seele noch vermochte, war die schreckliche Erwartung, jetzt die Zähne oder Klauen des wütenden Raubtiers zu fühlen, oder in dem Rachen des Krokodils zu stecken. Doch in wenigen Sekunden hörte ich einen starken, aber durchaus fremden Laut. Ich wage es endlich, meinen Kopf aufzuheben, und mich umzuschauen, und, – was meinen Sie? zu meiner unaussprechlichen Freude finde ich, dass der Löwe in der Hitze, in der er auf mich los schoss, in ebendem Augenblicke, in dem ich niederstürzte, über mich weg in den Rachen des Krokodils gesprungen war. Der Kopf des einen steckte nun in dem Schlunde des andern, und sie strebten mit aller Macht, sich voneinander loszumachen.|[68] Gerade noch zu rechter Zeit sprang ich auf, zog meinen Hirschfänger, und mit einem Streiche haute ich den Kopf des Löwen ab, so dass der Rumpf zu meinen Füßen zuckte. Darauf rammte ich mit dem untern Ende meiner Flinte den Kopf noch tiefer in den Rachen des Krokodils, das nun jämmerlich ersticken musste.

     Bald nachdem ich diesen vollkommenen Sieg über zwei fürchterliche Feinde erfochten hatte, kam mein Freund, um zu sehen, was die Ursache meines Zurückbleibens wäre.

     Nach gegenseitigen Glückwünschen maßen wir den Krokodil und fanden ihn genau vierzig Pariser Fuß sieben Zoll lang.

     Sobald wir dem Gouverneur dieses außerordentliche Abenteuer erzählet hatten, schickte er einen Wagen mit einigen Leuten aus, und ließ die beiden Tiere nach seinem Hause holen. Aus dem Felle des Löwen musste mir ein dortiger Kürsner Tobaksbeutel verfertigen, von denen ich einige meinen Bekannten zu Ceylon verehrte. Mit den übrigen machte ich bei unserer Rückkunft nach Holland Geschenke an die Bürgermeister, die mir dagegen ein Geschenk von tau-|[69]send Dukaten machen wollten, das ich nur mit vieler Mühe ablehnen konnte.

Quelle: Rudolf Erich Raspe: Gulliver revived, London 1786:

das Licht ihrer Augen: das Sehvermögen

Portion ihres innern Lichtes: Im Zentrum des Quäkerglaubens steht die Vorstellung des „Inneren Lichtes”. Sie besagt, dass etwas von Gottes Geist in jeder menschlichen Seele zu finden ist: „Das von Gott in jedem Menschen”.

Gurken: in der niederen umgangssprache wird das wort gurke gern verwandt in redensarten, wie besonders: sich bey jemandem eine gurke zu viel herausnehmen figürlich 'sich einer unerlaubten freyheit bedienen'. (DWB)

Krokodil: von lat, crocodilus, einem Neutrum, das aber zunächst wegen der Herkunft aus dem Greichischen als Maskulinum verwendet wurde.

Stellen Sie sich, meine Herren, das Schreckliche meiner Lage vor!: Nächst dem Erstaunen ist Furcht und Schrecken gemeiniglich mit dem Zustande der Bewunderung verbunden, obgleich jenes von diesen letztern Empfindungen sehr verschieden sein kann. Die Vorstellung von gewissen bei wunderbaren Begebenheiten verborgenen unsichtbaren Kräften und Geistern erregt nie Empfindung des Erstaunens allein, wie andere erhabene Gegenstände pflegen, sondern wir nehmen zugleich ein Gefühl von Furcht und Schrecken in uns wahr, sobald wir uns das Wunderbarerhabene in Verbindung mit jenen unsichtbaren Wesen denken. Der Grund von dieser besondern Art des Erstaunens liegt ohnstreitig darin, daß wir immer mehr geneigt sind, uns die Gottheit als die unmittelbare Ursach des Wunderbaren, von einer schrecklichen, als liebevollen Seite vorzustellen; weil wir fühlen, daß keine Kraft unserer Natur zureichen würde, die Gewalt eines unsichtbaren Wesens aufzuhalten, wenn sie gegen uns gerichtet würde, und weil wir sogleich immer an andre schreckliche Begebenheiten denken, die ehemals von der Gottheit die Menschen zu bestrafen, veranstaltet wurden, und diese Ideen zusammengenommen zwingen uns die Furcht ab, die wir empfinden, wenn wir die Gottheit gleichsam vor unsern Augen in wunderbaren Begebenheiten handeln sehen. Wenn auch darin der Dichter nicht Recht haben sollte, daß die Furcht zuerst den Glauben an das Dasein der Götter unter den Menschen eingeführt habe; so ist doch nicht zu zweifeln, daß Furcht ihnen zugleich ihre Altäre erbauen, und ihnen Opfer bringen halfen, um ihren Zorn gegen die Menschen zu besänftigen.
Pockels 1785, S. 93f.

Herkules: Herakles oder Herkules ist ein für seine Stärke berühmter griechischer Heros, dem göttliche Ehren zukamen und der in den Olymp aufgenommen wurde. Seine Attribute sind das Fell des Nemeischen Löwen, Keule, Bogen und Köcher.

Herakles sollte als erste der für Eurystheus zu verrichtenden 12 Arbeiten diesem das Fell des Löwen bringen. Dass der Löwe unverwundbar war, merkte der Held, als er ihn mit Pfeilen beschoss, die aber einfach abprallten. Also schlug er dem Untier, als es auf ihn lossprang, seine riesige Keule (aus einem Olivenbaum gefertigt) über den Schädel. Der Löwe flüchtete sich in seinen Unterschlupf, eine Felsspalte, die den Berg Tretos durchlief. Nachdem Herakles den einen Ausgang des Spalts verschlossen hatte, packte er den Löwen, als der am anderen Ende herauskam, und würgte ihn zu Tode. Er balgte den Löwen mit dessen eigenen Krallen ab, denn nur diese waren in der Lage, die Haut des Tieres zu zerschneiden, nahm das Fell über den Arm und machte sich auf den Rückweg nach Tiryns zu Eurystheus. Später kürschnerte er sich aus dem Fell einen Umhang, der ihn fast unverwundbar machte.
Wikipedia

Theokrit: Herkules beym Augias

Sohn des Augias, du selbst hast das, darum du zuerst mich fragtest, sehr richtig getroffen. Ich will nun, da dus genauer zu wissen begehrst, dir alles sagen, was mit diesem Ungeheuer geschahe, und auch, wo er hergekommen sey. [...] Ich ergriff also deb schnellenden Bogen, und den Köcher voller Geschosse, und faßte in die andre Hand die schwere, starke Keule, die noch von der Rinde umgeben und aus einem hohen wilden Oelbaume gefertiget war, den ich einst am Fusse des heiligen Helikon fand, und unversehrt sammt der saftigen Wurzel aus dem Boden riß. So schritt ich fort, das Thier aufzusuchen. […] Izt, als er sich näherte, schoß ich ihm einen Pfeil an die linke Dünne der Lenden; und der spitzige Pfeil durchbohrte sein Fleisch nicht, sondern sprang ab, und fiel hin ins blühende Gras. Er aber hub sein gelbhaariges Haupt sogleich von der Erde empor, warf staunend rund umher die Augen, und bläckte mit offenem Rachen die gräßlichen Zähne. Da schnellte ich noch einen Pfeil vom Bogen; voll Verdruß, daß der erste vergebens meiner Hand entschlüpft war. Ich traf ihn mitten auf die Brust, wo die Lunge liegt; aber auch diesmal drang der schmerzvolle Pfeil nicht durch die Haut, sondern fiel wieder ohne Wunde vor seine Füße hin. Schon wollte ich, heftig erbittert, das drittemal den Bogen aufspannen, als der unersättliche Löwe mich erblickte, seinen langen Schweif rings um die Kniee schlang, und zum Kampfe sich bereitete. Sein ganzer Hals schwoll auf von Grimme, sein gelbes Haar sträubte sich, und der Rückgrad ward so krumm, als ein Bogen, indem er selbst um Seiten und Lenden sich einzog. [...] Ich aber hielt mit der einen Hand die Geschosse und das doppelfache Kleid von meinen Schultern ihm vor, erhub mit der andern die tockne Keule nach seinen Schläfen, und schlug sie nieder auf sein Haupt: der knotige wilde Oelbaum brach auf dem borstigen Schedel des unbezwungenen Löwen in zwey Stücken: er aber sank, ehe ich noch hinzukam, herab von der Höhe zur Erde, und stand, mit dem Haupte wankend, auf zitternden Füßen. Nun umgab Finsterniß seine beyden Augen, denn sein Hirn sammt dem Knochen war von der Gewalt des Schlages zerschmettert. Sobald ich merkte, daß er von harten Schmerzen schon halb entseelt war, schlug ich, ehe er noch einmal sich erholen konnte, ihn in den sterbenden Nacken, warf meinen Bogen und Köcher hinweg, fiel über ihn her, und drückte ihn von hinten mit starken Fäusten nieder, damit er mir mit seinen Klauen nicht den Körper zerfleischen möchte. Ich stieg auf ihn, trat mit den Fersen fest auf seine Hinterfüße, und schloß die Hüften in seine Seiten, bis ich ihm Brust und Hals ausstreckte, und athemlos wieder emporzog: und so empfieng seine große Seele der Höllengott. Lange überlegte ich nun, wie ich dem behaarten Wilde die schöne Haut abzöge: – eine sehr schwere Arbeit – denn als ichs versuchte, konnte ich weder mit Eisen, noch mit Steine, noch auch mit Holze sie durchschneiden. Da gab mirs ein Gott ins Herz, die Haut des Löwen mit seinen eignen Klauen aufzureißen. Mit diesen brachte ich sie sehr bald herunter, und hieng sie dann über meine Schultern, zur Schutzwehr im blutigen Streite. – So ward, o Freund, der nemische Löwe gefällt, der vorher den Menschen und Heerden viel Ungemach erregte.
Idyllen des Theokrit, Bion, Moschus und Koluthus. aus dem Griechischen. von Karl August Kütner. Mietau und Leipzig 1772, S. 141ff.

 

Herkules tötet den Löwen von Nemea; Stich von Hans Sebald 1548.

Hirschfänger: Der Hirschfänger ist eine rund 30 bis 40 cm lange Stichwaffe, die für die Jagd verwendet wird.

Pariser Fuß: die Einheit des bis zur Einführung des Mètre in Frankreich geltenden Maßes, 0,324 Mètre.

dieses außerordentliche Abenteuer: Mich dünkt, es giebt noch einen Hauptumstand, wodurch die Neigung der Menschen zum Wunderbaren so stark, und dieses so anziehend für sie ist, ich meine den, daß wir nicht nur mit einer angenehmen Leichtigkeit und Schnelligkeit unseres Geistes jene neuen Ideen, die durch das Wunderbare in uns hervorgebracht werden, auffassen; sondern daß auch jedesmal unsere Einbildungskraft dadurch aufs lebhafteste beschäftigt wird. Alles was diese in uns unaufhörlich thätige Kraft der menschlichen Seele in Bewegung setzt, alles was ihr neue Bilder verschaft, gesetzt daß auch diese Bilder selbst etwas Schreckliches an sich haben sollten, hat einen besonders hohen Grad des Vergnügens für uns, und wir schätzen diese Art des Vergnügens um so viel mehr, weil es unzähliger Abwechselungen fähig ist, und nicht, wenn es lange genossen wird, wie die Ergötzungen der Sinne am Ende Ekel mit sich führt.
Pockels 1785, S. 87

Kürsner: mittelhochdeutsche Form von Kürschner, Handwerker, der Pelze verarbeitet

Tobaksbeutel: kleiner Beutel als Aufbewahrungsort für Tabak, welcher für das Stopfen einer Pfeife verwendet wird.

Dukaten: Goldmünze, die in ganz Europa bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts verbreitet war. Er besitzt einen Feingehalt von 986/1000 und wiegt ungefähr 3,49 g.

 

R5, p. 13

 

Conradi Gesneri medici Tigurini Historiae Animalium Lib. I. de Quadrupedibus uiuiparis. Zürich 1551, S. 642.

 

     Die Haut des Krokodils wurde auf die gewöhnliche Art ausgestopft, und macht nun eine der größten Merkwürdigkeiten in dem Museum zu Amsterdam aus, wo der Vorzeiger die ganze Geschichte jedem, den er herumführet, erzählt. Dabei macht er denn freilich immer einige Zusätze, von denen verschiedene Wahrheit und Wahrscheinlichkeit in hohem Grade beleidigen. So pflegt er zum Exempel zu sagen, dass der Löwe durch den Krokodil hindurch gesprungen sei und eben bei der Hintertür habe entwischen wollen, als Monsieur, der weltberühmte Baron, wie er mich zu nennen beliebt, den Kopf, sowie er herauskam, und mit dem Kopfe, drei Fuß von dem Schwanze des Krokodils abgehauen hätte. Der Krokodil, fährt der Kerl bisweilen fort, blieb bei dem Verluste seines Schwanzes nicht gleichgültig, drehete sich um, riss Monsieur den Hirschfänger aus der Hand, und verschlang ihn mit solcher Hitze, dass er mitten durch das Herz des Ungetüms fuhr, und es auf der Stelle sein Leben verlor.

     Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, meine Herren, wie unangenehm mir die Unver-|[70]schämtheit dieses Schurken sein muss. Leute, die mich nicht kennen, werden durch dergleichen handgreifliche Lügen in unserm zweifelsüchtigen Zeitalter leicht veranlasst, selbst in die Wahrheit meiner wirklichen Taten ein Misstrauen zu setzen, was einen Kavalier von Ehre im höchsten Grade kränkt und beleidigt.|

Quelle: Rudolf Erich Raspe: Gulliver revived, London 1786:

Museum zu Amsterdam: Bereits im 17. Jahrhundert, dem Goldenen Zeitalter der Niederlande, begann man, im Rathaus Gemälde, Drucke und archäologische Artefakte zur Stadtgeschichte zu sammeln und in der Kunstkammer auszustellen. Die Sammlung wurde durch Ankauf oder Spenden erweitert.

 

Isaak Ouwater: Dam Square – Amsterdam, kolorierter Kupferstich1782,

 

IDellʼhistoria natvrale di Ferrante Imperato napoletano libri XXVIII; nella qvale ordinatamente si tratta della diuersa condition di miniere, e pietre; con alcune historie di piante & animali, sin’hora non date in luce. IN NAPOLI MDIC 1599.

Vorzeiger: Raspe erzählt diese Geschichte in seiner fünften Munchausen-Ausgabe von l 787. Er versetzt darin den Jäger Münchhausen in den Kontext des Sammlers. Und er führt mitten hinein in den musealen Arbeitsbereich, den Raspe, als er höchstpersönlich noch als „Kavalier von Ehre“ galt, selbst ausfüllte, nämlich als Kustos der landgräflichen Sammlungen in Kassel von 1767 bis 1775. In diesem kleinen Passus finden sich tatsächlich – eingedenk der fiktionalen und satirischen Ebene des Erzählten – gleich vier Aufgaben eines Museumsmannes angesprochen: die Sammlungserweiterung oder Akquisition (das Krokodil als neues Objekt), die Objektpflege oder Präparation („auf die gewöhnliche Weise ausgestopft“), die Präsentation („eine der größten Merkwürdigkeiten“ des Museums) und die Besucherbetreuung, oder, wie man heute sagen würde, die Museumspädagogik (Führung der Besucher mit Erläuterungen zu den Objekten). Wie anspielungsreich diese wenigen Zeilen sind, erschließt sich freilich erst beim genaueren Blick auf Raspes eigene Kustodentätigkeit in Kassel.

Im Jahr 1767, als Raspe seinen Dienst in Kassel antrat, erschien F. Ch. Schminckes Beschreibung der Hochfürstlich-Hessischen Residenz- und Hauptstadt Cassel. Hier findet sich eine ausführliche Schilderung der von Raspe zu betreuenden Sammlungen im „Kunsthaus“, zu dem das Ottoneum seit 1696 diente. Zimmer für Zimmer führt Schmincke durch den „ungemeine[n] Vorrath sowol natürlicher als künstlieber Seltenheiten an Schildereyen, Bildhauerarbeit, Münzen, Alterthümern, auch mathematischen und physikalischen Raritäten, welche in besondern Zimmern und Schränken in bester Ordnung aufbehalten werden“. Vom Erdgeschoss mit „Stein- und Sculpturzimmer“ und „Mineralienzimmer“ über den ersten Stock mit mehreren Räumen für verschiedene „Alterthümer“ geht der Rundgang weiter ins zweite Stockwerk, wo vor allem „naturalia“ zu finden sind. Bei der „Anatomiekammer“ erwähnt Schmincke auch zwei Krokodile, ein kleines und ein „großer indianischer Krokodill“ , in bunter Gesellschaft von chirurgischen Instrumenten, Wachteln mit vier Beinen, Schwertern von Schwertfischen, zahlreichen Missgeburten in „Spiritusvini“ und dazu auch noch vier Menschenkörper, zwei ausgestopfte, zwei „ausgedörrete“, welche „indianische Sandmumien genennet werden“.
Andrea Linnebach: Die Gotik im Museum der Aufklärung – Raspes Aufbruch zu einer modernen Kunst- und Kulturgeschichte. In: Linnebach 2005, S. 82f.

 

Ein ausgestopftes Krokodil im Kuriositätenkabinett des Apothekers Ferrante Imperato (1525-1615) im Palazzo Gravina in Neapel um 1600.

 

 

Nächste Seite